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Alles Mobbing oder was? Vieles, was Mobbing genannt wird, ist kein Mobbing!

Wir leben in einer Zeit, in der Arbeitnehmer Konflikte sehr schnell als Mobbing bezeichnen.

Vieles von dem, was in der Sprache der Arbeitnehmer Mobbing heißt, ist aber kein Mobbing.

Dies haben das Bundesarbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein in zwei kürzlich veröffentlichten Urteilen jetzt noch einmal deutlich gemacht (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.09.2016, Az.: 8 AZR 351/15 und Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.01.2017, Az.: 1 Sa 6/16).

Beiden Entscheidungen lagen Sachverhalte zugrunde, wie sie heutzutage häufig vorkommen. In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall war es so, dass über die Ausübung von Tätigkeiten sowie den Abbruch einer Fortbildungsmaßnahme gestritten wurde. Und in dem anderen Fall, den das LAG Schleswig-Holstein beurteilen musste, ging es um die Frage, ob das Unternehmen verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer einen Home-Office-Arbeitsplatz einzurichten.

In beiden Fällen war es wie so oft: Zwischen den Sichtweisen von Arbeitnehmern und Vorgesetzten klafften Welten. Da die Arbeitnehmer sich mit der Sichtweise ihrer jeweiligen Vorgesetzten nicht abfinden wollten, gab es hierüber fortwährend Meinungsverschiedenheiten. Da die Arbeitgeber nicht von ihrem Standpunkt abwichen, wurden sie wegen Mobbings verklagt.

Beide Gerichte haben Mobbing im Ergebnis verneint.

Vor allem das LAG Schleswig-Holstein beschreibt in seinem Urteil sehr schön, warum solche Auseinandersetzungen in der Regel kein Mobbing sind:

"Zu berücksichtigen ist, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, nicht geeignet sind, derartige rechtliche Tatbestände zu erfüllen und es daher gilt sogenanntes folgenloses oder sozial- und rechtsadäquates Verhalten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise, d. h. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen. Weisungen, die sich im Rahmen des dem Arbeitgeber zustehenden Direktionsrechts bewegen und bei denen sich nicht eindeutig eine schikanöse Tendenz entnehmen lässt, dürften nur in seltenen Fällen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellen. Gleiches kann für den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisung gelten, denen jedoch sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen. Ebenfalls können Verhaltensweisen von Arbeitgeber oder Vorgesetzten nicht in die Prüfung einbezogen werden, die lediglich eine Reaktion auf Provokationen durch den vermeintlich gemobbten Arbeitnehmer darstellen. Insoweit fehlt es an der von der Instanzrechtsprechung und Lehre so bezeichneten eindeutigen Täter-Opfer-Konstellation (BAG, Urt. v. 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 -) Juris, Rn 85 f.).
(Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 24. Januar 2017 – 1 Sa 6/16 –, Rn. 74, juris)"

Auf der gleichen Linie liegt die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, in der das Bundesarbeitsgericht ergänzend feststellt, dass selbst rechtswidrige Abmahnungen nicht = Mobbing sein müssen. Wörtlich heißt es in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts:

"Soweit die Klägerin einwendet, das Landesarbeitsgericht habe verkannt, dass die Abmahnungen rechtswidrig gewesen seien und sei deshalb rechtsfehlerhaft zu der Einschätzung gelangt, in den Abmahnungen liege kein rechtswidriger Angriff gegen sie, übersieht sie, dass es für einen Schadensersatzanspruch wegen „Mobbings“ nicht darauf ankommt, ob eine Abmahnung formal und inhaltlich „in jeder Hinsicht“ den rechtlichen Anforderungen entspricht (vgl.BAG 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 51), sondern dass entscheidend ist, ob die Abmahnungen mit der Zielrichtung erfolgten, die Klägerin zu schikanieren und deshalb als Angriff auf ihre Gesundheit gewertet werden können. Auf eben diesen Gesichtspunkt hat das Landesarbeitsgericht zutreffend abgestellt und mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung eine entsprechende Zielsetzung verneint"

Daraus folgt:

Konflikte, in denen es um die Sache, nicht aber um die Schikane von Arbeitnehmern geht, sind in der Regel kein Mobbing.

Trotzdem sollten Sie in solchen Auseinandersetzungen mit Arbeitnehmern die "Contenance" wahren. So war es in dem vom LAG Schleswig-Hollstein entschiedenen Fall nämlich so, dass der Arbeitnehmer behauptet hatte, dass sein Vorgesetzter seine E-Mails teils nicht (mehr) beantworte, der Vorgesetzte ihn nicht grüße u.ä. Hierüber hat das LAG Schleswig-Holstein Beweis erhoben, wobei sich die Behauptungen in der Beweisaufnahme nicht bestätigten. Die Tatsache, dass das LAG Schleswig-Holstein überhaupt über diese Behauptungen Beweis erhoben hat, zeigt aber, dass solche "Nebenhandlungen" ein Mobbing hätten begründen können.

Wenn Sie mit Arbeitnehmern zu tun haben, die fast schon renitent ihren Standpunkt verfolgen, sollten Sie sich daher nichts anmerken lassen, sondern mit der Faust in der Tasche sachlich und professionell mit ihnen umgehen.

Wenn Sie weitere Fragen zu diesem Thema haben, melden Sie sich gerne.

Bettina Steinberg         Dr. Mona Geringhoff            Lydia Voß

 

 

 

 

 

 

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