BAG neu und wichtig: Kein Präventionsverfahren ohne Kündigungsschutz
Zuletzt entbrannte zwischen verschiedenen Landesarbeitsgerichten ein Streit über die Frage: Sind Arbeitgeber von schwerbehinderten/gleichgestellten Beschäftigten auch dann zur Durchführung eines Präventionsverfahrens nach § 167 Abs. 1 SGB IX verpflichtet, wenn (noch) kein Kündigungsschutz besteht?
Die Frage ist äußerst praxisrelevant, wenn es um Kündigungen während der Wartezeit (also innerhalb der ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses) oder Kündigungen im Kleinbetrieb geht.
Das LAG Thüringen (Az.: 1 Sa 201/23) hat die Frage verneint.
Das LAG Köln (Az.: 6 SLa 76/24) hat sie grundsätzlich bejaht, siehe auch unseren letzten Beitrag zum Urteil des LAG Köln vom 12.09.2024.
In dem Revisionsverfahren gegen die Entscheidung des LAG Thüringen war nun das BAG am Zuge.
In seinem Ende der letzten Woche im Volltext veröffentlichten Urteil vom 03.04.205 (Az.: 2 AZR 178/24) hat das BAG die Frage mit NEIN beantwortet.
Das bedeutet:
- Bei einer Kündigung von schwerbehinderten/gleichgestellten Beschäftigten innerhalb der ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses oder in einem Kleinbetrieb muss kein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX durchgeführt werden.
- Aber: Arbeitgeber können auch in Arbeitsverhältnissen ohne Kündigungsschutz verpflichtet sein, Maßnahmen nach § 164 SGB IX zur behinderungsgerechten Gestaltung des Arbeitsplatzes zu ergreifen, um eine Kündigung zu vermeiden.
Passiert das nicht, ist eine Kündigung aber nur dann rechtswidrig, wenn die/der Beschäftige darlegt, dass
- die Kündigung im Zusammenhang mit der Behinderung stehtund
- welche Maßnahmen der Arbeitgeber hätte ergreifen können, um eine behinderungsgerechte Beschäftigung zu ermöglichen.
Da in dem vom BAG entschiedenen Fall kein Zusammenhang zwischen der Kündigung und der Behinderung aufgezeigt wurde, wurde die Wirksamkeit der Kündigung vom BAG bestätigt.
Fazit:
Wissen Arbeitgeber um die Schwerbehinderung/Gleichstellung von Beschäftigten, müssen sie vor einer Kündigung nur dann Maßnahmen in Erwägung ziehen, wenn es Anhaltspunkte gibt, dass die Nicht-Eignung mit der Behinderung in Zusammenhang steht.
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