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Müssen auch langzeitkranke Arbeitnehmer auf bestehende Urlaubsansprüche hingewiesen werden?

Am 19.02.2019 (Az.: 9 AZR 423/16) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer neuerdings auf die noch bestehenden Urlaubsansprüche hinweisen müssen. Über diese Rechtsprechung hatten wir bereits in unseren Newslettern vom 19.02.2019 und 13.06.2019 berichtet.

Aber was gilt für langzeitkranke Arbeitnehmer?

Die Meinungen sind geteilt:

  • Das Landesarbeitsgericht Hamm hat in seinem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 24.07.2019 (Az.: 5 Sa 676/19) entschieden: 
    Die Informationspflicht besteht solange nicht, solange Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt sind. Belehren müssen Arbeitgeber kranke Arbeitnehmer erst, wenn diese wieder gesund sind.
     
  • Anders sieht es das Arbeitsgericht Berlin in seinem jetzt veröffentlichten Urteil vom 13.06.2019 (Az.: 42 Ca 3229/19). Nach Meinung des Arbeitsgerichts Berlin besteht die Informationspflicht grundsätzlich auch während einer Arbeitsunfähigkeit.

Die unterschiedlichen Meinungen wirken sich vor allem dann aus, wenn die Arbeitnehmer vor Ablauf der Verfallfristen nicht mehr gesund werden:
Nach der vom Landesarbeitsgericht Hamm vertretenen Auffassung verfällt der Urlaub auch ohne Information über noch bestehende Urlaubsansprüche.
Nach Meinung der Berliner Richter tritt der Verfall alleine deshalb nicht ein, weil der Arbeitnehmer nicht vor dem Verfall auf seine Urlaubsansprüche hingewiesen worden ist.

Wird der Arbeitnehmer dagegen beispielsweise Anfang Dezember gesund, kommen beide Entscheidungen zum gleichen Ergebnis:
Nach Meinung der Berliner Richter besteht die Informationspflicht ja sowieso. Und auch nach Meinung des Landesarbeitsgerichts Hamm müssten Sie den Arbeitnehmer dann unmittelbar nach seiner Genesung auf seine noch bestehenden Urlaubsansprüche hinweisen, damit er diese noch rechtzeitig vor dem drohenden Verfall am 31.12. realisieren kann.

Das letzte Wort wird auch hier das Bundesarbeitsgericht haben.

Bis dahin sollten Sie auf Nummer sicher gehen und auch arbeitsunfähige Arbeitnehmer auf den Verfall der Urlaubsansprüche hinweisen. Wenn man bedenkt, dass sich Urlaub, der bis zum 31.12. nicht genommen werden konnte, auf das 1. Quartal des Folgejahres und bei Langzeiterkrankungen sogar auf das 1. Quartal des übernächsten Jahres überträgt, müssen Sie gegebenfalls sogar mehrfach informieren. Toll, Berlin!

Wenn Sie mehr zum neuen Urlaubsrecht wissen möchten, laden wir Sie herzlich zu unserem Workshop "Update Daily Business, Teil 2" am 27.03.2020 ein.

Alle weiteren Workshops finden Sie hier.


Bettina Steinberg          Dr. Mona Geringhoff          Lydia Voß 

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