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Minijobber müssen die Steuern grundsätzlich selbst zahlen!

Die meisten Unternehmen beschäftigen Minijobber.
Für die meisten Unternehmen sind Arbeitsverträge mit Minijobbern auch immer Nettolohnvereinbarungen; die für den Minijob anfallenden Steuern werden von den Unternehmen also wie selbstverständlich getragen.

Aber ist die Übernahme der Steuer auch eine rechtliche Selbstverständlichkeit?

Die Antwort ist: Nein!

Das hat das Bundesarbeitsgericht in seinem gerade veröffentlichten Urteil vom 23.09.2020 (Az.: 5 AZR 251/19) entschieden.

Die Feststellungen des Bundesarbeitsgerichts möchten wir in gewohnter Manier für Sie auf den Punkt bringen:

  • Auch Minijob-Verträge sind grundsätzlich Bruttolohnvereinbarungen. Nettolohnvereinbarungen sind (wie bei anderen Arbeitsverträgen auch) die Ausnahme. Und die Ausnahme greift nur, wenn es dementsprechende Abreden oder darauf hindeutende Anhaltspunkte im Minijob-Vertrag gibt.
    Eine Vereinbarung die da, wie so oft, lautet, dass die/der Minijobber:in eine monatliche Vergütung in Höhe von € 450,00 erhält, ist noch keine Nettolohnvereinbarung.
    Ebensowenig spricht für eine Nettolohnvereinbarung, dass ein Arbeitsverhältnis als "Minijob" oder "geringfügige Beschäftigung" bezeichnet wird.
  • Der Begriff des Minijobs bzw. (um es ganz korrekt zu sagen) der geringfügigen Beschäftigung ist kein arbeitsrechtlicher, sondern ein sozialversicherungsrechtlicher Begriff.
  • Zwar sind Minijobs bzw. geringfügige Bschäftigungen in beitrags- und abgabenrechtlicher Hinsicht privilegiert. Hieraus kann im Verhältnis Arbeitgeber/Arbeitnehmer:in aber nicht automatisch auf eine Nettolohnvereinbarung geschlossen werden.
    Wörtlich sagt das Bundesarbeitsgericht:
    "[...]Insoweit ist zwischen dem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis bzw. dem öffentlich-rechtlichen Steuerschuldverhältnis einerseits und dem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis andererseits zu unterscheiden. Aus den aufgeführten sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen Bestimmungen ergibt sich lediglich die von Gesetzes wegen vorgegebene beitrags- und abgabenrechtliche Behandlung des Arbeitsverdienstes, nicht jedoch der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien, die Vergütung losgelöst von diesen gesetzlichen Regelungen als Nettolohn zu behandeln. So handelt es sich anerkanntermaßen bei § 40 Abs. 2 Einkommensteuergesetz um eine spezifisch einkommensteuerrechtliche Regelung, die keine arbeitsrechtlichen Ziele verfolgt. [...]"

Für Unternehmen, die sich fragen, ob sie ihren Minijobbern nun sagen können, dass diese die pauschale Steuer fortan selbst tragen müssen:
Dies wird nicht ohne Weiteres gehen, weil diese Unternehmen die Abrechnung ja bislang als Nettolohnvereinbarung praktiziert haben.
Aber:
Wenn Minijobber die Gerinfügigkeitsgrenze bisher nicht ausgeschöpft haben und mehr Geld als eigentlich vereinbart vom Unternehmen haben möchten, können sie diesen Mehrverdienst selbst dann nicht ohne Weiteres netto vom Unternehmen verlangen, wenn sie ihre bisherige Vergütung netto erhalten haben. Auch das hat das Bundesarbeitsgericht in dem heute besprochenen Urteil vom 23.09.2020 entschieden.

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