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Ist Urlaub für Zeiten einer Quarantäne doch nachzugewähren?

Durch unsere bisherige Berichterstattung wissen Sie, dass die Mehrzahl der Gerichte geurteilt hat:

Müssen Beschäftigte während des Urlaubs in Quarantäne, müssen Arbeitgeber den Urlaub nicht nachgewähren.
§ 9 des Bundesurlaubsgesetzes gilt für Quarantänefälle nicht, auch nicht analog.

So urteilte jüngst das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 15.10.2021, über das wir in unserem Newsletter vom 02.03.2022 berichtet hatten.
 
Ebenso haben bislang das Landesarbeitsgericht Köln (Urteil vom 13.12.2021, Az.: 2 Sa 488/21), das Arbeitsgericht Neumünster (Urteil vom 03.08.2021, Az.: 3 Ca 362b/21), das Arbeitsgericht Halle (Urteil vom 23.06.2021, Az.: 4 Ca 285/21) sowie das Arbeitsgericht Bremerhaven (Urteil vom 08.06.2021, Az.: 6 Ca 6035/21) entschieden.
 
Anders hat sich nun das Landesarbeitsgericht Hamm in seiner Entscheidung vom 27.01.2022 (Az.: 5 Sa 1030/21) positioniert.
Nach Meinung der Hammer Landesarbeitsrichter ist der Urlaub für Zeiten einer Quarantäne nachzugewähren, denn § 9 des Bundesurlaubsgesetzes gelte für Quarantänefälle analog.
 
Die Hammer Landesarbeitsrichter begründen das folgendermaßen:

  • Eine Quarantäne-Anordnung verhindere wie eine Erkrankung immer die freie Urlaubsgestaltung.
  • Zwar schulde der Arbeitgeber keinen „Urlaubserfolg“.
    Allerdings ergebe sich aus § 1 des Bundesurlaubsgesetzes, dass der Urlaub den Beschäftigten die uneingeschränkte Möglichkeit geben solle, ihre Freizeit selbstbestimmt zu nutzen.
    Dieses Ziel könne durch die Quarantäne-Bestimmungen generell nicht erreicht werden, da den Beschäftigten aufgegeben werde, wo sie sich aufzuhalten haben, mit wem sie Kontakt haben dürfen etc.
  • Beachtet  werden müsse außerdem, dass die Quarantäne als solche mit einer Belastung für die Beschäftigten verbunden sei, da sie jederzeit mit einem (schweren) Ausbruch der Erkrankung rechnen müssten. 

Da die Rechtsfrage ungeklärt und obendrein umstritten ist, hat das Landesarbeitsgericht Hamm – genauso wie das Landesarbeitsgericht Düsseldorf – die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
Bleibt zu hoffen, dass das Bundesarbeitsgericht diese spannende Rechtsfrage zügig entscheidet.
 
Im Moment haben Arbeitgeber, die den während einer Quarantäne verbrauchten Urlaub nicht nachgewähren, die Mehrheit der Gerichte jedenfalls auf ihrer Seite.
 
Aber was passiert, wenn das Bundesarbeitsgericht sich wie die Hammer Landesarbeitsrichter für eine analoge Anwendung von § 9 des Bundesurlaubsgesetzes ausspricht?

Diese Frage ist „dank“ der neuen Initiativlast von Arbeitgebern bei der Urlaubsgewährung recht einfach zu beantworten:
 
Da den Beschäftigten gerade nicht Gelegenheit gegeben wurde, diesen Urlaub noch in Anspruch zu nehmen, müsste der Urlaub bis zur Grenze der 3-jährigen Verjährungsfrist nachgewährt werden, wobei ja ebenfalls noch unklar und durch den Europäischen Gerichtshof entschieden werden muss, ob Urlaubsansprüche überhaupt verjähren können.

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