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Corona-Update vom 12.04.2021

Die Medien sind voll damit: 

Änderung des Infektionsschutzgesetzes

Bei einer Inzidenz von mindestens 100 an 3 aufeinanderfolgenden Tagen sollen die dann zu ergreifenden Schutzmaßnahmen nun bundesweit, nämlich durch eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes, festgelegt werden. 
Vergangenen Freitag hat die Koalition hierzu einen ersten Entwurf für eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes vorgelegt. 

Den Entwurf, den die Koalition noch "Formulierungshilfe" nennt, finden Sie hier.

Über diesen Entwurf soll heute mit allen Fraktionen gesprochen werden, da für die Änderung des Infektionsschutzgesetzes sowohl die Zustimmung von Bundestag als auch von Bundesrat erforderlich ist. 

Nach der "Formulierungshilfe" wird die "Musik" bei einem neuen § 28b des Infektionsschutzgesetzes spielen. 

Danach soll es folgende Maßnahmen geben, wenn die Inzidenz in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an 3 aufeinanderfolgenden Tagen den Schwellenwert von 100 überschreitet: 

  • Private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum nur noch mit den Angehörigen eines Haushalts sowie einer weiteren Person je Tag und Haushalt; begrenzt auf maximal 5 Personen; das Maximum von 5 Personen kann überschritten werden, wenn Kinder bis zum 14. Lebensjahr beteiligt sind. 

  • Ausgangssperre von 21:00 Uhr abends bis 05:00 Uhr morgens.
    Als Ausnahme von der Ausgangssperre werden genannt:

    Medizinische oder veterinärmedizinische Notfälle oder andere medizinisch unaufschiebbare Behandlungen;
    die Ausübung beruflicher oder dienstlicher Tätigkeiten oder unaufschiebbarer Ausbildungszwecke;
    die Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts;
    die unaufschiebbare Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen oder Minderjähriger oder die Begleitung Sterbender;
    Handlungen zur Versorgung von Tieren oder 
    ähnlich gewichtige und unabweisbare Gründe. 

    Für Arbeitgeber von besonderem Interesse ist die Ausnahme von der Ausgangssperre bei Ausübung beruflicher oder dienstlicher Tätigkeiten oder unaufschiebbarer Ausbildungszwecke.

    Sollte die "Formulierungshilfe" Gesetz werden, müssen Arbeitgeber betroffenen Arbeitnehmer:innen daher Bescheinigungen ausstellen, damit Arbeitnehmer:innen bei einer Kontrolle belegen können, dass sie nur zur Ausübung beruflicher oder dienstlicher Tätigkeiten zwischen 21:00 Uhr und 05:00 Uhr unterwegs sind. 

  • Schließung von Freizeiteinrichtungen (vgl. § 28b Absatz (1) Nr. 3. in der "Formulierungshilfe")

  • Kein Präsenzunterricht in Kitas, Schulen etc. sowie Unis etc.; Bildung wird also wieder im Distanzunterricht stattfinden.
    Ausnahmen:
    Teilnahme an einer Notbetreuung oder
    negativer Corona-Test, der nicht länger als 36 Stunden zurückliegt und nach einem anerkannten Testverfahren durchgeführt wurde; alternativ kann Präsenzunterricht auch stattfinden, wenn innerhalb einer Kalenderwoche 2 solcher negativen Corona-Tests vorgelegt werden.  

    Diese Ausnahmen gelten jedoch dann nicht mehr, wenn in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an 3 aufeinanderfolgenden Tagen die Inzidenz von 200 überschritten wurde. Dann geht es für alle in den Distanzunterricht. 

  • Ermöglichung von Homeoffice, wenn dem keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. 
    Die Formulierung entspricht der Regelung in der Corona-Arbeitsschutzverordnung.
    Es ist daher weiter davon auszugehen, dass Arbeitnehmer:innen keinen Anspruch auf das Homeoffice haben, andererseits aber auch nicht verpflichtet sind, das Homeoffice-Angebot des Arbeitgebers anzunehmen. 
    Was dringende betriebsbedingte Gründe sein können, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in seinen FAQ zur Corona-Arbeitsschutzverordnung mitgeteilt. 

