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Maskenpflicht am Arbeitsplatz - Wie umgehen mit ärztlichen Maskenverboten

Durch die neue Corona-Arbeitsschutzverordnung gibt es unter den dort genannten Voraussetzungen jetzt auch eine echte Rechtspflicht zum Tragen von medizinischen Masken (OP-Masken, FFP2-Masken oder die in der Verordnung genannten vergleichbaren Masken) in privatwirtschaftlichen Betrieben.

Zur Erinnerung: Eine Maskenpflicht im Betrieb besteht nach § 3 der Corona-Arbeitsschutzverordnung, wenn

  • mehrere Personen in einem Raum zusammenkommen und andere Maßnahmen nicht eingehalten werden können (vgl. konkret § 2 Corona-ArbSchVO),
  • der Mindestabstand von 1,5 m nicht gewahrt werden kann oder
  • bei den ausgeführten Tätigkeiten mit Gefährdung durch erhöhten Aerosolausstoß zu rechnen ist.

Für Arbeitnehmer:innen, die in öffentlichen Gebäuden tätig sind, ergeben sich dementsprechende Verpflichtungen aus den jeweiligen Corona-Schutzverordnungen der Bundesländer.

Da die Maskenpflicht im Sinne einer echten Rechtspflicht nun auch in der Privatwirtschaft Einzug gehalten hat, werden sich die Fälle häufen, in denen Arbeitnehmer:innen dem Unternehmen ein Attest mit einem Maskenverbot vorlegen. In unserem heutigen Newsletter soll es daher darum gehen, was Arbeitgeber in solchen Fällen tun können oder sogar tun müssen.

Welchen Beweiswert haben ärztlich attestierte Maskenverbote?

In den meisten Fällen sagen die ärztlichen Bescheinigungen schlicht, dass es der/dem Beschäftigten aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist, eine (medizinische) Maske zu tragen.

Sowohl das Arbeitsgericht Siegburg (Urteil vom 16.12.2020, Az.: 4 Ga 18/20) als auch das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 15.10.2020, Az.: 42 Ga 13034/20) haben entschieden, dass eine ärztliche Bescheinigung mit einer solch schlichten Aussage nicht genügt.

Nach Meinung beider Arbeitsgerichte gilt vielmehr:

Die Befreiung von der Maskenpflicht muss in der ärztlichen Bescheinigung konkret und nachvollziehbar begründet werden. 

Die ärztliche Bescheinigung muss für den Arbeitgeber also nachvollziehbar darlegen, warum der/die Arbeitnehmer:in keine Maske tragen kann.

Solange das nicht der Fall ist, müssen sich Arbeitgeber nicht auf ein Maskenverbot einlassen. Arbeitnehmer:innen, die trotzdem der Arbeit fernbleiben, müssen nicht bezahlt werden ("ohne Arbeit kein Lohn") und riskieren eine Abmahnung.

Daraus folgt: Ärztliche Bescheinigungen über ein Maskenverbot haben als solches keinen Beweiswert. Einen Beweiswert haben solche Bescheinigungen nur dann, wenn in der Bescheinigung konkret und nachvollziehbar erläutert wird, warum ein Maskenverbot besteht.

Arbeitergeber, die eine nichtssagende ärztliche Bescheinigung über ein Maskenverbot erhalten, können die Bescheinigung daher zurückweisen und die/den Beschäftigten auffordern, ein aussagekräftiges Attest mit dem zuvor beschriebenen Inhalt vorzulegen. Solange das nicht der Fall ist, muss die/der Arbeitnehmer:in arbeiten oder fehlt unentschuldigt.

Was können Arbeitgeber tun, wenn ein konkret und nachvollziehbar begründetes Maskenverbot ärztlich bescheinigt wird?

Legt die/der Arbeitnehmer:in ein aussagekräftiges Attest vor, müssen Unternehmen prüfen, ob die/der Arbeitnehmer:in auch ohne Maske so eingesetzt werden kann, dass der Gesundheitsschutz gewährleistet wird. Dies folgt aus der Fürsorgepflicht von Arbeitgebern.

