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Die Crux mit dem Einwurf-Einschreiben

Im Arbeitsrecht müssen viele Fristen gewahrt werden. Dies gilt auch und insbesondere für den Ausspruch von Kündigungen. Bei Kündigungen ist es immer wichtig, dass das Kündigungsschreiben rechtzeitig zugeht. Bei der fristlosen Kündigung ist der rechtzeitige Zugang für die Einhaltung der 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB wichtig. Und bei der ordentlichen Kündigung bestimmt der Zugang den Ablauf der Kündigungsfrist.

Aber wie sollen Personalabteilungen den rechtzeitigen Zugang des Kündigungsschreibens beim Arbeitnehmer sicherstellen, zumal wenn eine Übergabe im Betrieb (aufgrund von Krankheit o.ä.) nicht in Betracht kommt?

Die meisten Personaler wissen, dass man Kündigungsschreiben tunlichst nicht per Einschreiben/Rückschein zustellen sollte.

Denn beim Einschreiben/Rückschein ist es so: Trifft der Postbote den Arbeitnehmer nicht zuhause an, nimmt er den Brief wieder mit und hinterlässt dem Arbeitnehmer nur eine Benachrichtigung in dessen Briefkasten, dass der Arbeitnehmer den Brief bei der nächsten Poststelle abholen möge (was der Arbeitnehmer natürlich nicht tun wird, zumal wenn er von Ihrer Kündigungsabsicht weiß).

Deshalb sind viele Personalabteilungen auf das Einwurf-Einschreiben ausgewichen.

Beim Einwurf-Einschreiben wird das Kündigungsschreiben vom Postboten im Briefkasten deponiert. Hierüber wird vom Postboten ein Auslieferungsbeleg erstellt, den der Arbeitgeber online einsehen bzw. abrufen kann.

Was viele Personaler (noch) nicht wissen:

Es ist stark umstritten, ob dieser Auslieferungsbeleg im Streitfall ein echtes Beweismittel ist.

In seinem Urteil vom 18.04.2017 (Az: 10 Ca 7262/16) hat das Arbeitsgericht Düsseldorf entschieden, dass der Auslieferungsbeleg kein taugliches Beweismittel für ein gerichtliches Verfahren ist.

Bei dieser Gelegenheit hat das Arbeitsgericht Düsseldorf das Thema Beweiswert von Einwurf-Einschreiben noch einmal aufbereitet und den Meinungsstreit dargestellt.

Und das liest sich so:

„Der Auslieferungsbeleg ist keine öffentliche Urkunde im Sinne der §§ 415 Abs. 1, 418 Abs. 1 ZPO, die den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen erbringt und nur den Beweis der Unrichtigkeit ermöglicht. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem Auslieferungsbeleg überhaupt um eine Urkunde im Sinne der §§ 415 ff. ZPO handelt; jedenfalls handelt es sich nicht um eine öffentliche Urkunde, auch wenn es sich bei der Deutschen Post AG um ein Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost handelt…..

Der Beweiswert des Einwurf-Einschreibens wird unterschiedlich beurteilt. Während z. T. davon ausgegangen wird, dass der Einlieferungsbeleg zusammen mit der Reproduktion des Auslieferungsbelegs den Beweis des ersten Anscheins dafür begründet, dass die Sendung durch Einwurf in den Briefkasten oder durch Einlegen in das Postfach zugegangen ist (OLG Saarbrücken 20. März 2007 - 4 U 83/06; OLG Koblenz 31. Januar 2005 - 11 WF 1013/04; AG Erfurt 20. Juni 2007 - 5 C 435/07; AG Paderborn 27. Juli 2000 - 51 C 76/00), sehen andere keinen verbesserten Nachweis des Zugangs einer Kündigungserklärung durch das Einwurf-Einschreiben (LAG Rheinland-Pfalz 23. September 2013 - 5 Sa 18/13 - Rn. 49; LAG Hamm 5. August 2009 - 3 Sa 1677/08; LG Potsdam 27. Juli 2000 - 11 S 233/99; ArbG Ulm 7. Oktober 2014 - 5 Ca 129/14; AG Kempten 22. August 2006 - 11 C 432/05; AG Köln 16. Juli 2008 - 435/07;)“.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat sich in seiner Entscheidung wie schon gesagt der Meinung angeschlossen, die einen Beweiswert des Auslieferungsbelegs verneint.

Wenn Sie mit der Zustellung eine Frist wahren müssen, sollten Sie daher nicht per Einwurf-Einschreiben zustellen.

Stellen Sie in solchen Fällen besser selbst durch einen Boten zu. Idealerweise beauftragen Sie als Boten einen Arbeitnehmer Ihres Unternehmens, der Ihnen im Anschluss eine Zustellquittung ausstellt. Aus der vom Arbeitnehmer auszufüllenden Zustellbescheinigung sollte Folgendes hervorgehen:

  • Dokument, das zugestellt wurde (z.B: Kündigungsschreiben an Frau/Herrn XY). Deshalb ist es sinnvoll, dass Sie dem als Boten beauftragten Arbeitnehmer das Schriftstück zeigen, bevor Sie es in den Briefumschlag stecken.
  • Tag und Uhrzeit der Zustellung.
  • Art der Zustellung (also entweder Übergabe an Frau/Herrn XY oder Einwurf in den Briefkasten).
  • Bei Einwurf in den Briefkasten: Angabe des Namens, der auf dem Briefkasten stand.
  • Name und Unterschrift des mit der Zustellung beauftragten Arbeitnehmers.

Nun gehört das Zustellen von Schriftstücken ja meistens nicht zum „Daily Business“ von Arbeitnehmern Ihres Unternehmens. Deshalb gibt es findige Juristen, die auch bei einer Zustellung durch solche Arbeitnehmer § 174 des Bürgerlichen Gesetzbuches anwenden und dem Empfänger ein Zurückweisungsrecht hinsichtlich der Kündigung geben, wenn sich aus dem Kündigungsschreiben keine Boten- bzw. Zustellvollmacht ergibt.
Wenn Sie bei einer Zustellung durch andere Arbeitnehmer findigen Juristen nicht auf den Leim gehen möchten, sollten Sie daher in Ihrer Kündigung auch schreiben, dass Sie Frau oder Herrn XY mit der Zustellung des Schreibens beauftragt haben. Anstelle eines Arbeitnehmers könnten Sie mit der Zustellung auch einen privaten Zustelldienst beauftragen. In der Praxis gibt es aber kaum private Zustelldienste, von denen Sie einen solchen Beleg erhalten. Die meisten privaten Kurierdienste stellen sogar gar nicht per Briefkasten, sondern nur zu, wenn sie den Empfänger oder einen Familienangehörigen zuhause antreffen.

Eine andere Variante ist die Zustellung per Gerichtsvollzieher. Erstens ist das aber teuer. Und zweitens können Sie den Termin, an dem der Gerichtsvollzieher zustellt, meistens nicht beeinflussen, sodass Sie Gefahr laufen, die Zustellfrist zu verpassen.

Wenn Sie Fragen hierzu haben, melden Sie sich bitte.

Wir wünschen allen unsren Abonnenten unseres Newsletters Fröhliche Weihnachten und einen Guten Rutsch in ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2018!

Bettina Steinberg Dr.    Mona Geringhoff   Lydia Voß

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