    Dort heißt es: 

    "Klar ist, dass viele Tätigkeiten in Produktion, Dienstleistung, Handel, Logistik etc. nicht im Homeoffice ausgeführt werden können. Angesprochen sind hier daher vor Allem solche Tätigkeiten, die sich grundsätzlich für die Ausführung im Homeoffice eignen, die aber aus belegbaren und nachvollziehbaren betriebstechnischen Gründen nicht dorthin verlagert werden können, insbesondere, weil ansonsten der übrige Betrieb nur eingeschränkt oder gar nicht aufrechterhalten werden kann. Dies umfasst insbesondere mit der Büro(-Tätigkeit) verbundene Nebentätigkeiten wie die Bearbeitung und Verteilung der eingehenden Post, die Bearbeitung des Warenein- und Ausgangs, Schalterdienste bei weiterhin erforderlichen Kunden- und Mitarbeiterkontakten, Materialausgabe, Reparatur- und Wartungsaufgaben (z.B. IT-Service), Hausmeisterdienste und Notdienste zur Aufrechterhaltung des Betriebes, u.U. auch die Sicherstellung der Ersten Hilfe.

    Technische oder organisatorische Gründe und Versäumnisse, wie z.B. die Nichtverfügbarkeit benötigter IT-Ausstattung, notwendige Veränderung der Arbeitsorganisation oder unzureichende Qualifizierung der betroffenen Beschäftigten können i.d.R. allenfalls befristet bis zur umgehenden Beseitigung des Verhinderungsgrunds geltend gemacht werden.

    Im Einzelfall können auch besondere Anforderungen des Betriebsdatenschutzes und des Schutzes von Betriebsgeheimnissen als Verhinderungsgründe geltend gemacht werden, die z.B. über übliche Verschlüsselungssysteme hinausgehende technische und/oder räumliche Voraussetzungen erfordern."

    Zwar handelt es sich hierbei um eine Auffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, die nichts rechtsverbindlich ist. 
    Die vom Ministerium mitgeteilten Gründe sind aber eine wichtige Orientierungshilfe, an der sich auch die Kontrollbehörden orientieren werden. 

  • Schließung von Ladengeschäften und Märkten mit Kundenverkehr, mit Ausnahme von Lebensmittelhändlern, Getränkemärkten, Reformhäusern, Apotheken, Drogerien und Tankstellen, wobei diese bestimmte Auflagen einhalten müssen (vgl. § 28b Absatz (1) Nr. 6. Buchst. a. und b.) 

  • Schließung von Einrichtungen wie Theatern, Opern, Konzerthäusern, Bühnen, Kinos, Museen etc. 

  • Untersagung von sportlichen Aktivitäten.
    Ausnahme: Die Ausübung von Individualsportarten, die allein, zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Hausstandes ausgeübt werden sowie die Ausübung von Individual- und Mannschaftssportarten von Berufssportlern sowie Leistungssportler der Bundes- und Landeskader, wenn bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden (vgl. § 28b Absatz (1) Nr. 8. Buchst. a., b. und c.). 

  • Schließung der Gastronomie jedweder Art einschließlich Betriebskantinen; zulässig bleibt aber die Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen und Getränken. 

  • Erbringung körpernaher Dienstleistungen nur mit FFP2-Maske oder einer medizinischen Maske mit gleicher Schutzwirkung. 
    Ob darunter auch Friseure fallen oder ob Friseure wieder schließen müssen, ist offen.

  • Auch im öffentlichen Personennah- und Fernverkehr einschließlich der Beförderung in Kraftfahrzeugen wie z. B. Taxen, Schulbusse etc. müssen FFP2-Masken oder medizinische Masken mit gleicher Schutzwirkung getragen werden. 
    Außerdem, und das hat die Presse bisher noch nicht auf dem Schirm: Für jedes Verkehrsmittel soll eine Höchstbesetzung mit 50 von 100 der regulär zulässigen Fahrgastzahlen sicherzustellen sein. 
    Da auch der Flugverkehr unter den öffentlichen Fernverkehr fällt, würde das streng genommen auch den Flugverkehr erfassen. 
    Fraglich ist auch, wie das umgesetzt werden soll.

