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Welche Unterlagen gehören dem Arbeitgeber?

In dem kürzlich veröffentlichten Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 17.09.2020 (Az.: 17 Sa 8/20) ging es um die Frage, welche Unterlagen bzw. Dateien dem Arbeitgeber gehören und von Arbeitnehmer:innen im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses herauszugeben sind.
 
Passiert war Folgendes:

Der Arbeitgeber führte mit einem Arbeitnehmer ein Trennungsgespräch, in dem er dem Arbeitnehmer den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung anbot.

Daraufhin löschte der Arbeitnehmer (wohl aus reiner „Frackigkeit“, weil ihm die Konditionen der Aufhebungsvereinbarung nicht gefielen), fast alle Daten und Dateien auf dem PC des Arbeitgebers.

Der Arbeitgeber nahm das zum Anlass, das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht, zu kündigen.
 
In dem anschließenden Kündigungsschutzverfahren wandte der Arbeitnehmer u. a. ein, dass es sich bei vielen gelöschten Daten um von ihm erstellte Entwürfe o. ä. und daher „seine“ Daten handele.
 
Dem hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg widersprochen und die fristlose Kündigung für wirksam erklärt.
 
In Bezug auf Unterlagen, Daten und Dateien haben die baden-württembergischen Landesarbeitsrichter folgende praxisrelevante Feststellungen getroffen:

a) Auch ohne vertragliche Vereinbarung steht dem Arbeitgeber ein Anspruch auf Herausgabe der (digitalen) Unterlagen zu, die Arbeitnehmer:innen erstellt oder von Dritten erlangt haben; dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 667 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

b) Nach § 667 BGB sind Arbeitnehmer:innen wie ein Beauftragter verpflichtet, dem Arbeitgeber alles, was sie zur Ausführung der ihnen übertragenen Arbeiten erhalten und erlangt haben, herauszugeben. Diese auftragsrechtlichen Grundsätze sind auch auf Arbeitsverhältnisse anwendbar.

c) Von der Herausgabepflicht erfasst sind insbesondere folgende Unterlagen:

  • Unterlagen, die den Arbeitnehmer:innen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt worden sind.
  • Unterlagen, die Arbeitnehmer:innen während des Arbeitsverhältnisses, beispielsweise durch einen Schriftverkehr mit Dritten, erlangt haben.
  • Unterlagen, die von Arbeitnehmer:innen im Zusammenhang mit der Tätigkeit für den Arbeitgeber selbst angelegt wurden. Ausnahmen sind lediglich private Aufzeichnungen der Arbeitnehmer:innen ohne dienstlichen Bezug.

Sämtliche Daten und Dateien in sämtlichen „Bearbeitungsstadien“, auch Entwürfe oder Vorkorrespondenzen, sind daher Unterlagen des Arbeitgebers und nicht der Arbeitnehmer:innen.

d) Das unbefugte, vorsätzliche Löschen betrieblicher Daten ist ein wichtiger Grund, der den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen kann. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich Arbeitnehmer:innen durch das Löschen nach § 303a oder § 303b des Strafgesetzbuches strafbar gemacht haben. Es kommt auch nicht darauf an, ob und mit welchem Aufwand die gelöschten Daten wiederhergestellt werden können und ob und in welchem Umfang der Arbeitgeber die Daten noch tatsächlich benötigt. Es gehört nämlich zu den vertraglichen Nebenpflichten der Arbeitnehmer:innen nach § 241 Absatz 2 BGB, dass sie dem Arbeitgeber den Zugriff auf betriebliche Dateien nicht verwehren bzw. unmöglich machen. Ob eine verhaltensbedingte Kündigung wegen des Löschens von Daten auch der Interessenabwägung standhält, ist wie immer eine Frage des Einzelfalls.

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