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Initiativlast beim Zusatzurlaub für schwerbehinderte Arbeitnehmer:innen?

Die neue Initiativlast der Arbeitgeber bei der Gewährung von Urlaub ist in aller Munde. Und auch wir haben hierüber laufend berichtet.

Daher nur noch einmal eine kurze Zusammenfassung, was die neue Initiativlast bedeutet.

Der Urlaub verfällt nach § 7 Absatz 3 des Bundesurlaubsgesetzes zum Jahresende neuerdings nur noch, wenn das Unternehmen die:den Beschäftigten rechtzeitig über den Umfang des Urlaubs informiert und auf dessen möglichen Verfall hingewiesen hat. Diese Information muss laut Bundesarbeitsgericht konkret und "in völliger Transparenz" erfolgen. Inhaltlich muss die Mitteilung Folgendes abdecken:

  • Information über die Anzahl der der:dem jeweiligen Beschäftigten zustehenden Urlaubstage im Urlaubs- bzw. Kalenderjahr.
    Achtung: Wenn es noch Resturlaub aus Vorjahren gibt, in denen Arbeitgeber ihrer Informationspflicht nicht nachgekommen sind, müssen auch Resturlaube aus den Vorjahren in die Informationspflicht mit einbezogen werden. Wie lange die Informationspflicht zurückreicht, ist noch offen, da das Bundesarbeitsgericht den Europäischen Gerichtshof jüngst gefragt hat, ob Urlaubsansprüche verjähren können; siehe dazu unseren Newsletter vom 15.10.2020, den Sie hier finden.
  • Aufforderung, den Urlaub so rechtzeitig zu beantragen, dass er innerhalb des Urlaubsjahres genommen werden kann.
  • Hinweis, dass der Urlaub ersatzlos verfallen wird, wenn er bis zum Ende des Urlaubsjahres, also bis zum 31.12., nicht genommen wird.

Außerdem muss die Mitteilung hinreichend individualisiert sein, d. h. der Urlaub muss sich auf den konkreten Urlaubsanspruch einer:eines konkreten Beschäftigten beziehen und für jedes Kalenderjahr (ggfls. einschließlich Vorjahren, in denen nicht informiert wurde) neu erfolgen. Es muss daher immer die konkrete Zahl der Urlaubstage beziffert werden, die der:dem einzelnen Arbeitnehmer:in zum Zeitpunkt der Mitteilung noch zustehen.

Grundsätzlich gilt diese Initiativlast auch für den Zusatzurlaub, den schwerbehinderte (nicht gleichgestellte, vgl. § 151 Absatz 3 SGB IX) Arbeitnehmer:innen nach § 208 SGB IX haben.

Aber kann die Initiativlast für den Zusatzurlaub von schwerbehinderten Arbeitnehmer:innen auch dann gelten, wenn der Arbeitgeber gar nicht weiß, dass die:der Beschäftigte schwerbehindert ist?

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat diese Frage in seinem gerade veröffentlichten Urteil vom 14.01.2021 (Az.: 5 Sa 267/19) mit "Nein" beantwortet.

Große Teile der Literatur sehen dies genauso.

Richtig so!

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfrage hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz allerdings die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Sobald das Bundesarbeitsgericht entschieden hat, werden wir berichten.

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