Neu: Mutterschutz nach Fehlgeburt – was Betroffene und Personaler wissen müssen
Am vergangenen Donnerstag wurden wesentliche Änderungen des Mutterschutzgesetzes im Bundesgesetzblatt verkündet, die der besonderen Belastungssituation von Frauen nach einer Fehlgeburt Rechnung tragen.
Anlass für uns, die bisherigen, aber vor allem die ab dem 01.06.2025 geltenden Neuregelungen praxisgerecht für Sie aufzubereiten:
Das neue Mutterschutzrecht darf für zwei wichtige Errungenschaften gelobt werden:
- Zum einen stellt es klar, dass eine Entbindung eine Lebend- oder eine Totgeburt ist und regelt die Dauer des 14-wöchigen Mutterschutzes bei Totgeburten nunmehr eindeutig. Bislang fehlte diese Klarstellung, so dass bei Totgeburten (Geburten ab der 24. Schwangerschaftswoche oder bei einem Geburtsgewicht von mindestens 500g) mitunter Streit über die Dauer des Mutterschutzes herrschte.
- Und zum anderen führt das neue Mutterschutzgesetz den Mutterschutz nach Fehlgeburten ab der 13. Schwangerschaftswoche ein.
Besonders die zweite Änderung ist – völlig zu Recht – parteiübergreifend als wichtiger Meilenstein gelobt worden. Ab der 13. Schwangerschaftswoche gelten Schwangerschaften gemeinhin als „relativ sicher“. Dies ist auch der Grund, weshalb viele werdende Mütter erst nach den ersten zwölf Wochen ihre Schwangerschaft (auch gegenüber dem Arbeitgeber) bekannt geben. Endet die Schwangerschaft vorzeitig durch eine Fehlgeburt, ist dies für die Betroffenen ein sehr belastendes Ereignis; je länger die Schwangerschaft bestand, desto schlimmer ist es für die Betroffenen. Der Gesetzgeber hat betroffene Frauen nun in den Mutterschutz einbezogen. Damit profitieren sie auch schon dann von diesem besonderen Schutzraum, wenn es sich noch nicht um eine Totgeburt handelt, weil das Geburtsgewicht zu gering oder die Schwangerschaft noch nicht weit genug fortgeschritten war.
Grundsatz: Beschäftigungsverbot nach Fehlgeburt
Bei einer Fehlgeburt darf der Arbeitgeber eine Frau für folgende Zeiträume nicht beschäftigen:
- Bei einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche 2 Wochen,
- bei einer Fehlgeburt ab der 17. Schwangerschaftswoche 6 Wochen,
- bei einer Fehlgeburt ab der 20. Schwangerschaftswoche 8 Wochen.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Frau sich ausdrücklich zur Arbeitsleistung bereit erklärt – wobei sie diese Erklärung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann. Diese Form des „freiwilligen Mutterschutzes auf Widerruf“ ist bereits aus dem vorgeburtlichen Mutterschutz bekannt.
Mutterschaftsgeld und Zuschuss zum Mutterschaftsgeld
Hier gelten dieselben Grundsätze wie beim schon bekannten vor- und nachgeburtlichen Mutterschutz:
Während der oben genannten Schutzfristen erhält die (gesetzlich krankenversicherte) Arbeitnehmerin Mutterschaftsgeld von ihrer Krankenkasse iHv bis zu EUR 13 / Tag und einen Arbeitgeber-Zuschuss zum Mutterschaftsgeld; sie erleidet also keine finanziellen Einbußen.
Für privat krankenversicherte Frauen zahlt das Bundesamt für Soziale Sicherung ein Mutterschaftsgeld, das aber auf EUR 210 gedeckelt ist. Der Arbeitgeber-Zuschuss berechnet sich jedoch genauso wie im Falle der gesetzlich versicherten Frauen. Privatversicherte haben also nach wie vor einen Nachteil.
Der Arbeitgeber bekommt – zukünftig auch im Falle einer Fehlgeburt – die von ihm erbrachten Leistungen über das U2-Umlageverfahren zu 100% erstattet.
Umsetzung in der Praxis
Der Arbeitgeber muss für die Inanspruchnahme des Mutterschutzes nach einer Fehlgeburt über die Fehlgeburt in Kenntnis gesetzt werden. Da für den Beginn der Schutzfrist der Tag der Fehlgeburt maßgeblich ist, empfiehlt sich eine rasche Mitteilung.
Nicht erforderlich ist – anders als bislang – eine ärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeit. Dies ist ein ganz entscheidender und wichtiger Unterschied: Das Gesetz gewährt den Betroffenen Mutterschutz, ohne dass sie mit ihrem Arzt/ihrer Ärztin über die Dauer einer Krankschreibung ins Gespräch gehen müssen. Sind die durch die Fehlgeburt ausgelösten Belastungen so stark, dass sie über den Zeitraum des Mutterschutzes hinausgehen, besteht natürlich weiterhin die Möglichkeit der Krankschreibung.
Umgekehrt können Frauen, die unmittelbar an ihren Arbeitsplatz zurückkehren möchten, dies auch tun. Entweder (wenn sie die Schwangerschaft noch nicht offenbart hatten) unterlassen sie von vornherein die Mitteilung. Oder sie erklären sich ausdrücklich zur Arbeit bereit.
Nachholbedarf für privatversicherte Selbständige
Selbstständig erwerbstätige Frauen, die freiwillig gesetzlich krankenversichert sind und die bei Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Krankengeld haben, werden von der Neuregelung ebenfalls erfasst und erhalten Mutterschaftsgeld von ihrer Krankenkasse iHv bis zu EUR 13 / Tag.
Privat versicherte Selbständige hingegen erhalten keine gesetzlich geregelten Leistungen. Hier soll in Zukunft – unter Beteiligung der privaten Krankenversicherung – nachgebessert werden.
Insgesamt sind die Neuregelungen sehr zu begrüßen. Sie bieten betroffenen Frauen einen zuverlässigen und angemessenen Schutz, ohne sie in ihrer Selbstbestimmung einzuschränken.
So kann gute Familienpolitik aussehen – auch fraktionsübergreifend.
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