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Rückzahlungsklauseln in Fortbildungsvereinbarungen - auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund von Krankheit?

Da viele Unternehmen ein Interesse daran haben, dass sich ihre Beschäftigten qualifizieren, sind Arbeitgeber oft bereit, Fortbildungsmaßnahmen (mit-) zu finanzieren. Voraussetzung ist dann aber: Die/der Beschäftigte bleibt dem Unternehmen nach Ende der Fortbildung eine gewisse Zeit erhalten und nutzt das neugewonnene Wissen zugunsten des Unternehmens. Zu Beginn der Fortbildung ist jedoch noch nicht klar, ob die/der Beschäftigte den Abschluss überhaupt schafft, wie sie/er sich im laufenden Arbeitsverhältnis weiterhin schlägt usw. usf. Die Lösung für diese Unsicherheiten sehen Unternehmen daher in der Vereinbarung einer Rückzahlungsklausel. Solche Klauseln verpflichten die/den Beschäftigten zur Rückzahlung des Kostenbeitrags, wenn sie/er die Fortbildung abbricht oder das Unternehmen innerhalb eines bestimmten Zeitraums verlässt.

Bei der Formulierung solcher Rückzahlungsklauseln gibt es allerdings etliche Fallstricke zu beachten, die von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung nach und nach konkretisiert wurden.

Grundsätzlich können Arbeitgeber sich zur generellen Zulässigkeit solcher Vereinbarungen drei Voraussetzungen merken:

  1. Die/der Beschäftigte muss durch die von Arbeitgeber (mit)finanzierte Fortbildung einen dauerhaften Vorteil erlangen, der über das aktuelle Arbeitsverhältnis hinausreicht.
  2. Die/der Beschäftigte darf durch eine Klausel, durch die sie/er zur Rückzahlung verpflichtet wird, wenn sie/er das Unternehmen in einer bestimmten Zeitspanne verlässt, nicht unverhältnismäßig lange an das Unternehmen gebunden werden (Problem der sogenannten Bindungsfristen).
  3. Zur Rückzahlung kann die/der Beschäftigte außerdem nur dann verpflichtet werden, wenn die Gründe, die zum Abbruch der Fortbildung oder zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen, sozusagen in ihrer/seiner Sphäre liegen.

Heute möchten wir uns näher mit dem 2. Fall in Punkt 3., also der Frage beschäftigen, wann die Gründe der Beendigung des Arbeitsverhältnisses „in die Sphäre“ der/des Beschäftigten fallen. Anlass hierfür sind zwei aktuelle Urteile des Landesarbeitsgerichts Hamm, die zu der noch nicht abschließend geklärten Frage der personenbedingten Beendigung wichtige Aussagen treffen.

Der Reihe nach.

Die Faustregel lautet: Ob die Gründe des Ausscheidens in der Sphäre der/des Beschäftigten liegen, entscheidet sich am Kündigungsgrund und nicht danach, ob die Kündigung durch den Arbeitgeber oder die/den Beschäftige/n (sog. Eigenkündigung) ausgesprochen wird.

Das heißt: Auch eine Eigenkündigung der/des Beschäftigten kann dann keine Rückzahlungsverpflichtung auslösen, wenn sie auf ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitgebers zurückzuführen ist. Daraus ergeben sich folgende weitere Grundsätze:

  • Endet das Arbeitsverhältnis innerhalb der Bindungsfrist aus verhaltensbedingten Gründen der/des Beschäftigten, können Beschäftigte zur (zeitanteiligen) Rückzahlung der Aufwendungen des Arbeitgebers verpflichtet werden.
  • Eine Rückzahlung kommt demgegenüber nicht in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb der Bindungsfrist aus betriebsbedingten Gründen endet. Konsequenterweise gilt das auch für den Fall, dass die/der Beschäftigte einer betriebsbedingten Kündigung bloß zuvorkommen will.
  • Der Fall, dass das Arbeitsverhältnis aus personen-, insbesondere also krankheitsbedingten Gründen endet, ist bisher nicht abschließend geklärt.
    In den aktuellen Urteilen vom 29.01.2021 (LAG Hamm, Az.: 1 Sa 965/20) sowie vom 26.03.2021 (LAG Nürnberg, Az.: 8 Sa 412/20) haben die Landesarbeitsgerichte Hamm und Nürnberg nun für eine krankheitsbedingte Eigenkündigung der/des Beschäftigten entschieden, dass eine Rückzahlung von Fortbildungskosten nicht möglich ist. Begründung: Die Krankheit kann den Beschäftigten nicht vorgeworfen werden. Ähnlich hatten dies die Hammer Richter:innen bereits per Urteil vom 18.05.2018 (Az.: 1 Sa 49/18) entschieden, allerdings lag damals eine Sonderkonstellation vor. Was das Bundesarbeitsgericht in den von den Landesarbeitsgerichten zugelassenen Revisionen dazu sagt, bleibt abzuwarten.

Aber was bedeuten diese Grundsätze konkret für die betriebliche Praxis?
Arbeitgeber müssen die genannten Grundsätze in der Rückzahlungsklausel abbilden. Mit anderen Worten: Es muss in der Klausel klar beschrieben werden, in welchen Beendigungsfällen keine Rückzahlungsverpflichtung besteht. Geschieht dies nicht, benachteiligt die Klausel die/den Beschäftigten unangemessen und ist nach AGB-Recht (§ 307 Absatz 1 BGB) unwirksam.

Und noch etwas ist mit Blick auf die heute besprochenen Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Hamm wichtig:
Bei anderen personenbedingten Gründen mag es Fälle geben, in denen die dadurch bedingte Beendigung des Arbeitsverhältnisses von dem/der Beschäftigten verschuldet ist; bestes Beispiel wäre die Inhaftierung des/der Beschäftigten aufgrund einer Straftat.
Auch bei der krankheitsbedingten Kündigung ist ein Verschulden der/des Beschäftigten in Ausnahmefällen denkbar.
Arbeitgebern ist daher zu raten, in der Vereinbarung nicht über das Ziel hinaus zu schießen und eine Rückzahlungsverpflichtung nicht bei jedweden personenbedingten Beendigungsgründen auszuschließen. Da die richtige Vertragsgestaltung tricky ist, sollten Arbeitgeber professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.

Über die weiteren Entwicklungen und die Revisionsentscheidung des Bundesarbeitsgerichts halten wir Sie wie gewohnt auf dem Laufenden.

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