Skip to main content

Nächstes Update zum Nachweisgesetz – was heißt Textform?

Ende der letzten Woche ging es „viral“ – die Ampel-Koalition hat sich im Rahmen des Bürokratieentlastungsgesetzes nicht nur von der klassischen Schriftform, sondern nun auch von der elektronischen Form (= qualifizierte elektronischen Signatur) verabschiedet.
 
Lediglich bei Beschäftigten, die in einem Wirtschaftsbereich oder Wirtschaftszweig nach § 2a Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes tätig sind, soll es weiterhin bei der klassischen Schriftform bleiben.
 
Wenn daraufhin getitelt wurde, dass fortan in den meisten Branchen die bloße Textform genüge, ist das allerdings nur halbrichtig.
Die Aussage suggeriert nämlich, dass es genüge, die Voraussetzung der bisherigen Textform des § 126b BGB (= Bürgerliches Gesetzbuch) zu erfüllen.
In § 126b BGB heißt es:
 
„Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das
 
1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und
 
2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.“

 
§ 126b BGB setzt also eine Erklärung voraus, die drei Voraussetzungen erfüllt:

  • sie muss lesbar sein,
  • sie muss die Person, die die Erklärung abgibt, nennen und
  • auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. 

Was ein dauerhafter Datenträger ist, ergibt sich aus Satz 2 der gerade zitierten Vorschrift.

Dauerhafte Datenträger im Sinne von § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuches sind E-Mails, SMS und Messenger-Nachrichten (allerdings nur, wenn diese sich nicht automatisch selbst löschen und nach der Übermittlung auch nicht vom Erklärenden gelöscht werden können – wie es neuerdings bei WhatsApp-Nachrichten der Fall ist; denn dann liegt kein dauerhafter Datenträger vor.)

Laut Medienberichten und einer von Bundesjustizminister Dr. Buschmann abgegebenen Erklärung ist mit den in der Koalition beschlossenen Änderungen des Nachweisgesetzes aber nicht die gerade erläuterte Textform nach § 126b BGB gemeint.

Vielmehr soll im Nachweisgesetz eine Textform beschlossen werden, die neben allen zuvor genannten Voraussetzungen zusätzlich voraussetzt, dass der Arbeitgeber einen Übermittlungs- oder Empfangsnachweis erhält.

Die Voraussetzung des Übermittlungs- oder Empfangsnachweises ist bei dem Versand per E-Mail bekanntlich schwierig.
Ob es ausreichen wird, wenn sich Arbeitgeber künftig einen per E-Mail verschickten Arbeitsvertrag von den Beschäftigten per E-Mail bestätigen lassen, wird sich zeigen.

Insoweit muss erst der genaue Wortlaut der Gesetzesänderung abgewartet werden.

Diese neue Art der Textform fällt übrigens nicht vom Himmel:
Die Bedingungen der Richtlinie der EU, auf der das Nachweisgesetz beruht, sagt nämlich Folgendes:

„Die Informationen sind in Papierform oder – sofern die Informationen für den Arbeitnehmer zugänglich sind, gespeichert und ausgedruckt werden können und der Arbeitgeber einen Übermittlungs- oder Empfangsnachweis erhält – in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen und zu übermitteln.“

Allerdings meint die EU mit dem, was sie als elektronische Form bezeichnet, nicht die qualifizierte elektronische Signatur im Sinne des § 126a BGB, sondern eine Art modifizierte Textform, wie sie nun offenbar auch vom Justizministerium ins Gespräch gebracht wird.
„Unsere“ elektronische Form würde diese Voraussetzungen aber natürlich ebenfalls erfüllen.
Totsagen sollte man die qualifizierte elektronische Signatur daher nicht.

Man darf sie auch nicht totsagen, ist für die Befristung eines Arbeitsvertrages doch immer noch die Schriftform erforderlich (vgl. § 14 Absatz 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, der nicht geändert werden soll) und diese Schriftform kann nach zumindest herrschender Meinung nur durch die deutsche elektronische Form, also die qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden.

Befristete Arbeitsverträge betreffen aber jedes Unternehmen, wenn man bedenkt, dass auch die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses mit Erreichen der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung eine Befristung ist.

Bei befristeten Arbeitsverträgen könnte nach der herrschenden Meinung demnach nur die elektronische Form, sprich die qualifizierte elektronische Signatur helfen.

Helfen könnte (nur) die elektronische Form außerdem, wenn Unternehmen nach der geplanten Neuregelung verpflichtet sein sollen, den Beschäftigten auf deren Verlangen die Nachweise schriftlich zu geben.

Gute Gründe also, noch einmal auf unseren Newsletter vom 15.03.2024 hinzuweisen, in dem wir anhand eines Erfahrungsberichts einer Mandantin erläutert haben, warum die qualifizierte elektronische Signatur kein Hexenwerk mehr ist.

Warten wir den überarbeiteten Gesetzesentwurf ab; sobald er vorliegt, kommen wir auf das Thema zurück.

  • Erstellt am .