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Neues zum Lohnsteuerregress gegenüber Arbeitnehmern 

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinen gerade veröffentlichten Urteilen vom 17.10.2018 (Az.: 5 AZR 538/17) und vom 14.11.2018 (Az.: 5 AZR 301/17) wichtige Feststellungen zum Lohnsteuerregress gegenüber Arbeitnehmern getroffen.

Das Lohnsteuerrecht ist kompliziert. Externe Payroll-Provider tragen das Übrige dazu bei, dass nicht immer alle Leistungen von Arbeitgebern an Arbeitnehmer richtig versteuert werden. Es ist daher keine Seltenheit, dass für verschiedene Leistungen gar keine oder zu wenig Steuern abgeführt werden.

In vielen Fällen kommt das böse Erwachen erst bei einer Betriebsprüfung.

In solchen Situationen stellen sich für Unternehmen vor allem folgende Fragen:

  • Ist durch die jahrelange Nichtversteuerung eine betriebliche Übung im Sinne einer Nettolohnvereinbarung entstanden, mit der Folge, dass der Arbeitnehmer nicht mehr für die nachzuentrichtende Lohnsteuer haftbar gemacht werden kann?
  • Was ist in solchen Fällen mit tarif- oder arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen?
  • Wie können Regressansprüche gegenüber dem Arbeitnehmer geltend gemacht werden?

Auf all diese Fragen hat das Bundesarbeitsgericht jetzt folgende Antworten gegeben:

  • Steuerschuldner ist der Arbeitnehmer. Hat der Arbeitgeber zu wenig Lohnsteuer einbehalten bzw. an das Finanzamt abgeführt, kann er den Arbeitnehmer in Regress nehmen; das ergibt sich aus § 42d Absatz 1 Nr. 1, Absatz 3 Satz 1 Einkommenssteuergesetz, § 44 Absatz 1 Satz 1 Abgabenordnung sowie § 426 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches.
  • Ein Regress gegenüber dem Arbeitnehmer ist ausnahmsweise nur dann ausgeschlossen, wenn es einen klar erkennbaren Parteiwillen gibt, dass der Arbeitgeber die Steuern tragen soll. Im Zweifel haben die Parteien eine Bruttolohnabrede und keine Nettolohnabrede getroffen. Die Darlegungs- und Beweislast für eine ausnahmsweise Nettolohnabrede liegt daher beim Arbeitnehmer. Sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer irrtümlich davon ausgegangen, dass eine Leistung an den Arbeitnehmer nicht versteuert werden muss, reicht das für eine Nettolohnabrede nicht.
  • Es ist - abgesehen von offensichtlichen Berechnungsfehlern - nicht Sache der Arbeitsgerichte, zu überprüfen, ob der Arbeitgeber die nachträglich bezahlten Steuern richtig berechnet hat. Der Arbeitgeber kann den  Arbeitnehmer daher grundsätzlich in Höhe der von ihm vorgenommenen Versteuerung in Regress nehmen. Alles andere muss der Arbeitnehmer mit der Finanzverwaltung klären.
  • Ein Lohnsteuerregress gegenüber dem Arbeitnehmer wird von einer arbeits- oder tarifvertraglichen Ausschlussfristenregelung dann nicht erfasst, wenn sich die  Ausschlussfristenregelung nur auf Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bezieht. Der Lohnsteuerregress ist laut Bundesarbeitsgericht nämlich kein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis, sondern ein Anspruch aus dem öffentlich rechtlichen Steuerrecht.
  • Ausschlussfristenregelungen greifen nur dann, wenn sie auch für Ansprüche gelten, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen. Wenn eine so weit gefasste Ausschlussfristenregelung existiert, beginnt die Ausschlussfrist laut Bundesarbeitsgericht grundsätzlich erst mit dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Steuerforderung gegenüber dem Finanzamt tatsächlich erfüllt  (ob dieser späte Beginn der Ausschlussfrist selbst dann greift, wenn von Anfang an klar war, dass die Leistung hätte versteuert werden müssen, lässt sich der Entscheidung nicht mit Gewissheit entnehmen).
  • Lohnsteuerkorrekturen können nur im laufenden Kalendermonat sowie für den Vormonat vorgenommen werden (§ 41c Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz). Lohnsteuerregressforderungen, die viele Monate zurückreichen, müssen daher per Aufrechnung gegenüber dem Arbeitnehmer realisiert werden. Da bei schon ausgeschiedenen Arbeitnehmern keine Aufrechnung mehr möglich ist, müssen Sie den Arbeitnehmer notfalls verklagen.
  • Wenn die Nachversteuerung auf einem vom Arbeitnehmer falsch geführten Fahrtenbuch beruht: Der Lohnsteuerregress scheitert nicht daran, dass Sie den Arbeitnehmer nicht auf Fehler beim Fahrtenbuch hingewiesen haben. Der Lohnsteuerregress scheitert auch nicht daran, dass Sie das Fahrtenbuch nicht kontrolliert haben. Vielmehr ist es laut Bundesarbeitsgericht Sache des Arbeitnehmers, das Fahrtenbuch den steuerlichen Vorgaben gemäß zu führen, wenn der geldwerte Vorteil für die private Nutzung nach der Fahrtenbuchmethode und nicht nach der 1%-Regelung versteuert werden soll. Da viele Fahrtenbücher nicht korrekt geführt werden, sollten Sie von Anfang an mit dem Arbeitnehmer vereinbaren, dass die Versteuerung des geldwerten Vorteils nach der Pauschalmethode, sprich der 1%-Regelung, erfolgt. Bitte beachten Sie: Seit dem 1.1.2019 können Arbeitnehmer auch bei der Versteuerung für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zwischen der Art der Versteuerung wählen, wenn nichts anderes vereinbart ist. Deshalb sollten Sie Ihre Dienstwagenvereinbarungen ggfs. auch in Richtung Pauschalversteuerung der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ändern.

Wir wünschen allen unseren Leserinnen und Lesern eine schöne Karnevalszeit!

Bettina Steinberg          Dr. Mona Geringhoff          Lydia Voß

  • Erstellt am .