Arbeitgeber müssen daher z. B. folgende Möglichkeiten prüfen:

  • Arbeitgeber müssen daher z. B. folgende Möglichkeiten prüfen:
  • Arbeit im Homeoffice – falls dies möglich ist, sind Arbeitgeber durch die Corona-ArbSchVO ohnehin dazu verpflichtet, das Arbeiten zu Hause anzubieten,
  • Trennwände zwischen Arbeitsplätzen durch etwa Plexiglasscheiben,
  • Zuweisung eines Einzelbüros,
  • Feste, versetzte Zeiten für Arbeitsbeginn und -ende zur Vermeidung von Kontakten,
  • Betretungsverbot für unverzichtbare Gemeinschaftsräume wie Kantine und Sozialräume,
  • Verstärkung der bestehenden Hygienepflichten wie Desinfektion und Lüften,
  • ggf. auch: Klärung mit dem behandelnden Arzt, ob das Tragen einer Maske für kurze Zeiträume möglich ist, z. B. für den Gang zur Toilette oder kurzzeitige Arbeitsübergaben u. ä.

Auch wichtig: Das Tragen eines durchsichtigen Gesichtsvisiers ist keine geeignete Schutzmaßnahme. Weder nach der Corona-Arbeitsschutzverordnung noch sonst; wie das Arbeitsgericht Berlin richtigerweise sagt, dienen solche Gesichtsvisiere nämlich allenfalls nur dem Selbst- nicht aber dem genauso wichtigen Fremdschutz.

Und was passiert, wenn Arbeitgeber Arbeitnehmer:innen nicht ohne Maske einsetzen können?

In der aktuellen Diskussion wird diese Frage folgendermaßen beantwortet:

  • Gibt es für den Arbeitgeber keine Möglichkeit der leidensgerechten Beschäftigung, wird man von einer Arbeitsunfähigkeit der/des Beschäftigten ausgehen müssen, die eine Lohnfortzahlungspflicht nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz zur Folge hat.
  • Kann der Arbeitgeber die Arbeit umorganisieren, will der/die Beschäftigte aber trotzdem nicht arbeiten (z. B. wenn einem bloß kurzzeitigen Tragen medizinisch nichts entgegensteht, die/der Arbeitnehmer:in aber eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes befürchtet), sind Arbeitgeber nicht zur Lohnfortzahlung verpflichtet.

Ob die/der Arbeitnehmer:in, die/der nicht zur Abeit kommt, gleichzeitig die Arbeitspflicht verletzt, hängt davon ab:

  • Ist der/dem Arbeitnehmer:in die Arbeitsleistung unzumutbar, weil im hohen Maße belastend, liegt keine Pflichtverletzung vor; Geld vom Arbeitgeber bekommt die/der Arbeitnehmer:in aber trotzdem nicht.
  • Ist die Schwelle der Unzumutbarkeit nicht erreicht, begehen Arbeitnehmer:innen, die trotz Umorganisation ihrer Arbeit nicht zur Arbeit erscheinen, eine Pflichtverletzung.

Und was ist mit Arbeitgebern, die keine Ersatzmaßnahmen ergreifen, obwohl ihnen das möglich wäre?

Nach aktuellem Diskussionsstand kann die/der Arbeitnehmer:in die Arbeit so lange bei vollem Lohnausgleich verweigern, bis der Arbeitgeber die Ersatzmaßnahmen ergreift.

Schlussbemerkung:

Da die Corona-Arbeitsschutzverordnung, die das Tragen von medizinischen Masken zur Rechtspflicht macht, bis zum 15.03.2021 befristet ist, stellt sich die Frage, ob die zuvor vorgenommenen Bewertungen auch danach noch gelten.
Die Frage ist deshalb berechtigt, weil die Maskenpflicht ansonsten nur in den schon im Sommer letzten Jahres veröffentlichten "SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregeln" des Bundesarbeitsministeriums geregelt ist und diese Arbeitsschutzregeln keine Rechtsnormqualität haben.

Dem Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 15.10.2020 (Az.: 42 GA 13034/20) kann aber entnommen werden, dass schon diese Arbeitsschutzregeln eine ausreichende Grundlage für eine Maskenpflicht darstellen, sodass die Bewertung von ärztlich attestierten Maskenverboten nicht anders ausfallen dürfte.

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