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Kein Verzicht auf gesetzlichen Mindesturlaub durch Prozessvergleich – Der Volltext des BAG-Urteils ist da!

In unserem Beitrag vom 03.06.2025 hatten wir bereits die Pressemitteilung des BAG-Urteils vom 03.06.2025 (Az: 9 AZR 266/24) kommentiert, in der das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied:

Arbeitnehmer können nicht wirksam auf ihren gesetzlichen Mindesturlaub verzichten, auch nicht im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs. 

Nach Veröffentlichung des Volltextes der Entscheidung möchten wir die Feststellungen des BAG gerne folgendermaßen präzisieren: 

  • Im bestehenden Arbeitsverhältnis können Arbeitnehmer - selbst durch einen gerichtlichen Vergleich - nicht wirksam über ihren gesetzlichen Mindesturlaub verfügen. Ein Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub verstößt gegen § 13 Abs. 1 Satz 3 des Bundesurlaubsgesetzes und ist nach § 134 BGB unwirksam.

  • Ebenso unwirksam ist eine Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer, wonach er den gesetzlichen Mindesturlaub tatsächlich in Anspruch genommen hat (sog. Tatsachenvergleich), obwohl er ihn unstreitig nicht genommen hat.
    Das BAG sagt hierzu wörtlich: 
    „Bestand jedoch zwischen den Arbeitsvertragsparteien bei Vertragsschluss kein Streit im Tatsächlichen über Urlaubsansprüche, die von der Vereinbarung erfasst werden, besteht kein Raum für einen Tatsachenvergleich.“
    Da der Arbeitnehmer im entschiedenen Fall langzeitkrank war, konnte er den Mindesturlaub unstreitig nicht in Anspruch nehmen.

  • Arbeitnehmer verhalten sich grundsätzlich nicht treuwidrig, wenn sie per (Tatsachen-) Vergleich auf den Mindesturlaub verzichten und ihn hinterher doch verlangen. Arbeitgeber können laut BAG allein aufgrund einer gesetzeswidrigen „Verzichtserklärung“ nicht darauf vertrauen, dass deren Unwirksamkeit später nicht mehr geltend gemacht wird. 
    Hinzukommen müssen vielmehr weitere Vertrauenstatbestände, die es im entschiedenen Fall nicht gab.

Quintessenz:

  • Arbeitnehmer können bloß auf den (tarif-) vertraglichen Mehrurlaub, nicht aber den gesetzlichen Mindesturlaub verzichten.

  • Ein Tatsachenvergleich über den gesetzlichen Mindesturlaub kommt nur in Betracht, wenn die Inanspruchnahme des Urlaubs tatsächlich im Streit war. Meistens schwierig.
    Möglich bleibt der Verzicht auf den (tarif-)vertraglichen Mehrurlaub.

  • Weiterhin möglich ist auch der Verzicht auf die finanzielle Abgeltung von Mindest- und Mehrurlaub (sog. Urlaubsabgeltung). Aber Achtung: Auf die Urlaubsabgeltung kann erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verzichtet werden.

  • Arbeitgeber sollten Urlaubsansprüche nicht vorschnell in Abfindungen einpreisen. Sie sollten sich auch nicht darauf verlassen, dass Urlaube während einer Freistellung verbraucht werden; Turboklauseln und eine AU können hier schnell einen Strich durch die Rechnung machen. Aber auch hierfür gibt es kreative Lösungen; sprechen Sie uns gerne an.

 

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