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Neues zu Aufhebungsverträgen und Elternteilzeit

Es gibt neue Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Aufhebungsverträgen und Teilzeiten während der Elternzeit. 

1. Aufhebungsverträge

In seinem gerade im Volltext veröffentlichten Urteil vom 07.02.2019 (Az.: 6 AZR 75/18) hat das Bundesarbeitsgericht zwei Neuigkeiten verkündet:

Erste Neuigkeit: Aufhebungsverträge, die außerhalb der Geschäftsräume geschlossen werden, können nicht nach § 355 BGB widerrufen werden. Demnach besteht auch für Aufhebungsverträge, die beispielsweise in der Wohnung des Arbeitnehmers geschlossen werden, kein gesetzliches Widerrufsrecht. 

Damit hat das Bundesarbeitsgericht einen Meinungsstreit beendet, der in der betrieblichen Praxis für Verunsicherung gesorgt hat. 

Zweite Neuigkeit: Aufhebungsverträge unterliegen dem Gebot fairen Verhandelns. Das Gebot fairen Verhandelns leitet das Bundesarbeitsgericht aus § 241 Absatz 2 BGB (Rücksichtnahmepflicht) ab. 

Aber wann sind Verhandlungen nicht mehr fair? 

Hier nennt das Bundesarbeitsgericht beispielhaft:

  • Überrumplung des Arbeitnehmers bei den Vertragsverhandlungen, z. B. weil die Verhandlungen zu ungewöhnlichen Zeiten oder an ungewöhnlichen Orten stattfinden. Aber Achtung: Wenn dem Arbeitnehmer keine Bedenkzeit eingeräumt wurde, ist das laut Bundesarbeitsgericht noch keine Überrumplung. 
  • Schaffung einer psychischen Drucksituation, die eine freie und überlegte Entscheidung des Arbeitnehmers erschwert oder sogar unmöglich macht.
  • Schaffung besonders unangenehmer Rahmenbedingungen, durch die der Arbeitnehmer stark abgelenkt wird oder die sogar einen Fluchtinstinkt in ihm wecken. 
  • Ausnutzung von erkennbaren körperlichen oder psychischen Schwächen. 
  • Ausnutzung unzureichender Sprachkenntnisse.

Letztlich muss laut Bundesarbeitsgericht immer der Einzelfall darüber entscheiden, ob das Gebot fairen Verhandelns verletzt wurde. 

Auf der Rechtsfolgenseite geht das Bundesarbeitsgericht ebenfalls interessante Wege: 
Hat der Arbeitgeber das Fairnessgebot schuldhaft verletzt, hat er sich schadensersatzpflichtig gemacht. Die Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers führt aber nicht etwa dazu, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages hat, wie man es nach dem schadensersatzrechtlichen Grundsatz der Naturalrestitution hätte erwarten können. Vielmehr lässt der Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen das Fairnessgebot den Aufhebungsvertrag unmittelbar entfallen und das ursprüngliche Arbeitsverhältnis wieder aufleben. 

Damit hat das Bundesarbeitsgericht eine neue Prüfungskategorie bei Aufhebungsverträgen geschaffen, die in Zukunft zu weiteren Auseinandersetzungen über die Wirksamkeit von Aufhebungsverträgen führen wird. 

 
2. Teilzeit während der Elternzeit

In seiner ebenfalls gerade erst veröffentlichten Entscheidung vom 11.12.2018 (Az.: 9 AZR 298/18) hat das Bundesarbeitsgericht die Arbeitgeber bei der Teilzeit während der Elternzeit vor neue Herausforderungen gestellt. 

Es hat nämlich entschieden, dass Arbeitgeber, die die Elternteilzeit ablehnen, sich in einer späteren gerichtlichen Auseinandersetzung nur auf solche Ablehnungsgründe stützen können, die sie dem Arbeitnehmer bereits in ihrem form- und fristgerechten Ablehnungsschreiben nach § 15 Absatz 7 Satz 4 BEEG mitgeteilt hatten. Die Entscheidung erging zwar zu § 15 BEEG in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung, für den aktuellen und insoweit unveränderten § 15 BEEG kann aber nichts anderes gelten. 

Das ist deshalb misslich, weil die schriftliche Ablehnung der Elternzeit nach § 15 Absatz 7 Satz 4 BEEG bereits vier Wochen nach Eingang des Teilzeitantrages erfolgen muss. 

Gerade in den Fällen, in denen Anträge auf Teilzeit während der Elternzeit weit im Voraus gestellt werden, laufen Arbeitgeber daher Gefahr, dass sie mutmaßliche Ablehnungsgründe im Ablehnungsschreiben nicht mitgeteilt haben und auch noch gar nicht mitteilen konnten. Nach Meinung des Bundesarbeitsgerichts ist es aber sachgerecht, den Arbeitgebern dieses Prognoserisiko aufzuerlegen. 

Wenn Sie eine Elternteilzeit zu Unrecht abgelehnt haben, wird der Arbeitnehmer so gestellt, als wenn er in Teilzeit gearbeitet hätte. Die Teilzeitvergütung muss also nachgezahlt werden, und zwar auch dann, wenn die Elternzeit mittlerweile zu Ende ist. 

Sollten Sie Fragen hierzu haben, sprechen Sie uns gerne an.

 
Bettina Steinberg          Dr. Mona Geringhoff          Lydia Voß

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