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Gleichbehandlung bei verhaltensbedingter Kündigung? Kannst Du mir kündigen, wenn Du anderen nicht kündigst?

Arbeitgeber werden nach Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung häufig mit dem Vorwurf konfrontiert:

„Wenn Sie mir kündigen, müssen Sie auch anderen kündigen.“

Oder noch schlimmer:

„Da Sie anderen nicht gekündigt haben, ist meine Kündigung allein deshalb unwirksam!“
 
Beschäftigte, die so auf die Kündigung reagieren, werfen dem Arbeitgeber die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes wegen der unterschiedlichen Behandlung von Fehlverhalten vor.

Aber wie tragfähig ist das Argument wirklich?

Als Faustformel kann man sich merken: Eine Gleichbehandlung im Unrecht gibt es grundsätzlich nicht.
Ausnahmen sind aber wie bei jedem Grundsatz möglich.

Und wann eine solche Ausnahme im Bereich von verhaltensbedingten Kündigungen in Betracht kommt, hat das Arbeitsgericht Köln in seinem gerade veröffentlichten Urteil vom 11.10.2023 (Az.: 9 Ca 5402/22) unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgendermaßen definiert:

Ein eigener Unwirksamkeitsgrund ist die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Bereich von verhaltensbedingten Kündigungen nicht (Grundsatz). Die Gleichbehandlung kann aber im Rahmen der bei Kündigungen durchzuführenden Interessenabwägung eine Rolle spielen.

Denn wenn Arbeitgeber anderen Beschäftigten nicht kündigen, folgt daraus, dass es für den Arbeitgeber zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis auch mit dem Gekündigten fortzusetzen.
ABER: Die Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Rahmen der Interessenabwägung gilt – Achtung – nur, wenn die Fehlverhalten der Beschäftigten und ihre arbeitsvertragliche Vorgeschichte völlig gleichartig sind. Und weiter: Die völlig Gleichartigkeit ist von der/dem Gekündigten darzulegen. Gelingt das, ist wieder der Arbeitgeber am Zug und muss nun seinerseits darlegen, warum er bei den einen ein Verhalten als kündigungsrelevant ansieht und bei den anderen nicht.

In Anbetracht der Tatsache, dass Beschäftigte meistens unterschiedliche Fehlverhalten begehen und sich ihre arbeitsvertragliche Vorgeschichte in der Regel unterscheidet, bleibt es in den meisten Fällen bei dem Grundsatz: Keine Gleichbehandlung im Unrecht.

In dem vom Arbeitsgericht entschiedenen Fall ging es im Übrigen um eine Moderatorin, die einer unerlaubten Wettbewerbstätigkeit nachging und sich in dem Kündigungsschutzverfahren u. a. damit verteidigt hatte, dass der Arbeitgeber vergleichbaren Beschäftigten mit vergleichbaren Neben- bzw. Konkurrenztätigkeiten nicht gekündigt habe. Erfolg hatte die Moderatorin damit nicht, da es in den anderen Fällen an der völligen Gleichartigkeit der Nebenbeschäftigungen fehlte.

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