Skip to main content

Vorsicht Falle bei Gewinnbeteiligungen und Boni

Viele Unternehmen möchten ihre Arbeitnehmer:innen am wirtschaftlichen Erfolg oder aber auch Misserfolg des Unternehmens beteiligen. Variable Vergütungsmodelle mit Gewinnbeteiligungen, Zielboni u. ä. sind daher weitverbreitet.

So gut die Idee auch ist - an der vertraglichen Umsetzung hapert es oft.

Zwei gerade veröffentlichte Urteile, von denen wir heute berichten möchten, zeigen sehr schön typische Fehlerquellen auf.

1.
In dem ersten Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 03.03.2020 (Az.: 3 Sa 197/19) ging es um die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung eines Arbeitnehmers, die sich am sogenannten EBIT orientieren sollte.

Im Kern ging es um die Frage, ob außerordentliche Erträge (im konkreten Fall durch die Veräußerung des Geschäftsbetriebes) bei einer am EBIT orientierten Gewinnbeteiligung zu berücksichtigen sind oder aber nicht.

Der beklagte Arbeitgeber wollte die außerordentlichen Erträge nicht berücksichtigen, der Arbeitnehmer dagegen schon.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat dem Arbeitnehmer Recht gegeben und gesagt:

Der EBIT heißt nichts anderes als Gewinn vor Zinsen und Steuern und umfasst daher auch außerordentliche Ereignisse.

Wollen Unternehmen Gewinnbeteiligungen um außerordentliche Ereignisse oder andere Dinge bereinigen, müssen sie das vereinbaren.

Fazit: Unternehmen sollten sich immer genau überlegen, wie der Gewinn ermittelt werden soll, an dem sie die Arbeitnehmer:innen beteiligen möchten.
Soll der EBIT, an dem die:der Beschäftige beteiligt werden soll, modifiziert werden (wie es das Unternehmen im entschiedenen Fall gewollt hat), muss das ausdrücklich vertraglich vereinbart werden.

Hier ein unverbindliches Beispiel für die Vereinbarung eines modifizierten EBIT:

Jahresüberschuss des Arbeitgebers ermittelt nach den handelsrechtlichen Vorschriften
+ Steueraufwand
- Steuererträge
= Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
+ Zinsaufwand und sonstiger Finanzaufwand
- Zinsertrag und sonstiger Finanzertrag
= Operatives Ergebnis
+ Abschreibungen auf das Anlagevermögen
- Zuschreibungen zum Anlagevermögen
= EBITDA (earnings before interest, taxes, depreciation and amortization
= „Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und
Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände“).
+ Außergewöhnliche Aufwendungen
- Außergewöhnliche Erträge
= Bereinigtes EBITDA
- Verlustvortrag aus dem Vorjahr
= Tantiemerelevantes Geschäftsergebnis

 
Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im laufenden Kalenderjahr, wird die erreichte Tantieme zeitanteilig gezahlt. Außerdem wird die Tantieme zeitanteilig für Zeiten innerhalb eines Geschäftsjahres gekürzt, für die der Arbeitnehmer keinen Vergütungsanspruch hat.
 
Die Tantieme wird mit dem auf die Feststellung des Jahresabschlusses der Gesellschaft folgenden Monatsgehalts gezahlt.


2.
Auch bei den ebenso beliebten Zielboni bleibt die vertragliche Umsetzung oft hinter dem Gewollten zurück.
So auch in dem Fall, den das Landesarbeitsgericht Hamm per Urteil vom 30.07.2020 (Az.: 18 Sa 1936/19) entschieden hat.

In dem entschiedenen Fall ging es u. a. um Fragen, die sich stellen, wenn bonusberechtigte Arbeitnehmer:innen länger als 6 Wochen krank sind.

Konkret musste das Landesarbeitsgericht Hamm u. a. folgende Fragen beantworten:

  • Können umsatzbezogene Zielboni automatisch (also ohne besondere Vereinbarung) für Arbeitsunfähigkeitszeiten ohne Gehaltsanspruch gekürzt werden?
    Diese Frage hat das Landesarbeitsgericht Hamm mit "Ja" beantwortet.

  • Und wie ist es, wenn die:der Beschäftigte die bonusrelevanten Ziele schon vor der Langzeiterkrankung erfüllt hat?

    In diesem Fall bekommt die:der Beschäftigte den Bonus laut Landesarbeitsgericht Hamm trotzdem ungekürzt, also in voller Höhe!
    Da die Parteien in der Bonusvereinbarung keine ausdrückliche Kürzungsregelung getroffen hatten, konnte das Landesarbeitsgericht Hamm offenlassen, ob eine Kürzungsvereinbarung auch bei voller Zielerreichung zulässig gewesen wäre.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfragen hat das Landesarbeitsgericht Hamm die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Fazit:
Unternehmen sind gut beraten, wenn sie u. a. Kürzungsregelungen für Zeiten ohne Gehaltsanspruch ausdrücklich vereinbaren, wie wir es in unserem Beispiel am Ende von Ziffer 1. getan haben.

  • Erstellt am .