Erledigung des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs durch Trennungsvergleich?
Datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche sind für Arbeitgeber ein Gräuel, zumal wenn sie (was leider häufig passiert) als Vehikel benutzt werden, um den Preis für die Trennung hochzutreiben.
Noch blöder ist die Situation für Arbeitgeber, wenn man sich schon mit Beschäftigten auf eine Trennungsvereinbarung oder einen gerichtlichen Trennungsvergleich geeinigt hat und dann im Nachgang über den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch noch einmal nachgekartet wird.
Zwar gibt es inzwischen arbeitsgerichtliche Entscheidungen, die Auskunftsersuchen, die „sachfremde Zwecke“ verfolgen, als rechtsmissbräuchlich einordnen; allerdings trägt der Arbeitgeber die Beweislast für den Einwand des Rechtsmissbrauchs.
Das bereitet in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten, denn die Betroffenen müssen ihren Auskunftsantrag nicht begründen und allein der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist oder werden soll, ist kein Indiz für ein missbräuchliches Auskunftsbegehren.
Insbesondere in den Fällen, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eigentlich eine abschließende Einigung erzielt hatten, stellt sich allerdings die Frage, ob der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch überhaupt noch geltend gemacht werden kann oder ob die mit der Einigung vielfach bezweckte umfassende Erledigung nicht auch einen Verzicht auf den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch beinhaltet.
Letztlich geht es also um zwei Fragen:
1.: Können Beschäftigte überhaupt wirksam auf ihren Auskunftsanspruch verzichten?
2.: Liegt ein solcher Verzicht ggfs. schon in einer allgemeinen Erledigungsklausel, die in vielen Trennungsvereinbarungen bzw. gerichtlichen Vergleichen inzwischen Standard ist?
In ihrem aktuellen Tätigkeitsbericht für das Jahr 2023 hat die Datenschutzbehörde des Saarlandes (LfDI) beide Fragen mit ja beantwortet.
Zur ersten Frage sagt die LfDI:
„Kann der Betroffene durch eine Einwilligung zur Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten seine Zustimmung erteilen und dadurch eine rechtliche Grundlage verleihen, so muss er auch eine Entscheidungsbefugnis dahingehend haben, ob und inwieweit seine hierzu im Annex stehenden Betroffenenrechte ausübt bzw. auf diese verzichtet.“
Auf die Frage, wie ein solcher Verzicht vereinbart werden kann, antwortet die LfDI für den arbeitsgerichtlichen Trennungsvergleich:
„Dass die Formulierungen in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich hinreichend klar und bestimmt sein müssen, um ein datenschutzrechtliches Betroffenenrecht einvernehmlich auszuschließen, liegt auf der Hand.“
Aber reicht auch eine allgemeine Erledigungsklausel, die da sinngemäß lautet, dass jegliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung, gleich ob bekannt oder unbekannt und gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt sein sollen?
Ja, sagt die LfDI:
„Bestandteil eines solchen Vergleichs ist in der Regel jedoch auch eine salvatorische Abgeltungsklausel, welche jegliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung, gleich ob bekannt oder unbekannt und aus welchem Rechtsgrund, abgelten soll.
Enthält ein Vergleich eine solche Abgeltungsklausel, so genügt dies aus hiesiger Sicht dem Bestimmtheitserfordernis. Auch wenn sich der Vergleich seinem Wortlaut nach „nur“ auf Ansprüche „aus dem Arbeitsverhältnis“ beziehen sollte, ist dies unschädlich, da das Arbeitsverhältnis gerade Grundlage der Datenverarbeitung ist. Umfasst sind demnach nicht nur arbeitsrechtliche Ansprüche im engeren Sinne, sondern auch solche datenschutzrechtlicher Art, welche mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen und für welche das Arbeitsverhältnis Verarbeitungsgrundlage war.
Die einem arbeitsgerichtlichen Streit zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber zugrunde liegenden Umstände sollen durch einen Vergleich im Wege des gegenseitigen Nachgebens abschließend geklärt werden. Diese abschließende Klärung würde nicht erreicht werden, wenn der Verantwortliche (Arbeitgeber) befürchten müsste, weiterhin Auskünfte über zurückliegende Sachverhalte und Datenverarbeitungen erteilen zu müssen.“
Eine Einschränkung macht die LfDI allerdings, in dem sie sagt, dass sich ein solcher Verzicht nur auf vergangene Datenverarbeitungen, also Verarbeitungen, „welche aus zeitlich vor dem hierauf gerichteten Vertragsschluss (Vergleichsschluss) resultierenden Datenerhebungen stammen, beziehen kann.“
Dem Vergleichsschluss folgende Datenverarbeitungen werden von der Erledigungsklausel danach also nicht erfasst.
Nun bezieht sich die Stellungnahme der LfDI auf a) gerichtliche Trennungsvergleiche und b) Auskunftsansprüche.
Unseres Erachtens spricht aber nichts dagegen, für außergerichtliche Trennungsvereinbarungen (Aufhebungsverträge und/oder Abwicklungsvereinbarungen) genauso zu entscheiden.
Es spricht auch viel dafür, die gleichen Grundsätze auf andere Betroffenenrechte anzuwenden; zumindest für die Vergangenheit.
Die LfDI spricht in den von uns zitierten Passagen ja selbst von Betroffenenrechten, mag sie ihr Statement auch unter der Überschrift Ausschluss des Auskunftsanspruchs im arbeitsgerichtlichen Vergleich abgesetzt haben.
Was lernen wir daraus?
Da eine konkrete Erledigung der datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte natürlich besser ist als eine allgemeine Ausgleichsklausel, sollten Arbeitgeber in Zukunft abwägen, ob spezielle Formulierungen für den Verzicht auf datenschutzrechtliche Betroffenenrechte, die sich auf vergangene Datenverarbeitungen beziehen, Sinn machen.
Aber selbst, wenn die Trennungsvereinbarung oder der gerichtliche Trennungsvergleich nur eine allgemeine, umfassende Erledigungsklausel enthält, ließe sich – der Auffassung der LfDI folgend – auch damit ein Verzicht für vergangene Verarbeitungen begründen.
Ob die Arbeitsgerichte das genauso sehen werden, bleibt abzuwarten.
Unseres Erachtens spricht aber einiges dafür, dass sie sich dem Votum des LfDI anschließen.
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