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Wichtige Neuigkeiten für Betriebsübergänge

In seiner gerade veröffentlichen Entscheidung vom 24.08.2017 (Az.: 8 AZR 265/16) hat das Bundesarbeitsgericht eine für die betriebliche Praxis sehr wichtige Entscheidung gefällt.
Das Bundesarbeitsgericht hat nämlich endlich entschieden, wann das Widerspruchsrecht der von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer verwirkt, wenn die Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß über den Betriebsübergang informiert worden sind.

Die Antwort des Bundesarbeitsgerichts lautet: Das Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer verwirkt nach 7 Jahren, wenn das Infoschreiben nach § 613a Abs. 5 BGB gewisse Mindestanforderungen erfüllt. Zu den Mindestanforderungen gehören korrekte Informationen über

  • den Übergang des Arbeitsverhältnisses,
  • den Zeitpunkt oder geplanten Zeitpunkt für den Übergang,,
  • den Gegenstand des Betriebsübergangs,,
  • den Betriebsübernehmer und
  • das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB.

Wenn ein fehlerhaftes Infoschreiben wenigstens diese Basics korrekt wiedergibt, verwirkt das Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer also spätestens nach 7 Jahren.

Das ist zwar ein sehr langer Zeitraum, schafft aber Rechtssicherheit, da man bislang nicht sicher sagen konnte, wann das Widerspruchsrecht verwirkt, wenn es außer der schlichten Weiterarbeit der Arbeitnehmer für den Betriebserwerber keine Umstände gibt, mit denen der Arbeitnehmer sich eindeutig zu dem Betriebserwerber als seinem neuen Arbeitgeber bekennt.

Zur Berechnung der 7-Jahres-Frist hat das Bundesarbeit Folgendes festgestellt:

  • Die 7-Jahres-Frist beginnt grundsätzlich mit dem Zugang der Information und dem Ablauf der regulären Widerspruchsfrist von einem Monat.
  • Wird der Betriebsübergang allerdings erst nach der Information und dem Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist vollzogen, beginnt die 7-Jahres-Frist erst mit dem Betriebsübergang.

Damit diejenigen, die noch nicht so viel mit Betriebsübergängen zu tun hatten, das Urteil besser einordnen können, hierzu noch folgende allgemeine Hinweise:

Nach § 613a Abs. 5 BGB müssen die von einem Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang betroffenen Arbeitnehmer vom Veräußerer oder Erwerber in Textform über diverse Umstände informiert werden.
Nur wenn die Informationen ordnungsgemäß und vollständig sind, wird die einmonatige Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 BGB ausgelöst. Ist die Info nicht korrekt, wird die Widerspruchsfrist nicht ausgelöst. Arbeitnehmer können dann auch noch nach Jahren einem Betriebsübergang widersprechen, wie lange genau, wusste man bisher nicht.
Diejenigen von Ihnen, die schon mit Betriebsübergängen zu tun hatten, wissen, wie schwierig es ist, die Information über den Betriebsübergang richtig und vollständig zu erteilen. Das hat auch damit zu tun, dass die Rechtsprechung die Informationspflichten über den Gesetzeswortlaut von § 613a Abs. 5 BGB hinaus kontinuierlich erweitert hat (z.B. in Bezug auf Haftungsregelungen und anderes mehr).
Hinzu kommen Situationen, in denen es selbst für Profis schwer ist, die rechtlichen, insbesondere die arbeitsvertraglichen Folgen des Betriebsübergangs für die Arbeitnehmer korrekt zu beschreiben; das gilt z.B. für Konstellationen, in denen der Betriebserwerber an andere Tarifverträge als der Betriebsveräußerer gebunden ist.

Wenn man nicht sehr, sehr sorgfältig arbeitet, läuft man daher immer Gefahr, dass solche Informationen an der einen oder anderen Stelle fehlerhaft sind.

Deshalb betrifft das Urteil nicht wenige, sondern viele Fälle.

Das gilt umso mehr, als dass es in vielen Fällen so ist, dass es außer der Weiterarbeit der Arbeitnehmer für den Betriebserwerber keine sonstigen Ereignisse gibt, mit denen die Arbeitnehmer sich eindeutig zum Betriebserwerber als ihrem neuen Arbeitgeber bekennen (z.B. indem sie mit dem Betriebserwerber eine Vereinbarung abschließen, mit dem sie ihr Arbeitsverhältnis auf eine völlig neue rechtliche Grundlage stellen).

Von daher ist das Urteil jetzt wenigstens ein Rettungsanker für fehlerhafte Informationen, die es aus den genannten Gründen zu Hauf gibt.

Auf die leichte Schulter nehmen sollte man die Information der Arbeitnehmer aber auch jetzt nicht. Denn erstens sind 7 Jahre ein sehr langer Zeitraum. Und zweitens muss die Information laut Bundesarbeitsgericht ja gewissen Mindestanforderungen genügen. Eine dieser Mindestanforderungen ist der Gegenstand des Betriebsübergangs. Wenn Sie also z.B. vergessen, Ihre Arbeitnehmer darüber aufzuklären, dass wichtige "Assets" nicht auf den Betriebserwerber, sondern auf dessen ausländische Muttergesellschaft übertragen werden (so geschehen im legendären Siemens/BenQ-Fall), werden Sie den Mindestanforderungen wohl nach wie vor nicht gerecht werden.

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