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Wichtige Fragen für das deutsche Urlaubsrecht

Wie Sie aus unseren laufenden Berichterstattungen wissen, hat das Bundesarbeitsgericht den Europäischen Gerichtshof angerufen, damit dieser folgende Fragen entscheidet:

Haben die Erben des Arbeitnehmers Anspruch auf Urlaubsabgeltung, wenn das Arbeitsverhältnis durch Tod endet?
Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage bislang verneint, möchte vom Europäischen Gerichtshof aber wissen,ob seine Rechtsprechung mit europäischem Recht vereinbar ist.

Können Arbeitgeber die Abgeltung offener Urlaubsansprüche verweigern, wenn der Arbeitnehmer keinen Urlaubsantrag beim Arbeitgeber gestellt hat?

Das Bundesarbeitsgericht war bisher der Meinung, dass der Verfall von Urlaubsansprüchen eintritt, wenn Arbeitnehmer den Urlaub nicht vom Arbeitgeber verlangt haben. Diese Rechtsprechung ist vielfach auf die Abgeltung des Urlaubsanspruchs bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses übertragen worden, wegen des europäischen Rechts aber mehr und mehr in Kritik geraten, so dass das Bundesarbeitsgericht diese Frage schlussendlich dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt hat.

Der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof hat dem Europäischen Gerichtshof vorgeschlagen, die beiden Fragen folgendermaßen zu entscheiden:

Auch Erben haben einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung, wenn das Arbeitsverhältnis des Verstorbenen durch Tod beendet worden ist.

Der Arbeitgeber darf die Abgeltung von Urlaubsansprüchen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verweigern, wenn er nachweislich geeignete Maßnahmen ergriffen habe, um zu gewährleisten, dass der betreffende Arbeitnehmer seinen Urlaub auch tatsächlich in Anspruch nehmen kann.
Wenn Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern also die Möglichkeit gegeben haben, den Urlaub in Anspruch zu nehmen, diese aber in Kenntnis der daraus resultierenden Folgen sozusagen freiwillig darauf verzichten haben, sei eine Abgeltung ausgeschlossen.
Zwar betrifft die Empfehlung des Generalanwalts nur die Fälle der Abgeltung von Urlaubsansprüchen. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass der Gerichtshof diese Grundsätze (so er ihnen denn folgt) auch auf den Verfall von Urlaubsansprüchen während des Beschäftigungsverhältnisses überträgt.

Der Generalanwalt leitet seine Empfehlungen übrigens aus den europäischen Grundrechten ab, mit der Folge, dass sein Vorschlag auch Unternehmen der Privatwirtschaft trifft.

Was folgt daraus für die betriebliche Praxis, wenn der Europäische Gerichtshof den Vorschlägen seines Generalanwalts folgt (was meistens der Fall ist)?

  • Nicht tarifgebundene Arbeitgeber sollten in ihren Arbeitsverträgen mehr denn je zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem freiwillig gewährten Mehrurlaub unterscheiden. Das europäische Recht und dementsprechend auch die Vorschläge des Generalanwalts betreffen nämlich nur den gesetzlichen Mindesturlaub von vier Wochen.
  • Arbeitgeber sollten Maßnahmen ergreifen, mit denen sie nachweisen können, dass sie ihren Arbeitnehmern die Möglichkeit gegeben haben, Urlaub zu machen. Wie diese Maßnahmen aussehen müssen, steht noch nicht fest.

Wir empfehlen Folgendes:

  • Ausscheidende Mitarbeiter sollten explizit aufgefordert werden, die bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehenden Urlaubsansprüche in Anspruch zu nehmen.
  • Für den Verfall der Ansprüche im bestehenden Arbeitsverhältnis, dürfte es genügen, wenn Unternehmen ihre Arbeitnehmer rechtzeitig auffordern, ihre Urlaubsansprüche anzumelden, damit sie bis zum Jahresende in Anspruch genommen werden können.

Wenn man es denn richtig macht, muss sich also nicht viel ändern, wenn der Europäische Gerichtshof so entscheidet, wie sein Generalanwalt es gerne hätte.

Wenn Sie Fragen hierzu haben, melden Sie sich bitte.

Bettina Steinberg   Dr. Mona Geringhoff   Lydia Voß

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