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Der Mindestlohn – es geht weiter

Die Rechtsprechung beeilt sich, die offenen Fragen im Zusammenhang mit dem Mindestlohn zu beantworten.

Von den wichtigsten neuen Urteilen möchten wir Ihnen im Folgenden berichten:

1.   Können Nachtarbeitszuschläge doch auf den Mindestlohn angerechnet werden? Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 29.11.2017 (Az.: 6 Sa 620/17):
Wie Sie wissen, hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der gesetzlich vorgeschriebene Nachtarbeitszuschlag nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden kann..
Aber was ist mit Nachtarbeitszuschlägen, die nicht gesetzlich vorgeschrieben sind?
Nach Meinung des Landesarbeitsgerichts Hamm können solche Nachtarbeitszuschläge auf den Mindestlohn angerechnet werden.

Einige von Ihnen werden sich jetzt sicherlich fragen, wann Nachtarbeitszuschläge gesetzlich vorgeschrieben sind und wann nicht.
Hier die Antwort:
Nachtarbeitszuschläge sind dann gesetzlich vorgeschrieben, wenn Nachtarbeit im Sinne von § 2 Abs. 4 des Arbeitszeitgesetzes vorliegt.
Dort heißt es:

   „Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfasst.“

Nicht gesetzlich vorgeschrieben sind Nachtarbeitszuschläge also dann, wenn Arbeitnehmer zu Nachtzeiten arbeiten, ohne Nachtarbeiter im Sinne von § 2 Abs. 4 des Arbeitszeitgesetzes zu sein.Was Nachtzeit ist, ist wiederum in § 2 Abs. 3 des Arbeitszeitgesetzes definiert, wo es heißt:

   „Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.“

Da die Frage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, hat das Landesarbeitsgericht Hamm die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen

2.   Müssen auch Bereitschaftszeiten mit dem Mindestlohn vergütet werden? Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.10.2017 (Az.: 5 AZR 591/16):
Für den Branchenmindestlohn nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz hatte das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden, dass Bereitschaftszeiten mindestlohnpflichtig sind.

Für den allgemeinen Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz hat das Bundesarbeitsgericht nun entschieden, dass es dort genauso ist. Begründung des Bundesarbeitsgerichts: Mindestlohnpflichtig sind alle geleisteten Arbeitsstunden. Das wiederum sind Stunden bzw. Zeiten, in denen der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeit erbringt. Dazu gehören auch Bereitschaftszeiten, da der Arbeitnehmer während des Bereitschaftsdienstes nicht frei darüber bestimmen kann, wie er die Zeit verbringt.

3. Können Sie Zulagen auch dann auf den Mindestlohn anrechnen, wenn das Grundgehalt dem Mindestlohn entspricht? Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.10.2017 (Az.: 5 AZR 621/16):
Stellen Sie sich folgende Situation vor:
Sie zahlen einem Arbeitnehmer den Mindestlohn von aktuell EUR 8,84 pro Stunde.
Zusätzlich zahlen Sie eine Anwesenheitsprämie.

Können Sie die Anwesenheitsprämie auf den Mindestlohn anrechnen?

Nein, hat das Bundesarbeitsgericht gesagt! Eine Anrechnung von Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn ist (natürlich) nur möglich, wenn die Grundvergütung unter dem gesetzlichen Mindestlohn liegt. Ist die Grundvergütung mindestens so hoch wie der gesetzliche Mindestlohn, ist eine Anrechnung nicht möglich.

War ja eigentlich klar, war aber doch einer höchstrichterlichen Rede wert.

Dass der Arbeitgeber an einem eigentlich selbstverständlichen Punkt scheiterte, hatte vor allem mit der Vertragsgestaltung zu tun.
Der Arbeitgeber hatte es nämlich versäumt, klar zu vereinbaren, dass die Anwesenheitsprämie auf eine Erhöhung des Mindestlohns angerechnet werden kann.

Auch an diesem Fall zeigt sich also wieder, wie wichtig die Arbeitsvertragsgestaltung ist.

4. Kann ein Arbeitnehmer sich auf eine nicht-mindestlohnkonforme Ausschlussfristenregelung berufen, wenn es um Ansprüche geht, die vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes entstanden sind? Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.10.2017 (Az.: 9 AZR 80/17):
Wie Sie wissen, hat das Bundesarbeitsgericht bislang nur entschieden, dass im Anwendungsbereich von Branchenmindestlöhnen Ausschlussfristenregelungen unwirksam sind, wenn der Mindestlohn nicht ausdrücklich von der Ausschlussfrist ausgenommen wird.br />Ob das Gleiche auch für Ansprüche auf den allgemeinen Mindestlohn gilt, ist noch offen.

Entschieden wurde jetzt aber:
Macht ein Arbeitnehmer Ansprüche geltend, die vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes am 01.01.2015 entstanden sind, kann er sich nicht darauf berufen, dass die Ausschlussfrist unwirksam ist, weil sie solche Ansprüche nicht ausdrücklich ausnimmt.

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