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Verjährung von Urlaubsansprüchen im Lichte der neuen Rechtsprechung

In unseren Newslettern vom 19.02.2019 und vom 09.07.2019 hatten wir bereits über die aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur neuen Initiativlast des Arbeitgebers bei der Gewährung von Urlaubsansprüchen (BAG 19.02.2019 [Az: 9 AZR 423/16]) berichtet.

Zur Erinnerung:
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 6.11.2018 und der o.g. Entscheidung des BAG setzt der mögliche Verfall von Urlaubsansprüchen voraus, dass der Arbeitgeber seinen Hinweisobliegenheiten nachgekommen ist. Denn bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 7 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) kann der Verfall von Urlaub in der Regel nur eintreten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt.

Das im Gesetz vorgesehene Fristenregime, insbesondere der Grundsatz „Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr“, greift jetzt also erst, wenn Sie Ihren arbeitgeberseitigen Unterrichtungspflichten nachgekommen sind. Solange das nicht passiert, greifen die gesetzlichen Regelungen, die zum Verfall der Urlaubsansprüche führen, nicht ein.

Das wirft nun ganz neue Fragen auf, insbesondere zur Verjährung von Urlaubsansprüchen.

Während für die Urlaubsabgeltung und den nach der neuen Rechtsprechung obsolet gewordenen Ersatzurlaubsanspruch klar ist, dass diese Ansprüche der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei vollen Kalenderjahren unterliegen, ist das im Falle des Urlaubsanspruchs nicht ganz so eindeutig.

Während teilweise angenommen wurde, dass der Verlust des Urlaubsanspruchs in § 7 BurlG abschließend geregelt ist, so dass für die Anwendung der Verjährungsregelungen kein Raum mehr bliebe, hat sich das Landesarbeitsgericht Düsseldorf für die Möglichkeit der Verjährung ausgesprochen.

Bislang war das jedoch ein rein dogmatischer Streit; praktisch stellte sich die Frage der Verjährung nämlich so gut wie nie, da sich der Verfall des Urlaubsanspruchs (selbst bei langzeiterkrankten Mitarbeitern) früher ausgewirkt hat, als es die Verjährung hätte tun können.

Das wird sich nun ändern!

Da davon auszugehen ist, dass so gut wie kein Arbeitgeber der vom BAG verlangten Unterrichtungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist, ist der Verfall von vergangenen Urlaubsansprüchen nicht eingetreten.

Es bleibt daher abzuwarten, wie sich das BAG nun positionieren wird.

In einer ganz aktuellen Entscheidung vom 19.03.2019 (Az.: 9 AZR 881/16) lässt das Bundesarbeitsgericht die Frage der Verjährung ausdrücklich offen. In dem konkreten Fall war es nämlich so, dass der Arbeitgeber die nicht in Anspruch genommenen Urlaubstage der Vorjahre in der Gehaltsabrechnung fortlaufend ausgewiesen hatte, ohne einen eventuellen Verfall, die Verjährung oder irgendeinen anderen Grund für die Kürzung des Urlaubsanspruchs zu berücksichtigen.

Das BAG sah darin ein die Verjährung hemmendes Anerkenntnis der Ansprüche, so dass – wenn die Urlaubsansprüche überhaupt der Verjährung unterliegen – diese mit jeder Gehaltsabrechnung neu beginnen würde.

Deshalb unser Hinweis:
Achten Sie unbedingt darauf die Gehaltsabrechnungen Ihrer Mitarbeiter auf Vordermann zu bringen und führen Sie nur die Urlaubstage auf, die Sie zu gewähren bereit sind.

Das gilt natürlich insbesondere in den Fällen, in denen die Unterrichtungspflicht mit Hilfe der Gehaltsabrechnung erfüllt werden soll.

Denn während es in dem vom BAG entschiedenen Fall immerhin noch so war, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit gehabt hätte, die Anzahl der Urlaubstage zu bestreiten (weil es sich um eine reine Wissenserklärung und daher ein lediglich verjährungshinderndes Anerkenntnis gehandelt hat), würde die Kombination aus Unterrichtung und Nennung von Urlaubstagen nach unserer Ansicht zu einem schuldrechtlichen Anerkenntnis führen mit der Folge, dass es dem Arbeitgeber nicht möglich wäre, den selbst gesetzten Anschein zu widerlegen.

Die neueste Urlaubs- und Arbeitszeitrechtsprechung des europäischen Gerichtshofs wirft Fragen über Fragen auf, bei denen die betriebliche Praxis nach Lösungen sucht.

Für diejenigen, die bei diesen "heißen Eisen" auf dem Laufenden bleiben wollen, haben wir kurzerhand einen Workshop Spezial konzipiert, in dem wir Sie auf den aktuellen Diskussionsstand bringen und gemeinsam mit Ihnen die passenden Lösungen für Ihr Unternehmen entwickeln möchten.

Schwerpunkte der Veranstaltung werden u.a. sein:

Beim Urlaub:
  • Wie können Unternehmen mit der neuen Initiativlast bei der Urlaubsgewährung ohne viel Verwaltungsaufwand umgehen?
  • Was passiert mit den Urlaubsansprüchen, wenn Unternehmen ihrer Initiativlast bei der Urlaubsgewährung nicht nachkommen? Insbesondere: Können Urlaubsansprüche dann überhaupt noch verfallen oder verjähren?
  • Für welche Zeiten des „Nichtarbeitens“ gibt es nach aktueller Rechtsprechung Urlaub und für welche nicht?
  • Welchen Einfluss haben Gehaltsabrechnungen nach brandaktueller Rechtsprechung auf Urlaubsansprüche?
  • Was Unternehmen können tun, um die für sie nachteiligen Folgen wenigstens auf den gesetzlichen Mindesturlaub zu beschränken?
  • Wie können Unternehmen die Vererbbarkeit von Urlaubsansprüchen beschränken?
Bei der Arbeitszeit:
  • Ab wann gelten die vom Europäischen Gerichtshof postulierten Aufzeichnungspflichten?
  • Wie setzen Unternehmen die Aufzeichnungspflichten am besten um?
    Insbesondere: Können Unternehmen die Aufzeichnungspflicht auf die Arbeitnehmer delegieren? Ginge das beispielsweise auch mit Hilfe einer App?
  • Was wird aus der Vertrauensarbeitszeit?
  • Was besagt die aktuelle Rechtsprechung zur Behandlung von Reisezeiten?
  • Wie können Unternehmen die Vergütung von Reisezeiten wirksam beschränken?
  • Wie sollte man nach aktueller Rechtsprechung mit Überstunden umgehen?
    Und wie grenzt man Überstunden von Gleitzeitguthaben ab?
  • Und schließlich: Warum ist die Überschreitung der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeit neuerdings so gefährlich geworden?

Über all diese Themen und noch viel mehr möchten wir mit Ihnen am 08. November 2019, von 9:30 Uhr bis ca. 15:00 Uhr diskutieren.
Veranstaltungsort ist der Kaiser-Wilhelm-Ring 3-5 in 50672 Köln.

Der Preis für die Teilnahme beläuft sich auf € 390,00 plus USt. pro Person.
Im Preis inbegriffen ist wie immer eine ausführliche Schulungsunterlage sowie ein Mittagsimbiss.

Alles Weitere, auch zu den zu besprechenden Themen können Sie der Übersicht zu Veranstaltung entnehmen, die Sie wie gewohnt gleichzeitig als Anmeldung benutzen können. Alle Infos finden Sie natürlich auch auf unserer Webseite.  
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