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Neue Fallstricke bei leitenden Angestellten in Matrixstrukturen

Matrixstrukturen sind in der Unternehmenswelt nicht mehr hinwegzudenken: In Konzernstrukturen oder Unternehmen mit mehreren Standorten tragen Führungskräfte immer öfter für andere konzernangehörige Unternehmen oder andere Betriebsstätten des Unternehmens Verantwortung.
Zwei aktuelle Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen sowie des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf machen deutlich, dass bei solchen Matrixstrukturen der arbeitsrechtliche Teufel im Detail steckt.

 1. Leitende Angestellte in Matrixstrukturen

In dem vom Landesarbeitsgericht Niedersachsen am 27.06.2018 (Az.: 17 Sa 764/17) entschiedenen Fall ging es um folgende Frage:
Wie weit muss die Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis einer konzernweit verantwortlichen Führungskraft reichen, damit sie leitender Angestellter im Sinne von § 14 Absatz 2 des Kündigungsschutzgesetzes ist?
Muss sich die Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis auf das Unternehmen beziehen, mit dem die Führungskraft ihren Arbeitsvertrag geschlossen hat?
Oder genügt es, dass die Führungskraft die Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis in Bezug auf ein anderes Konzernunternehmen ausübt?

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat das so beantwortet:

Leitender Angestellter nach § 14 Absatz 2 des Kündigungsschutzgesetzes ist nur, wer Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis im Verhältnis zu seinem Vertragsarbeitgeber hat. Eine Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis in anderen konzernangehörigen Unternehmen macht die Führungskraft noch nicht zum leitenden Angestellten.

Da die Frage streitig ist und eine höchstrichterliche Entscheidung noch aussteht, hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Das Revisionsverfahren ist bereits beim Bundesarbeitsgericht anhängig.

Wenn Führungskräfte leitende Angestellte nach § 14 Absatz 2 des KSchG sein sollen, sollten Sie bis zur höchstrichterlichen Klärung durch das Bundesarbeitsgericht daher darauf achten, dass die Führungskraft einen Arbeitsvertrag mit einem Unternehmen bekommt, in dem sie Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis hat.

2. Beteiligung des Betriebsrats in Matrixstrukturen

In der jüngst vom Arbeitsgericht Düsseldorf veröffentlichten Entscheidung vom (schon) 20.12.2017 (Az.: 12 TaBV 66/17) ging es um die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 99 BetrVG, wenn eine Führungskraft für mehrere Betriebe eines Unternehmens verantwortlich ist.

Stellen Sie sich folgende Situation vor:
Unternehmen U hat mehrere Betriebe. In allen Betrieben gibt es einen Betriebsrat.
Das Führungspersonal ist aber nur in einem Betrieb, nennen wir ihn Zentrale, angesiedelt. Die in der Zentrale beschäftigten Führungskräfte nehmen auch Führungsaufgaben in den anderen Betrieben wahr.

Wenn Sie in der Zentrale eine solche Führungskraft einstellen, die kein leitender Angestellter nach § 5 Absatz 3, 4 des Betriebsverfassungsgesetzes ist, stellt sich folgende Frage:

Müssen Sie nur den Betriebsrat in der Zentrale nach § 99 Absatz 1 BetrVG beteiligen oder müssen Sie auch die Betriebsräte der anderen Betriebe nach § 99 Absatz 1 BetrVG beteiligen, in denen die Führungskraft Führungsaufgaben wahrnehmen soll?
 
Eine Antwort des Bundesarbeitsgerichts auf diese wichtige Frage steht noch aus. Die Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte geht aber dahin, die Frage immer dann mit ja zu beantworten, wenn der Vorgesetzte in den anderen Betrieben keine völlig bedeutungslose Führungsaufgabe hat. Nach der aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20.12.2017 soll es für eine Einstellung in einem weiteren Betrieb genügen, dass die Führungskraft aus der Zentrale in anderen Betrieben nur einen (!) Abteilungsleiter führt.
 
Wenn die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf so vom Bundesarbeitsgericht bestätigt werden sollte, würde das bedeuten, dass es für den Begriff der Einstellung keine quantitative, sondern allenfalls noch qualitative Grenzen gibt. Toll!

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Bettina Steinberg          Dr. Mona Geringhoff          Lydia Voß


 

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