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Neues zur Verkehrssicherungspflicht von Arbeitgebern und zum Thema Sonderzahlungen

Heute soll es um zwei kurz vor der Jahreswende veröffentlichte Urteile gehen, die sich mit folgenden Themen befassen:
- Welche Pflichten haben Arbeitgeber, um das Eigentum ihrer Arbeitnehmer zu schützen?
- Wie können Arbeitgeber vertraglich zugesagte Sonderzahlungen ermessensabhängig gestalten?

1. Wie muss das Eigentum von Arbeitnehmern geschützt werden? Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 11.09.2017, Az.: 9 Sa 42/17:
In diesem Fall war Folgendes passiert:
Durch das Sturmtief "Zoran" war ein auf dem Firmenparkplatz des Arbeitgebers abgestellter Müllcontainer in Bewegung geraten, wodurch der PKW eines Arbeitnehmers beschädigt wurde.
Nun verlangte der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber Schadensersatz.
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf verurteilte den Arbeitgeber zum Schadensersatz, da der Arbeitgeber den Müllcontainer nicht so vor dem Sturm gesichert hatte, dass er nicht in Bewegung geraten und dadurch Schäden anrichten konnte. Dazu wäre der Arbeitgeber aber verpflichtet gewesen, da es sich um einen auf seinem Betriebsgelände stehenden Müllcontainer handelte und es sich beim Sturmtief "Zoran" nicht um eine aus dem Nichts kommende einzelne Windböe handelte.

Wir würden über das Urteil allerdings nicht berichten, wenn das Landesarbeitsgericht Düsseldorf nicht auch einige allgemeine Feststellungen zur sogenannten Verkehrssicherungspflicht von Arbeitgebern getroffen hätte. Und diese Feststellungen lesen sich so:

  • Arbeitnehmer sind bekanntlich verpflichtet, Schaden vom Arbeitgeber, dessen Vermögen und dessen Rechtsgütern abzuwenden.
    Umgekehrterweise haben aber auch Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht im Hinblick auf das Eigentum ihrer Arbeitnehmer.
  • Aus dieser Fürsorgepflicht folgt u.a. eine Verkehrssicherungspflicht, für die folgende Grundsätze gelten:

       -    Arbeitgeber haben die Maßnahmen zu ergreifen, die ein umsichtiger und verständiger Mensch ergreifen muss, um seine
            Arbeitnehmer vor Schäden zubewahren.
       -    Arbeitgeber sind allerdings nicht verpflichtet, jeder abstrakten Gefahr vorzubeugen.
            Eine Verkehrssicherungspflicht, die jedwede Schädigungen ausschließt, gibt es (auch für Arbeitgeber) nicht. Tätig werden
            müssen Arbeitgeber aber dann, wenn es die naheliegende Möglichkeit gibt, dass es zu Schäden kommt.
       -    Die Sicherungsmaßnahmen müssen dem Arbeitgeber außerdem zumutbar sein. Was dem Arbeitgeber zugemutet werden
            kann und was nicht, ist einzelfallabhängig zu bestimmen.
       -    Stellt der Arbeitgeber einen Firmenparkplatz zur Verfügung, hat er für dessen Verkehrssicherheit zu sorgen und die durch die
            Benutzung des Parkplatzes drohenden Gefahren auf ein zumutbares Mindestmaß zu beschränken. Besondere Umstände
            wie ein Sturm begründen eine gesteigerte Fürsorgepflicht.
       -    Steht der Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht objektiv fest, spricht ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die
            Pflichtverletzung kausal für den Schaden war.

Wenn Sie Ihren Arbeitnehmern Firmenparkplätze zur Verfügung stellen, denken Sie also an Ihre Verkehrssicherungspflichten.
Ein anderes praxisrelevantes Beispiel sind Spinde, die insbesondere Arbeitnehmern zur Verfügung gestellt werden, die Arbeitskleidung tragen und sich daher im Betrieb umziehen müssen. Auch hier kommt es immer wieder zu Diebstählen und manchmal auch zu Schadensersatzansprüchen gegen Arbeitgeber.
Auch Spinde sollten daher ausreichend gesichert werden. Da Spinde keine Tresore sind und sein können, sollten Arbeitnehmer außerdem deutlich darauf hingewiesen werden, keine Wertsachen in ihren Spinden zu deponieren.

2. Sonderzahlungen nach billigem Ermessen - geht das? Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.08.2017, Az.: 10 AZR 376/16:
Wie Sie wissen, ist es durch die aktuelle Rechtsprechung sehr schwer geworden, Sonderzahlungen unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt zu stellen, um sich nicht für die Zukunft zu binden.

Weil das so ist, war ein pfiffiger Arbeitgeber auf folgende Idee gekommen:
Er sagte die Sonderzahlung im Arbeitsvertrag zu, bestimmte aber gleichzeitig, dass die Höhe der Sonderzahlung jährlich vom Arbeitgeber festgelegt wird und derzeit ein volles Monatsgehalt nicht übersteigt.

Die Arbeitnehmer störte die Regelung viele Jahre nicht, hatten sie doch viele Jahre ein Gehalt als Sonderzahlung bekommen.
Dann aber ging es dem Arbeitgeber nicht mehr so gut und er kürzte die Sonderzahlung.
Der Arbeitnehmer bestand dagegen auf die volle Sonderzahlung und schließlich landete der Fall wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung für die Vertragsgestaltung beim Bundesarbeitsgericht.

Das Bundesarbeitsgericht entschied gegen den Arbeitnehmer und für den Arbeitgeber und begründete das folgendermaßen:

  • Das Bestimmungsrecht des Arbeitgebers wird auch nicht dadurch eingeschränkt, dass er in der Vergangenheit stets eine Sonderzahlung in einer bestimmten Höhe (im konkreten Fall eines vollen Monatsgehalts) gezahlt hat.
  • Wie auch sonst bei der Ausübung von Weisungsrechten muss der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung lediglich billiges Ermessen wahren. Da es dem Unternehmen nicht mehr gut ging, war das billige Ermessen im konkreten Fall gewahrt.


Diese Entscheidung tut gut und kann eine echte Alternative zur schwierigen Gestaltung von Freiwilligkeitsvorbehalten sein.

 
Wenn Sie Fragen hierzu haben, melden Sie sich bitte.


Bettina Steinberg          Dr. Mona Geringhoff          Lydia Voß

  • Erstellt am .