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Wann müssen Sie Betriebsräten Einsicht in die Gehaltslisten geben?

Aufgrund zwei aktueller Entscheidungen soll es heute darum gehen, wann Sie Betriebsräten Einsicht in die Gehaltslisten geben müssen.

Die Grundsätze:
Nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG sind dem Betriebsrat die Gehaltslisten zur Verfügung zu stellen, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.

Aber wann ist diese Erforderlichkeit gegeben?
Die Antwort lautet: In der Regel ist die Erforderlichkeit immer gegeben.
Dass das so ist, liegt daran, dass der Betriebsrat nach § 80 Abs. 1 Nr. 1, § 75 Abs. 1 BetrVG darüber zu wachen hat, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt und der Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt wird.

Wächter der ordnungsgemäßen Vergütung innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit kann der Betriebsrat aber nur sein, wenn er weiß, was die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer seines Betriebs verdienen.

Stellt der Betriebsrat durch seine Einsichtnahme fest, dass es keine Lohngerechtigkeit gibt, muss er nach § 75 BetrVG darauf hinwirken, dass die Lohngerechtigkeit wiederhergestellt wird. Ein unmittelbarer Anspruch des Betriebsrats auf gleiche Bezahlung folgt aus dem Einsichtsrecht beziehungsweise den daraus vom Betriebsrat gezogenen Erkenntnissen dagegen nicht.

Welche Listen sind dem Betriebsrat vorzulegen?
Die Rechtsprechung leitet aus § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ab, dass der Betriebsrat nur Einsicht in die Listen sowie Datenträgern nehmen kann, die das Unternehmen tatsächlich in Papierform oder elektronisch führt. Das Unternehmen ist also nicht verpflichtet, eigens für den Betriebsrat Listen in bestimmter Form und mit bestimmten Inhalten zu erstellen.

Wenn sich aus den Listen beziehungsweise Datenträgern nicht alle Vergütungsbestandteile der Arbeitnehmer ergeben, ist der Betriebsrat nicht schutzlos; in diesem Fall kann er die fehlenden Information als Auskunft nach § 80 Abs. 1 BetrVG verlangen.

Achtung:
Anders ist dies im Anwendungsbereich des Entgelttransparenzgesetzes. Aus § 13 Abs. 3 des Entgelttransparenzgesetzes wird nämlich geschlussfolgert, dass der Betriebsrat auch die Anfertigung von Entgeltlisten verlangen kann, die in § 13 Abs. 3 des Entgelttransparenzgesetzes genannten Kriterien enthalten. Das bedeutet, dass der Betriebsrat in Betrieben, die nach dem Entgelttransparenzgesetz auskunftspflichtig sind, fortan erklären muss, ob er sein Auskunftsverlangen auf § 80 BetrVG oder § 13 Abs. 3 EntgTransG stützt, wenn das Unternehmen keine Listen führt, die den Anforderungen von § 13 Abs. 3 EntgTranspG genügen.

Was heißt Einsichtnahme?
Einsichtnahme heißt Einsichtnahme und nicht Aushändigung der Listen. Auch Kopien der Liste kann der Betriebsrat nicht verlangen. Die Listen dürfen von ihm auch nicht abgeschrieben werden; nur Notizen sind erlaubt.

Soweit die Grundsätze. Jetzt soll es um die beiden eingangs besprochenen aktuellen Entscheidungen gehen.

In der ersten Entscheidung vom Landesarbeitsgericht Hamm vom 19.09.2017 (Az.: 7 TaBV 43/17) ging es um die Frage, ob der Arbeitgeber die Gehaltslisten dem Betriebsrat anonymisiert zur Verfügung stellen kann.

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat die Frage mit Nein beantwortet und entschieden, dass dem Betriebsrat nicht-anonymisierte Gehaltslisten zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Überprüfung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit ist laut Landesarbeitsgericht Hamm nämlich nur möglich, wenn der Betriebsrat die Gehälter auch Personen und den von den Personen wahrgenommenen Funktionen zuordnen kann.
Datenschutzrechtliche Belange stehen dem laut Landesarbeitsgericht Hamm ebenfalls nicht entgegen, auch nicht nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung im Mai diesen Jahres.
Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Hamm lässt es die Anonymisierung in Bezug auf den Betriebsrat ebensowenig nicht mit dem Entgelttransparenzgesetz, insbesondere mit § 13 Abs. 2 des Entgelttransparenzgesetzes begründen.

In der anderen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.09.2017 (Az.: 1 ABR 27/16) ging es um eine andere, aber ebenso interessante Frage, die da lautet:
Kann in einem Unternehmen mit mehreren Betrieben der Betriebsrat des einen Betriebes auch Einsicht in die Gehaltslisten der Arbeitnehmer der anderen Betriebe verlangen?
Die Frage ist deshalb berechtigt, weil der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz immer dann betriebsübergreifend gilt, wenn der Arbeitgeber die Gehaltsfindung nicht auf den einzelnen Betrieb beschränkt, sondern auf mehrere oder sogar alle Betriebe des Unternehmens erstreckt; denn dann gilt der unternehmensbezogene Gleichbehandlungsgrundsatz.

Selbst wenn der unternehmensbezogene Gleichbehandlungsgrundsatz gilt, hat der einzelne Betriebsrat laut Bundesarbeitsgericht aber kein Recht, die Gehaltslisten der Arbeitnehmer der anderen Betriebe zu verlangen. Dieses Recht steht, so das Bundesarbeitsgericht, dem Gesamtbetriebsrat zu.
Das Bundesarbeitsgericht begründet das damit, dass es ebenfalls der Gesamtbetriebsrat ist, der bei überbetrieblichen, kollektiven Vergütungssystemen nach § 87 Abs. Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hat.

Wenn Sie Fragen hierzu haben, melden Sie sich bitte.

Bettina Steinberg         Dr. Mona Geringhoff         Lydia Voß

  • Erstellt am .