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Zu früh gefreut - 

Regelungen in standardisierten Arbeitsverträgen können nicht ohne Weiteres durch Betriebsvereinbarungen verschlechtert werden!

Es schlug wie eine Bombe ein, als das Bundesarbeitsgericht vor wenigen Jahren entschied, dass eine Gesamtzusage des Arbeitgebers (das ist ein Leistungsversprechen, das sich an alle Arbeitnehmer richtet) automatisch durch (spätere) Vereinbarungen mit dem Betriebsrat verschlechtert werden könne.
Das war gewissermaßen die Geburtsstunde des "konkludenten Betriebsvereinbarungsöffnungsvorbehalts", der sich wie ein Lauffeuer verbreitete und zu folgender These führte:

Alle Arbeitsbedingungen, die sich erkennbar an eine Vielzahl von Arbeitnehmern richten (also auch Regelungen in standardisierten Arbeitsverträgen) können ohne Weiteres durch spätere Betriebsvereinbarungen mit dem Betriebsrat verschlechtert werden.

Dieser These hat das Bundesarbeitsgericht in seiner gerade veröffentlichten Entscheidung vom 11.04.2018 (Az.: 4 AZR 119/17) widersprochen und Folgendes geurteilt:

  • Einen konkludenten Betriebsvereinbarungsöffnungsvorbehalt für standardisierte Arbeitsverträge gibt es nicht.
  • Wenn der Arbeitgeber standardisierte Arbeitsbedingungen per Betriebsvereinbarung zum Nachteil der Arbeitnehmer ändern möchte (zum Vorteil der Arbeitnehmer geht natürlich immer), muss er das im Arbeitsvertrag klar und verständlich zum Ausdruck bringen. Wie eine solche Klausel auszusehen hat, sagt das Bundesarbeitsgericht leider nicht.
  • Das alles gilt erst recht für arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitsbedingungen, die unabhängig von betriebsbezogenen Regelungen gelten sollen. Ein konkludenter Betriebsvereinbarungsöffnungsvorbehalt für z. B. arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütungstarifverträge (darin ging es im konkreten Fall) scheidet nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts daher per se aus.

Wenn Sie arbeitsvertraglich vereinbarte Regelungen durch spätere Betriebsvereinbarungen verschlechtern möchten, müssen Sie das also klar verständlich in Ihrem Arbeitsvertrag vereinbaren. Eine andere und noch nicht entschiedene Frage ist allerdings die, ob ein Betriebsvereinbarungsöffnungsvorbehalt, selbst wenn er noch so klar und transparent formuliert ist, auch der Angemessenheitskontrolle standhält. Hier muss die weitere Entwicklung abgewartet werden.

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Bettina Steinberg          Dr. Mona Geringhoff          Lydia Voß

  • Erstellt am .