  • Keine Übernachtungen zu touristischen Zwecken, wenn am Übernachtungsort die Inzidenz mindestes 100 beträgt. 

Wird in einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt ab dem Tag des Inkrafttretens der vorgenannten Maßnahmen die Inzidenz von 100 unterschritten, treten die Maßnahmen ab dem übernächsten Tag wieder außer Kraft. 

Heute soll über diese "Formulierungshilfe" wie schon gesagt in den Fraktionen diskutiert werden. 

Wie zu hören ist, gehen die Vorschläge Einigen nicht weit genug, Anderen ist es ein zu starker Eingriff in die Entscheidungshoheit der Länder. 

Unter denen, denen der Entwurf noch nicht weit genug geht, ist auch der Bundesarbeitsminister, Herr Hubertus Heil. 
Er möchte in die Änderung des Infektionsschutzgesetzes noch aufnehmen, dass Arbeitgeber ab einer Inzidenz von 100 verpflichtet sind, ihre Arbeitnehmer:innen zu testen. 

Sobald wir wissen, wie die Änderung des Infektionsschutzgesetzes aussehen wird, setzen wir unsere Berichterstattung fort.
Wir wollten Ihnen nur heute schon einmal "Gefühl" dafür geben, was Sie voraussichtlich erwarten wird. 


Weitere News in Sachen Corona: 

Erleichterungen für die Kurzarbeit wurden verlängert.

Die Verlängerung der Erleichterungen für die Kurzarbeit ist ebenfalls durch. Den dementsprechenden Verordnungstext finden Sie hier

Danach gelten die bis zum Ende des Jahres 2021 geschaffenen Erleichterungen bei 

  • der Quote der vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmer:innen (10% statt 1/3) sowie 
  • dem Verzicht auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden

nun auch für Betriebe, die bis zum 30.06.2021 erstmals oder nach einer Unterbrechung von mindestens 3 Monaten wieder Kurzarbeit eingeführt haben. 


Laut LAG Düsseldorf tragen Arbeitgeber das Betriebsrisiko auch in der Pandemie.

Seit Ausbruch der Pandemie wird unter Juristen heftig und kontrovers darüber diskutiert, ob insbesondere die corona-bedingte Stilllegung von Betrieben oder Betriebsstätten ein Betriebsrisiko im Sinne von § 615 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist oder aber nicht. 
Die Einordnung hat Folgen: Denn wenn pandemie-bedingte Betriebsschließungen zum Betriebsrisiko gehören, müssen Arbeitgeber Arbeitnehmer:innen bezahlen, selbst wenn sie nicht beschäftigt werden können. 
Wenn solche Arbeitnehmer:innen in Kurzarbeit geschickt werden können, kann die Entgeltfortzahlungspflicht auf den Staat abgewälzt werden. 
Manchmal gelingt das aber nicht. So können beispielsweise geringfügig Beschäftigte nicht in den Genuss von Kurzarbeitergeld kommen. 

Die Frage, ob pandemie-bedingte Maßnahmen, die dazu führen, dass Arbeitnehmer:innen nicht beschäftigt werden können, zum Betriebsrisiko nach § 615 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches zählen, ist und bleibt also praxisrelevant. 

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat diese Frage in seiner bislang nur als Pressemitteilung veröffentlichten Entscheidung vom 30.03.2021 (Az.: 8 Sa 674/20) mit einem Ja beantwortet und damit zu Lasten der Arbeitgeber entschieden. 

Nach Meinung der Düsseldorfer Landesarbeitsrichter sind vom Betriebsrisiko auch Fälle höherer Gewalt erfasst. Dass damit einhergehend staatlich angeordnete Betriebsschließungen erfolgen, ändere daran nichts. 

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. 

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