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Arbeitsrechtliches Update zur Corona-Krise vom 29.10.2020

Deutschland hat entschieden: Die rasant steigenden Infektionszahlen sollen durch einen zeitlich befristeten Lockdown reduziert werden. Der Lockdown soll kommenden Montag, den 02.11.2020 beginnen und bis Ende November dauern.

Anders als im Frühjahr sollen Schulen, Kindergärten und Geschäfte unter Einhaltung von wieder strengeren Hygieneregeln offen bleiben. So wurde für Geschäfte unter anderem beschlossen, dass sich nicht mehr als ein Kunde pro 10 qm Verkaufsfläche im Geschäft aufhalten darf und Maßnahmen zur Vermeidung von Warteschlangen ergriffen werden müssen.

Alle Einzelheiten des November-Lockdowns können Sie der Pressemitteilung der Bundesregierung entnehmen, die Sie hier finden.

In arbeitsrechtlicher Hinsicht wichtig sind folgende Maßnahmen:

  • Schließung von Institutionen und Einrichtungen der Freizeitgestaltung, von Gastronomiebetrieben und Betrieben im Bereich Körperpflege (mit Ausnahme medizinisch notwendiger Behandlungen und Friseursalons) sowie Verbot von Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen. Diese Betriebe werden also wieder in "Kurzarbeit Null" gehen müssen.
    Im Gegenzug werden diese schon durch den ersten Lockdown im Frühjahr arg gebeutelten Betriebe weitere Finanzhilfen erhalten, die Sie in Ziffer 11. und 12. des gestern beschlossenen Punkteplans nachlesen können.

  • Arbeitgeber sind aufgefordert, ihre Arbeitnehmer vor Infektionen zu schützen und entstandene Infektionsketten schnell zu identifizieren. Jedes Unternehmen muss daher "auf Grundlage einer angepassten Gefährdungsbeurteilung sowie einer betrieblichen Pandemieplanung ein Hygienekonzept umsetzen und angesichts der gestiegenen Infektionszahlen auch nochmals anpassen".
    Das alles mit dem Ziel, nicht erforderliche Kontakte in der Belegschaft und mit Kunden zu vermeiden, allgemeine Hygienemaßnahmen umzusetzen und Infektionsrisiken bei erforderlichen Kontakten durch besondere Hygiene- und Schutzmaßnahmen zu minimieren.
    Bund und Länder fordern die Unternehmen in ihrem Beschluss eindringlich auf, Heimarbeit oder mobiles Arbeiten zuhause zu ermöglichen, wo immer das möglich ist.

Die Umsetzung der gestern beschlossenen Maßnahmen ist wie gewohnt Ländersache. Es ist also damit zu rechnen, dass alle Bundesländer ihre Corona-Schutzverordnungen kurzfristig anpassen werden, damit die Maßnahmen wie geplant ab dem 02.11.2020 greifen können.

Die aktuellen Corona-Schutzverordnungen finden Sie auf der Homepage der jeweiligen Landesregierungen. Schauen Sie in den nächsten Tagen dort also noch einmal nach und informieren Sie sich über die in Ihrem Bundesland geltenden Maßnahmen.

Um der Pandemie besser begegnen zu können, wurde auch ein Gesetzesentwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes erarbeitet, den Sie hier finden.

In arbeitsrechtlicher Hinsicht sind hier insbesondere die beabsichtigten Änderungen bei dem in § 56 Infektionsschutzgesetz verankerten Entschädigungsanspruch relevant.
Nach Artikel 1 Nr. 17 des Gesetzesentwurfs sollen § 56 Absatz (1) und (1a) des Infektionsschutzgesetzes in Zukunft lauten (die Änderungen haben wir in roter Schrift für Sie markiert):

§ 56 Entschädigung
 
(1) Wer auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, erhält eine Entschädigung in Geld. Das Gleiche gilt für Personen, die als Ausscheider, Ansteckungsverdächtige oder Krankheitsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen können. Eine Entschädigung nach den Sätzen 1 und 2 erhält nicht, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde oder durch Nichtantritt einer vermeidbaren Reise in ein bereits zum Zeitpunkt der Abreise eingestuftes Risikogebiet, ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können. Eine Reise ist im Sinne des Satzes 3 vermeidbar, wenn zum Zeitpunkt der Abreise keine zwingenden und unaufschiebbaren Gründe für die Reise vorlagen.
 
(1a) Eine erwerbstätige Person erhält eine Entschädigung in Geld, wenn
1. Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen von der zuständigen Behörde zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten auf Grund dieses Gesetzes vorübergehend geschlossen werden oder deren Betreten, auch aufgrund einer Absonderung, untersagt wird,
2. die erwerbstätige Person ihr Kind, das das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist, in diesem Zeitraum selbst beaufsichtigt, betreut oder pflegt, weil sie keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit sicherstellen kann, und
3. die erwerbstätige Person dadurch einen Verdienstausfall erleidet.
Anspruchsberechtigte haben gegenüber der zuständigen Behörde, auf Verlangen des Arbeitgebers auch diesem gegenüber, darzulegen, dass sie in diesem Zeitraum keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherstellen können. Ein Anspruch besteht nicht, soweit eine Schließung ohnehin wegen der Schul- oder Betriebsferien erfolgen würde. Im Fall, dass das Kind in Vollzeitpflege nach § 33 des Achten Buches Sozialgesetzbuch in den Haushalt aufgenommen wurde, steht der Anspruch auf Entschädigung den Pflegeeltern zu.

