Der Dienstwagen Teil 3 – Berechnung der Nutzungsausfallentschädigung für Zeiten ohne Dienstwagen
Im 3. Teil unserer kleinen Dienstwagen-Reihe soll es um die Berechnung der sogenannten Nutzungsausfallentschädigung für Dienstwagen gehen, die Beschäftigten nicht (mehr) zur Verfügung stehen.
Im Mittelpunkt des Interesses stehen wieder Dienstwagen, die vereinbarungsgemäß auch privat von den Beschäftigten genutzt werden können. Denn da die Privatnutzung ein Vergütungsbestandteil ist, stellt sich nur hier das Problem einer Nutzungsausfallentschädigung, wenn der Arbeitgeber den versprochenen Dienstwagen nicht (mehr) zur Verfügung stellt.
In der betrieblichen Praxis ist das Problem der Nutzungsausfallentschädigung größer als man denkt. Und das hat mit der Vertragsgestaltung zu tun.
Der Reihe nach:
In vielen Unternehmen ist es gängige Praxis, dass ein gekündigter und freigestellter Beschäftigter zur Herausgabe des Dienstwagens aufgefordert wird.
Nach unserer Erfahrung kommen viele Beschäftigte dieser Aufforderung ungeachtet der vertraglichen Situation auch nach. Dies gilt insbesondere für Beschäftigte, die noch ein privates Kfz haben, das sie, zumal wenn sie freigestellt sind, nutzen können.
Ist aufgrund der Kündigung erstmal ein Arbeitnehmer-Anwalt im Spiel, geht es am Ende aber häufig auch um die Nutzungsentschädigung und zwar nicht nur für den Freistellungszeitraum, sondern auch für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist, wenn sich die Kündigung als unwirksam herausstellt.
Spätestens dann kommt es auf den Dienstwagenvertrag bzw. darauf an, ob der Arbeitgeber laut Dienstwagenvertrag sowohl für die Dauer der Freistellung als auch die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens berechtigt war, den Dienstwagen kompensationslos zurückzuverlangen.
Gibt der Dienstwagenüberlassungsvertrag das nicht her, haben Beschäftigte, die den Wagen trotzdem zurückgegeben haben, einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung.
Fragt sich nur, wie diese zu berechnen ist.
Antworten hierauf gibt das jüngst veröffentlichte Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 01.03.2024, (Az.: 8 Sa 142/23):
- Grundsätzlich wird die Nutzungsausfallentschädigung auf der Grundlage der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzung mit 1 % des Bruttolistenneupreises berechnet.
Die Berechnung der Nutzungsentschädigung nach den steuerlichen Bewertungskriterien geht auf eine schon ältere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zurück, als es nur Verbrenner mit einer Pauschalversteuerung von 1 % des Bruttolistenneupreises gab. Aber was ist, wenn Beschäftigte ein Elektrofahrzeug nutzen, das je nach Bruttolistenneupreis ja nur mit 0,5 % oder sogar nur mit 0,25 % versteuert werden muss?
Unseres Erachtens muss die Nutzungsausfallentschädigung dann trotzdem grundsätzlich nach der 1 %-Regelung berechnet werden, auch wenn es hierzu noch keine Rechtsprechung gibt.
Denn der steuerliche Nachlass, den der Gesetzgeber auf Elektrofahrzeuge gewährt, soll ja ausschließlich den Verkauf von Elektrofahrzeugen ankurbeln; er verfolgt damit ein völlig anderes Ziel, das nichts mit der Entschädigung für vorenthaltene Dienstwagen zu tun hat.
Oder um es rechnerisch zu begründen: Für 0,5 % oder gar 0,25 % des Bruttolistenneupreises kann kein Beschäftigter ein Ersatzfahrzeug mieten oder leasen. Bei einer Entschädigung von 1 % des Bruttolistenneupreises ist das schon realistischer. - Allerdings hatte der Beschäftigte im entschiedenen Fall auch ein privates Kfz, das er nutzen konnte.
Die rheinland-pfälzischen Landesarbeitsrichter befassten sich daher außerdem mit folgender Frage:
Können Beschäftigte, die ein privates Kfz haben, nur die von ihnen für dieses private Kfz tatsächlich geleisteten Aufwendungen (wie etwa Wertverlust, Steuern, Versicherungen, Reparaturen, Treibstoff o. ä.) verlangen?
Die Antwort lautet:
Arbeitgeber können Beschäftigte, die ein privates Kfz haben, nur dann auf die Berechnung des ihnen tatsächlich entstandenen Schadens verweisen, wenn privates und dienstlich genutztes Kfz gleichwertig sind.
Ist die Gleichwertigkeit nicht gegeben, dürfen Beschäftigte mit einem privaten Kfz ihren Nutzungsausfallschaden nach der 1 %-Regel berechnen.
Mangels Gleichwertigkeit bekam der Kläger im entschiedenen Fall die Nutzungsausfallentschädigung nach der 1 %-Regelung zugesprochen.
Was lernen wir daraus?
Arbeitgeber sind gut beraten, Verträge über privat nutzbare Dienstwagen mit der Möglichkeit für einen kompensationslosen Widerruf auszustatten.
Das setzt allerdings einiges voraus:
- Der Widerrufsvorbehalt muss ausdrücklich im Dienstwagenvertrag vereinbart werden. Eine Regelung in einer Richtlinie reicht nicht, genauso wenig, wie man in einer Richtlinie regeln könnte, dass Gehaltsbestandteile wegfallen.
- Die Gründe, unter denen die Nutzung des Dienstwagens widerrufen werden kann, müssen zumindest richtungsweisend in der Dienstwagenvereinbarung genannt werden.
- Die Gründe müssen sachgerecht und diskriminierungsfrei sein (ein kompensationsloser Widerruf gegenüber Schwangeren, die einen Anspruch auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld haben, ist daher nicht möglich. Wenn der Arbeitgeber den Wagen einer Schwangeren im Beschäftigungsverbot braucht, ist der Widerruf daher nur mit Kompensation möglich).
- Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass sich die Gesamtvergütung der Beschäftigten nach Ausübung des Widerrufs um nicht mehr als 24,9 % reduziert.
- Außerdem müssen den Beschäftigten trotz des Widerrufs der Tariflohn (sofern ein Tariflohn geschuldet wird) und natürlich der Mindestlohn erhalten bleiben.
- Last, but not least muss die Ausübung des Widerrufs im konkreten Fall auch noch billigem Ermessen entsprechen. Und das ist nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nur dann der Fall, wenn der Widerruf zum Ende des Monats ausgeübt wird. Begründet hat das Bundesarbeitsgericht das damit, dass Beschäftigte den geldwerten Vorteil für die Privatnutzung immer für den ganzen Monat versteuern müssen, auch wenn sie den Wagen nur einige Tage im Monat nutzen.
Es ist also mal wieder alles gar nicht so leicht, zumal wenn man bedenkt, dass man nicht nur diesen Grundsätzen entsprechende Vorkehrungen während des Bestands des Arbeitsverhältnisses, sondern auch für die Dauer eines Kündigungsschutzverfahrens, das ja verloren gehen kann, treffen sollte.
Wenn Sie hierzu einen Input brauchen, sprechen Sie uns gerne an.
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