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Was Sie bei einer fristlosen Kündigung unbedingt berücksichtigen müssen

Wann Sie gegen den gekündigten Arbeitnehmer einen Anspruch auf Auskunft über anderweitiges Einkommen haben

Was Sie nach verlorenem Kündigungsschutzprozess tun müssen 

  • Bieten Sie bei einer fristlosen Kündigung nie die Weiterbeschäftigung bis zum ordentlichen Kündigungstermin an!
  • Wann muss der gekündigte Arbeitnehmer Ihnen Auskunft über anderweitiges Einkommen erteilen?
  • Was tun nach verlorenem Kündigungsschutzprozess?


1. Bieten Sie bei einer fristlosen Kündigung nie die Weiterbeschäftigung bis zum ordentlichen Kündigungstermin an!
  Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.06.2018, Az.: 15 Sa 214/18

Die Situation kennt jeder Arbeitgeber: Man möchte einem Arbeitnehmer fristlos kündigen. Da man weiß, dass die rechtlichen Hürden für fristlose Kündigungen hoch sind, strebt man so früh wie möglich eine Einigung an.

So war es auch in dem vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschiedenen Fall. Da der Arbeitgeber zwar Grund für eine fristlose Kündigung, aber keine große Lust auf eine langwierige gerichtliche Auseinandersetzung hatte, machte er dem Arbeitnehmer schon vor Ausspruch der fristlosen Kündigung das Angebot, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Nachdem der Arbeitnehmer das Angebot abgelehnt hatte, schritt der Arbeitgeber zur Tat und kündigte fristlos.

Nach der vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vertretenen Auffassung hat allein der Vergleichsvorschlag des Arbeitgebers die fristlose Kündigung kaputt gemacht!
Begründung der Landesarbeitsrichter: Eine fristlose Kündigung setzt voraus, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist. Durch das Vergleichsangebot, den Arbeitnehmer bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen, habe der Arbeitgeber die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung selbst zu nichte gemacht.

Daraus folgt: Wenn Sie sich bei einer fristlosen Kündigung kein Eigentor schießen möchten, sollten Sie dem Arbeitnehmer nie ein Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist anbieten.

Denkbar ist allenfalls, dass Sie dem Arbeitnehmer eine ordentliche Beendigung (zumal Sie ja ohnehin immer fristlos, hilfsweise fristgerecht kündigen sollten) bei unwiderruflicher Freistellung anbieten.
Noch besser ist es natürlich, einen solchen Kompromiß im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs abzuschließen. Dann kann der Arbeitnehmer Ihre Vergleichsbereitschaft nicht gegen Sie verwenden.
 

2. Wann muss der gekündigte Arbeitnehmer Ihnen Auskunft über anderweitiges Einkommen erteilten?  Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil vom 11.05.2018, Az.: 10 Sa 1628/17

Kündigungsschutzverfahren dauern bekanntlich. Wenn der gekündigte Arbeitnehmer eine kurze Kündigungsfrist hat, hat die mitunter lange Verfahrensdauer ein hohes Annahmeverzugslohnrisiko zur Folge.

Denn wie jeder von Ihnen weiß: Wurde rechtskräftig entschieden, dass die Kündigung unwirksam ist, kann der Arbeitnehmer das zwischenzeitlich aufgelaufene Gehalt von Ihnen verlangen.

Allerdings muss sich der Arbeitnehmer den in dieser Zeit eventuell erzielten Zwischenverdienst anrechnen lassen. Dies folgt aus § 615 Satz 2 BGB bzw. aus § 11 Nr. 1 KSchG (§ 11 KSchG ist immer dann einschlägig, wenn eine gerichtliche Entscheidung über die Unwirksamkeit der Kündigung vorliegt).

Meistens wissen Sie allerdings nicht, ob und in welcher Höhe der Arbeitnehmer eventuellen Zwischenverdienst erzielt hat.

Deshalb billigt die Rechtsprechung Ihnen insofern einen Auskunftsanspruch zu.

Zu diesem Auskunftsanspruch hat das Landesarbeitsgericht Hessen in seiner gerade veröffentlichten Entscheidung vom 11.05.2018 folgende Feststellungen getroffen:

  • Der Auskunftsanspruch setzt voraus, dass der Arbeitnehmer Annahmeverzugslohnansprüche geltend macht. Greift der Arbeitnehmer in einem Kündigungsschutzverfahren nur die Kündigung gerichtlich an, zieht der Auskunftsanspruch folglich nicht bzw. erst dann, wenn der Arbeitnehmer seinen Kündigungsschutzantrag um Zahlungsanträge über mittlerweile aufgelaufene Gehälter erweitert hat.
  • Der Auskunftsanspruch setzt außerdem voraus, dass Sie zumindest Indizien dafür vortragen können, dass der Arbeitnehmer anderweitigen Verdienst erzielt hat. Einen ins Blaue hinein geltend gemachten Auskunftsanspruch gibt es also laut Hessischem Landesarbeitsgericht nicht. Nach Meinung des Hessischen Landesarbeitsgerichts bezieht sich der Auskunftsanspruch nur auf die Höhe des anderweitigen Erwerbs, nicht aber darauf, ob überhaupt anderweitiges Einkommen erzielt wurde. Damit entscheidet das Hessische Landesarbeitsgericht einen Meinungsstreit zulasten der Arbeitgeber. Es gibt nämlich Stimmen, die der Meinung sind, dass sich der Auskunftsanspruch auch darauf bezieht, ob überhaupt anderweitiges Einkommen erzielt wurde.