Die Änderungen besagen:

  • Eine Entschädigung wegen einer Quarantäne ist in Zukunft ausdrücklich ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer eine vermeidbare Reise in ein Gebiet unternommen hat, das zum Zeitpunkt der Abreise als Risikogebiet eingestuft war.

    Wie Sie aus unseren früheren Corona-Updates wissen, spricht allerdings auch nach dem bisherigen Gesetzeswortlaut einiges dafür, dass Arbeitnehmern in diesem Fall kein Entschädigungsanspruch zusteht. Den Link zu unserem Corona-Update vom 28.08.2020 finden Sie hier. Arbeitgeber müssen solche Quarantänen ebenfalls nicht zahlen.

  • Fortan sollen Arbeitnehmer, die die in Absatz (1a) genannten Personen betreuen müssen, auch dann entschädigt werden, wenn die zu betreuende Person in Quarantäne ist.

Der Entschädigungsanspruch nach Absatz (1a) soll bis zum 31.03.2021 bestehen, wie sich aus Artikel 2 in Verbindung mit Artikel 7 Abs. 2) des Gesetzesentwurfs ergibt.

Über die gerade besprochenen Änderungen von § 56 Infektionsschutzgesetz hinaus, verfolgt der Gesetzesentwurf ausweislich der Gesetzesbegründung folgende Ziele (wörtlich zitiert):

  • Die bislang in § 5 Absatz 2 IfSG vorgesehenen Regelungen zum Reiseverkehr werden für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite in § 36 IfSG zusammengeführt und u. a. dahingehend angepasst, dass insbesondere auch eine digitale Einreiseanmeldung nach Aufenthalt in Risikogebieten verordnet werden kann, um eine bessere Überwachung durch die zuständigen Behörden zu ermöglichen. Der Begriff des Risikogebiets wird legaldefiniert.

  • Beim RKI werden neuartige Surveillance-Instrumente wie eine virologische und syndromische Surveillance vorgesehen. Dagegen wird von der bislang nicht umgesetzten nichtnamentlichen Meldepflicht in Bezug auf eine SARS-CoV-2-Infektion zu Gunsten der Konzentration auf die namentliche Positivmeldung Abstand genommen.

  • Die im „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ angestrebte Stärkung der Digitalisierung des ÖGD soll durch ein Förderprogramm des Bundes und eine Unterstützung im Bereich zentraler Dienste umgesetzt werden. Das elektronische Melde- und Informationssystem (DEMIS) nach § 14 IfSG setzt eine nach bundesweit einheitlichen Maßstäben strukturierte, aufbereitete und vorgehaltene Datenverarbeitung sowie die für die übergreifende Nutzung dieser Datenbasis erforderliche Bund-Länder-übergreifende Betriebsinfrastruktur voraus. Die meldepflichtigen Labore werden verpflichtet, künftig eine SARS-CoV-2-Meldung über dieses System vorzunehmen. Auch in Bezug auf weitere Meldepflichten und Meldepflichtige wird eine solche Pflicht schrittweise bis Ende 2022 eingeführt.

  • Auch Flughäfen und Häfen mit Kapazitäten nach Anlage 1 Teil B der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) sollen durch ein Förderprogramm des Bundes unterstützt werden, um die ihnen nach den IGV obliegenden Verpflichtungen umsetzen zu können.

  • Um vorhandene Testkapazitäten umfassend nutzen zu können, wird der Arztvorbehalt nach § 24 IfSG in Bezug auf patientennahe Schnelltests auf das Coronavirus SARS-CoV-2 und auf die Nutzbarkeit veterinärmedizinischer Laborkapazitäten entsprechend angepasst.

  • Bisherige Erfahrungen während der Pandemielage machen des Weiteren Anpassungen der Vorschriften zum Vollzug des IfSG durch die Bundeswehr notwendig.

  • Mit einer Neufassung von § 57 Absatz 2 Satz 1 IfSG wird klargestellt, dass im Rahmen dieses Gesetzes auch eine Pflicht zur Leistung der für die Teilnahme an den Umlageverfahren U1, U2 und U3 zu entrichtenden Umlagen fortbesteht.

  • Im SGB V wird darüber hinaus geregelt, dass, soweit dies im Rahmen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite erforderlich ist, sowohl in Bezug auf Schutzimpfungen als auch in Bezug auf Testungen nicht nur Versicherte, sondern auch Nichtversicherte einen entsprechenden Anspruch haben können, wenn eine entsprechende Rechtsverordnung des BMG dies vorsieht. Die Rechtsverordnung kann für die entsprechenden Leistungen auch Regelungen u. a. zur Vergütung und Abrechnung vorsehen.

 
Wie immer halten wir Sie natürlich über alle wichtigen Neuerungen auf dem Laufenden!

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