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Nachlese zu unserem Newsletter vom 29.12.2017: Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen und der Urlaubsanspruch von arbeitnehmerähnlichen Personen

Zunächst möchten wir den Leserinnen und Lesern unseres Newsletters ein gesundes, glückliches und erfolgreiches Jahr 2018 wünschen.

Beginnen möchten wir das neue Jahr mit einer Nachlese zu unserem letzten Newsletter aus 2017, in dem es wieder um das Thema Urlaub ging.

1. Vor wenigen Tagen wurde die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 17.10.2017 (Az.: 9 AZR 80/17) veröffentlicht.
In dieser Entscheidung ging es um folgende Fragen:

Wann beginnt die arbeits- oder tarifvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist für den Urlaubsabgeltungsanspruch?
Und wie wirkt sich ein Kündigungsschutzverfahren auf den Beginn solcher Ausschlussfristen aus?

Das Bundesarbeitsgericht hat die Fragen folgendermaßen beantwortet:

  • Der Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Deshalb beginnt die Ausschlussfrist ebenfalls mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
  • Die Erhebung einer Kündigungsschutzklage wahrt die Aussschlussfrist nicht.

Zur Erinnerung: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bedeutet die Erhebung einer Kündigungsschutzklage die schriftliche Geltendmachung der aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultierenden Ansprüche. Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist laut Bundesarbeitsgerichts aber kein vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhängiger Anspruch. Ganz im Gegenteil setzt der Urlaubsabgeltungsanspruch die Beendigung (und eben nicht den Fortbestand) des Arbeitsverhältnisses voraus.

Daraus folgt für die betriebliche Praxis:
Ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses unstreitig oder wird die Beendigung rechtskräftig von den Arbeitsgerichten festgestellt oder vergleichen sich die Parteien im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens auf die Beendigung gegen Zahlung einer Abfindung, läuft die arbeits- oder tarifvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist ab dem Beendigungszeitpunkt.
Ist die Beendigung streitig und stellen die Arbeitsgerichte fest, dass das Arbeitsverhältnis fortbestand, gibt es keinen Urlaubsabgeltungsanspruch.

2. Leserbrief:
Zu unserem Urlaubs-Newsletter vom 29.12.2017 hat ein Leser uns einen interessanten Kommentar geschrieben, den wir gerne mit Ihnen allen teilen möchten. Der Leserbrief betrifft das in unserem Newsletter vom 29.12.2017 besprochene Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Nicht-Verfall von Urlaubsansprüchen Scheinselbstständiger.
Der Leser hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es auch Selbstständige gibt, die Urlaubsansprüche haben. Und das sind die sogenannten arbeitnehmerähnlichen Personen. In § 2 Satz 2 des Bundesurlaubsgesetzes heißt es nämlich ausdrücklich, dass auch arbeitnehmerähnliche Personen einen Urlaubsanspruch haben.

Arbeitnehmerähnliche Personen sind Selbstständige, die wirtschaftlich von Ihrem Unternehmen abhängig sind. Eine solche wirtschaftliche Abhängigkeit liegt dann vor, wenn der Selbstständige auf die Einkünfte aus der Tätigkeit für Ihr Unternehmen angewiesen ist, um seine Existenzgrundlage zu sichern.
Entscheidend sind nach der Rechtsprechung immer die Umstände des Einzelfalls. Das Bundesarbeitsgericht hat aber auch in diesem Fall erkannt, dass der betrieblichen Praxis konkrete Rahmenbedingungen lieber als Einzelfallentscheidungen sind.
Deshalb hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 17.01.2006 (Az.: 9 AZR 61/05) gesagt, dass die in § 12a Abs. 1 Ziffer 1 a) und b) des Tarifvertragsgesetzes genannten Grundsätze im Rahmen der Gesamtschau herangezogen werden können.
In § 12a Abs. 1 Nr. 1. a) und b) des Tarifvertragsgesetzes heißt es:

    (1) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten entsprechend

    1. für Personen, die wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer  
    sozial schutzbedürftig sind (arbeitnehmerähnliche Personen), wenn sie auf Grund von
    Dienst- oder Werkverträgen für andere Personen tätig sind, die geschuldeten
    Leistungen persönlich und im wesentlichen ohne Mitarbeit von Arbeitnehmern
    erbringen und

          a) überwiegend für eine Person tätig sind oder
         
          b) ihnen von einer Person im Durchschnitt mehr als die Hälfte des Entgelts
          zusteht, das ihnen für ihre Erwerbstätigkeit insgesamt zusteht; ist dies nicht
          voraussehbar, so sind für die Berechnung, soweit im Tarifvertrag nichts anderes
          vereinbart ist, jeweils die letzten sechs Monate, bei kürzerer Dauer der Tätigkeit
          dieser Zeitraum, maßgebend,

          ...

Wenn Sie also einen freien Mitarbeiter beschäftigen, der alle Voraussetzungen für eine Selbstständigkeit erfüllt, aber wirtschaftlich von Ihnen abhängig ist, müssen Sie ihm trotz seiner Selbstständigkeit Urlaub gewähren. Tun Sie das nicht, werden Sie sich nach dem in unserem Newsletter vom 29.12.2017 besprochenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs wohl nicht auf den Verfall von Urlaubsansprüchen berufen können.

 
Wenn Sie Fragen hierzu haben, melden Sie sich bitte.


Bettina Steinberg          Dr. Mona Geringhoff          Lydia Voß

 

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