Darüber hinaus nimmt das Hessische Landesarbeitsgericht zu der Frage Stellung, wann Arbeitnehmer sich einen fiktiven Verdienst wegen böswilligen Unterlassens einer anderweitigen Beschäftigung anrechnen lassen müssen (§ 615 Satz 2 BGB, § 11 Nr. 2 KSchG). Hierzu stellt es fest:

Das böswillige Unterlassen anderweitigen Verdienstes setzt voraus, dass der Arbeitnehmer eine andere Arbeit vorsätzlich und ohne ausreichenden Grund ablehnt oder vorsätzlich verhindert, dass ihm Arbeit angeboten wird. Fahrlässiges, auch grob fahrlässiges Verhalten des Arbeitnehmers reicht nicht.Der Arbeitnehmer genügt seinen anderweitigen Erwerbspflichten grundsätzlich schon dann, wenn er sich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend meldet; nach der vom Bundesarbeitsgericht vertretenen Auffassung ist der Arbeitnehmer nicht einmal dazu verpflichtet.Auch beim böswilligen Unterlassen trifft Sie als Arbeitgeber die Darlegungslast. Das heißt, dass Sie vortragen müssen, dass der Arbeitnehmer eine zumutbare Arbeitsmöglichkeit hatte und in Kenntnis dieser Arbeitsmöglichkeit vorsätzlich untätig geblieben ist.

Fazit:
Auf den Auskunftsanspruch sollten Sie nicht bauen, um Ihre weitere Prozessstrategie zu bestimmen.
 

3. Was tun nach verlorenem Kündigungsschutzprozess?  Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 10.04.2018, Az.: 4 Sa 1024/16

Wenn Sie nach rechtskräftig verlorenem Kündigungsschutzprozess den Annahmeverzug beenden möchten, hält die Rechtsprechung ebenfalls einige Fallstricke bereit, die das Landesarbeitsgericht Köln in seiner gerade veröffentlichen Entscheidung vom 10.04.2018 anschaulich beschreibt:

Um den Annahmeverzug zu beenden, müssen Sie den Arbeitnehmer nach verloren gegangenem Kündigungsschutzprozess ausdrücklich auffordern, die Arbeit wieder aufzunehmen. Sie müssen dem Arbeitnehmer also mitteilen (und zwar am besten schriftlich), wann er sich wo zu Wiederaufnahme der Arbeit einzufinden hat. Eine Ankündigungsfrist müssen Sie hierbei nicht einhalten. Sie können den Arbeitnehmer also auffordern, ab dem auf Ihre Aufforderung folgenden Tag die Arbeit um xx Uhr in yy wieder aufzunehmen. Solange Sie dem Arbeitnehmer den Annahmeverzugslohn (also die infolge der gerichtlichen Auseinandersetzung mittlerweile aufgelaufenen Gehälter) nicht bezahlt haben, ist der Arbeitnehmer nicht zur Wiederaufnahme der Arbeit verpflichtet. Vielmehr kann er sich dann auf ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 Absatz 1 BGB) berufen.Ein Zurückbehaltungsrecht besteht allerdings dann nicht, wenn der Gehaltsrückstand verhältnismäßig geringfügig ist.

Hierzu hat das Landesarbeitsgericht Köln festgestellt, dass die Frage der Geringfügigkeit im Verhältnis zur Gesamtforderung beantwortet werden muss. Im konkreten Fall war es so, dass der Arbeitgeber durch den Kündigungsschutzprozess mit 30 Monatsgehältern à EUR 1.014,00 in Annahmeverzug war. Er hatte zwar diesen Rückstand, nicht aber die darauf zu zahlenden Zinsen in Höhe von EUR 943,34 bezahlt.

Vergleicht man die Zinsen mit dem Monatseinkommen (das waren wie schon gesagt EUR 1.014,00 brutto) sind die Zinsen freilich nicht geringfügig. Im Verhältnis zur Gesamtforderung von 30 x EUR 1.014,00, sprach sich das Landesarbeitsgericht Köln aber für eine Geringfügigkeit aus.

 
Auch nach verloren gegangenem Kündigungsschutzprozess gibt es also viel, was man falsch machen kann. Jetzt wissen Sie, was Sie tun müssen.

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