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Ausgleichsabgabe ohne Fragerecht?

Wie Sie wissen, dürfen Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer erst nach sechs Monaten nach einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung fragen.

Diese sechsmonatige "Sperrfrist" kann zu der misslichen Situation führen, dass Sie am Zahltag für die jährliche Ausgleichsabgabe (das ist spätestens der 31.03. des Folgejahres) eine Ausgleichsabgabe zahlen, die nicht oder zumindest nicht in dieser Höhe fällig geworden wäre, hätten Sie nur gewusst, dass einige Ihrer Arbeitnehmer schwerbehindert oder gleichgestellt sind.

Für die betriebliche Praxis stellen sich daher zwei Fragen:

Bekommen Unternehmen eine irrtümlich gezahlte Ausgleichsabgabe wieder zurück, wenn sich später herausstellt, dass sie mehr schwerbehinderte oder gleichgestellte Arbeitnehmer beschäftigen als sie dachten?

Die erste gute Nachricht ist: Ja, Sie bekommen den überzahlten Betrag zurück.

Die zweite gute Nachricht ist: Die Rückerstattung ist grundsätzlich nicht sonderlich mühselig.

Die Ausgleichsabgabe wird nämlich in der Regel nicht aufgrund eines Verwaltungsakts geleistet, den Sie erst aufheben lassen müssten, damit das Geld an Sie zurückfließen kann.

Vielmehr ist Ihr Unternehmen schon kraft Gesetzes (und nicht erst per Verwaltungsakt) verpflichtet, die Ausgleichsabgabe für das vergangene Jahr bis zum 31.03. zu zahlen, wenn die erforderliche Quote von schwerbehinderten oder gleichgestellten Arbeitnehmern nicht erreicht wird.

Es gibt also keinen Verwaltungsakt, den Sie aufheben lassen müssten.
Das Zauberwort für die Rückerstattung heißt vielmehr öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch funktioniert ähnlich wie der zivilrechtliche Bereicherungsanspruch: Die Behörde, die etwas ohne rechtlichen Grund erhalten hat, muss dieses Etwas an Sie zurückerstatten.

Hiervon gibt es nur eine Ausnahme: Wenn Ihr Unternehmen mit der Zahlung der Ausgleichsabgabe mehr als drei Monate im Rückstand ist, ergeht ein sogenannter Feststellungsbescheid und dieser Feststellungsbescheid ist ein Verwaltungsakt, den
Sie (notfalls mit gerichtlicher Hilfe) erst aufheben lassen müssten, bevor Sie den überzahlten Betrag zurückbekommen.

Zahlen Sie pünktlich, kann Ihnen also nichts passieren.

Aber Achtung: Für  die Geltendmachung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gilt eine relativ kurze Ausschlussfrist. Nach § 160 Abs. 4 Satz 8 SGB IX wird eine einmal geleistete Ausgleichsabgabe nach Ablauf des Kalenderjahres, das auf den Eingang Ihrer Anzeige über die Anzahl der in Ihrem Unternehmen beschäftigten schwerbehinderten/ gleichgestellten Arbeitnehmer folgt, nicht mehr erstattet.

Beispiel: Wenn Sie die Anzeige am letzten Tag, also am 31. März des Folgejahres, machen (die Ausgleichsabgabe haben Sie gleichzeitig mit der Anzeige zu leisten), dann müssen Sie den Erstattungsanspruch bis zum 31. Dezember des folgenden Jahres geltend machen. Danach ist es zu spät.

Dummerweise beginnt die Ausschlussfrist selbst dann zu laufen, wenn Sie immer noch keine Kenntnis von der Schwerbehinderung oder Gleichstellung eines Arbeitnehmers haben.

Was folgt daraus für die betriebliche Praxis?

  • Vereinbaren Sie schon im Arbeitsvertrag, dass die Arbeitnehmer verpflichtet sind, das Unternehmen nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses unaufgefordert über eine Schwerbehinderung oder Gleichstellung zu informieren.

  • Fassen Sie bei den Arbeitnehmern nach sechs Monaten vorsichtshalber noch einmal nach und fragen Sie die Arbeitnehmer ausdrücklich nach einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung.

  • So tun Sie nicht nur alles für die rechtzeitige Geltendmachung eines eventuellen Erstattungsanspruchs. Auf diese Weise wissen Sie außerdem, bei welchen Arbeitnehmern Sie vor einer Kündigung das Integrationsamt beteiligen müssen.

Wenn Sie Fragen zu dem Thema haben, helfen wir Ihnen gerne.


 
Bettina Steinberg          Dr. Mona Geringhoff          Lydia Voß

  • Erstellt am .