Happy Holidays mit voller Kasse – Urlaubsabgeltung nach Elternzeit
Wie in unserem „weihnachtlich verpackten“ Newsletter vom 28.11.2024 angekündigt, möchten wir Sie heute mit einem eindrucksvollen Fall daran erinnern, auch bei Elternzeitlern Ihr Urlaubsmanagement zu überprüfen. Bitte verstehen Sie uns nicht falsch: Wir haben nichts gegen Eltern, sondern selbst „Kanzleikinder“ – und wissen, dass Eltern ihren Urlaub wohl verdient haben.
Es gilt allerdings zu bedenken, dass per Gesetz der Urlaubsanspruch von Eltern auch dann in vollem Umfang entsteht, wenn sie Elternzeit beanspruchen. Dazu ein Beispiel: Nimmt ein Vater das komplette Jahr 2025 Elternzeit, erwirbt er seinen vollständigen Urlaubsanspruch für das gesamte Jahr 2025 und kann diesen dann in 2026 oder 2027 beanspruchen; das folgt aus § 17 Abs. 2 BEEG. Hat der gute Mann also 30 Urlaubstage pro Jahr (und enthält der Arbeitsvertrag keine Einschränkungen für den vertraglichen Mehrurlaub), wären das – bei einer Rückkehr in Vollzeit – insgesamt 12 (!) Wochen Urlaub, die er für 2026 nehmen kann. Noch krasser wird es, wenn er in Teilzeit zurückkommt; denn der in 2025 entstandene Urlaub wird nicht zeitanteilig auf die Teilzeit gekürzt. Arbeitet er also in 2026 an nur 3 Tagen pro Woche, bescheren ihm die 30 Urlaubstage 10 Wochen Urlaub – plus die (teilzeitanteiligen) 18 Tage für 2026, die ihm weitere 6 Wochen Urlaub ermöglichen.
Und hätte der junge Vater zum Ablauf des Elternzeitjahres gekündigt, stünde ihm Urlaubsabgeltung für 30 Tage, also 1,5 Monatsgehälter zu.
Da klingelt die Kasse!
Gut beraten ist, wer in solchen Fällen weiß, wie’s geht:
Das BEEG lässt Arbeitgeber nämlich nicht im Regen stehen, sondern ermöglicht die Kürzung des Urlaubsanspruchs für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel, § 17 Abs. 1 BEEG. In unserem Beispiel fällt der Urlaubsanspruch für das (ohnehin arbeitsfreie) Elternzeitjahr von 30 auf 0 Tage. Die einzige Krux an der Geschichte: Diese Kürzung muss gegenüber dem Elternteil erklärt werden und tritt nicht (wie viele glauben) automatisch ein.
Aber wann ist der richtige Zeitpunkt für die Erklärung der Kürzung? Hier haben Sie die Wahl – grundsätzlich kann ab dem Elternzeitverlangen bis zur (nicht nach!) Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Kürzung erklärt werden. Wenn Sie uns fragen, ist der Rat klar: Nutzen Sie das Bestätigungsschreiben über die Elternzeit für die Kürzungserklärung, dann ist auch auf Seiten der Eltern insoweit alles transparent und es entstehen keine Begehrlichkeiten.
Ausführlich haben wir die für die Kürzung von Urlaubsansprüchen geltenden Grundsätze in unserem Newsletter vom 28.08.2019 behandelt, den Sie hier nachlesen können.
Die rechtzeitige Kürzung ist enorm wichtig, denn die Kürzungsmöglichkeit bezieht sich allein auf den bezahlten Erholungsurlaub, nicht hingegen auf die Urlaubsabgeltung. Ist das Arbeitsverhältnis beendet, und der Urlaub hat sich in einen Abgeltungsanspruch verwandelt, gibt es keine Kürzung mehr!
Und dann wird es mitunter teuer, man kann sich das Schlimmste ausmalen: Mehrere Kinder mit aneinandergereihten langen Elternzeiten, ein gutes Einkommen vor der Elternzeit, und eh man sich’s versieht, kommen 5-stellige Beträge zusammen!
So geschehen in einem Fall, in dem es um die Abgeltung von 146 Urlaubstagen im Wert von EUR 24.932,42 brutto ging!
Das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidung der Vorinstanz, über die wir bereits in unserem Newsletter vom 15.08.2023 berichtet hatten, nun bestätigt und den Arbeitgeber zur Zahlung verurteilt, Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.04.2024, (Az.: 9 AZR 165/23).
Die Erfurter Bundesarbeitsrichter haben dem Arbeitgeber, der sich bis zuletzt mit Händen und Füßen gewehrt hatte (hier hatten wir die Argumente des Arbeitgebers für Sie zusammengefasst) noch einmal die wesentlichen Grundsätze ins Buch bzw. ins Urteil geschrieben.
Wir möchten uns mit einer kurzen Zusammenfassung begnügen:
- Während Mutterschutz und Elternzeit verfällt kein Urlaub – weder der zuvor nicht genommene noch der währenddessen erworbene.
- Es kann für die Dauer der Elternzeit nur Erholungsurlaub gekürzt werden, nicht hingegen der Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Damit gekürzt werden kann, muss das Arbeitsverhältnis also noch bestehen.
- Für die Berechnung der Urlaubsabgeltung zählt im Rahmen des Referenzprinzips das letzte Gehalt vor dem Mutterschutz bzw. der ersten Elternzeit, denn die gerade genannten Zeiten sind Zeiten „unverschuldeter Arbeitsversäumnis“ und haben keinen Einfluss auf die Berechnung.
Wenn wir Ihnen einen Rat geben dürfen: Schauen Sie doch mal, wer bei Ihnen alles in Elternzeit ist. Vielleicht kennen Sie den-/diejenige ja noch gar nicht, weil Sie selbst noch nicht lange genug dabei sind?
Dann ist das doch eine gute Gelegenheit, Kontakt aufzunehmen, vielleicht auch nur, um den Wiedereinstieg anzusprechen. Wer weiß, vielleicht kommen Sie gerade zur rechten Zeit …
Und egal, in welche Richtung sich die Dinge dann weiterentwickeln – von einem baldigen Wiedereinstieg über die Verlängerung der Elternzeit bis hin zu einer Trennung ist Vieles möglich – holen Sie die Kürzung der Urlaubsansprüche unbedingt nach, bevor es zu spät ist, weil das Arbeitsverhältnis beendet ist! Und wenn Ihnen eine Eigenkündigung eines Elternzeitlers ins Haus flattert: Checken Sie, ob die Kürzung schon erklärt wurde – und wenn nicht, holen Sie sie unverzüglich nach!
Sie haben es gewissermaßen selbst in der Hand, wessen „Kasse klingelt“. Rechnen Sie gerne nach, wie viel die Urlaubskürzung – die wie eingangs gesagt nichts „Anrüchiges“ oder „Gemeines“ hat – Ihrem Unternehmen in finanzieller Hinsicht spart. Das Unternehmen wird vielleicht sinnvolle Verwendung dafür haben. In diesem Sinne:
Happy Holidays!
Unsere Blogbeiträge gibt es auch als Newsletter. Melden Sie sich hier an und erhalten Sie aktuelle Informationen aus der Welt des Arbeitsrechts kostenfrei in Ihren Posteingang!
- Erstellt am .