Gebetspausen und Ramadan:
Müssen Sie Gebetspausen akzeptieren? Und was ist, wenn Mitarbeiter aufgrund des Fastenmonats Ramadan ihren Tätigkeiten nicht mehr uneingeschränkt nachgehen können?
Unsere mulitkulturelle Gesellschaft stellt die Arbeitgeber vor einige Herausforderungen, wenn es um die Religionsausübungsfreiheit geht. Zum einen betrifft das das Thema Gebetspausen. Zum anderen fängt Ende Mai wieder der Fastenmonat Ramadan an, der gerade bei Arbeitnehmern, die körperlich anstrengende Arbeit leisten, zu gesundheitlichen Einschränkungen führen kann. Wir möchten Ihnen daher im Folgenden sagen, was Sie insoweit beachten müssen.
1. Allgemeines
Die Religionsausübungsfreiheit ist hierzulande ein hohes Gut. Ein ebenso hohes Gut ist die unternehmerische Betätigungsfreiheit. Wenn Religion auf Arbeit trifft, stehen sich also zwei Grundrechte gegenüber, die gegeneinander abgewogen werden müssen.
Überwiegen die Interessen der Arbeitnehmer an einer ungestörten Religionsausübung, muss der Arbeitgeber Rücksicht nehmen. Überwiegen die Interessen des Arbeitgebers, muss der Arbeitnehmer Rücksicht nehmen.
2. Gebetspausen
Grundsätzlich haben Arbeitnehmer Anspruch darauf, die Arbeit für kurzzeitige Gebetspausen zu unterbrechen, wenn das mit den betrieblichen Belangen in Einklang zu bringen ist. Da Gebetspausen in der Regel kurz sind, räumt die Rechtsprechung dem Interesse des Arbeitnehmers in der Regel den Vorrang vor dem Interesse des Unternehmens ein.
Grundsätzlich müssen Sie es also tolerieren, dass die Arbeit zur Abhaltung kurzzeitiger Gebete unterbrochen wird. Aber müssen Sie die Gebetspausen auch bezahlen?
Die Antwort lautet: Grundsätzlich müssen Sie die Gebetspausen bezahlen, da das ein Fall von § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist.
Eine Ausnahme von der Bezahlpflicht kann bestehen, wenn Sie im Arbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmer vereinbart haben, dass § 616 BGB nicht gilt. Wenn Sie einen solchen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben, können Sie sich allerdings nicht ganz sicher wähnen; es steht nämlich noch nicht fest, ob § 616 BGB in Arbeitsverträgen wirksam ausgeschlossen werden kann.
Vor diesem Hintergrund sind Unternehmen in einer misslichen Situation.
Deshalb ist es wichtig, dass Sie wissen, dass es für Gebetspausen folgende Einschränkungen gibt:
- Arbeitnehmer, die Gebetspausen einlegen möchten, müssen das dem Vorgesetzten vorher anzeigen. Sie haben also eine Anzeigepflicht.
- Noch wichtiger ist Folgendes: Sofern der Arbeitnehmer nicht zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt, sondern nur innerhalb eines bestimmten Rahmens beten muss, dürfen Sie als Arbeitgeber entscheiden, wann entsprechend Ihrer betrieblichen Belange gebetet wird. Wenn der religiöse Zeitrahmen auch ein Gebet nach Ende der Arbeitszeit erlaubt, können Sie den Arbeitnehmer verpflichten, ausserhalb der Arbeitszeit zu beten. Der Koran schreibt allen Gläubigen das Pflichtgebet zu 5 bestimmten Tageszeiten vor. Gebetet werden muss nach dem Koran aber nicht zu einer ganz bestimmten Uhrzeit, sondern innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens. Der Zeitrahmen bestimmt sich abhängig von dem Stand der Sonne und variiert innerhalb des Jahres. Die gute Nachricht ist: Die jeweiligen Zeitrahmen sind im Internet veröffentlicht und können auf der Website Gebetszeiten eingesehen werden.
3. Der Fastenmonat Ramadan
Ende Mai beginnt er wieder, der Fastenmonat Ramadan. Da auch das Fasten zur Religionsausübungsfreiheit gehört, können Sie den Arbeitnehmern das Fasten nicht verbieten. In bestimmten Branchen kann das Fasten aber zu einer Gesundheitsgefährdung führen. Der Verzicht auf Wasser und Nahrung kann zu einer Dehydrierung und einer Kreislaufschwäche führen. Das Fasten kann daher mitunter Folgen für die Sicherheit der fastenden Arbeitnehmer selbst oder Dritter haben.
Daher stellt sich die Frage, was Sie tun können oder sogar müssen, um Schäden vom Arbeitnehmer und/oder Dritten abzuhalten.
- Ein Fastenverbot kommt wie schon gesagt nicht in Betracht.
- Wenn das Fasten nachteilige Auswirkungen hat, sind Sie ggfs. verpflichtet, dem Arbeitnehmer Aufgaben zuzuweisen, denen sein Zustand nicht abträglich ist. Bestehen anderweitige Einsatzmöglichkeiten nicht und ist der Arbeitnehmer offensichtlich nicht in der Lage, seine Arbeit ohne Gefährdung für sich oder Dritte zu erbringen, sind Sie aus Ihrer Fürsorgepflicht heraus verpflichtet, den Arbeitnehmer ggfs. zwangsweise von der Arbeit zu befreien. Und wieder stellt sich die Frage: Müssen Sie den Arbeitnehmer dann für die Arbeitsbefreiung bezahlen? Anders als bei den Gebetspausen ist diese Frage eher mit nein zu beantworten. Da der Ramadan fast einen Monat dauert, kann von einer kurzzeitigen Arbeitsverhinderung im Sinne von § 616 BGB nämlich keine Rede mehr sein. Das Problem aber ist: Dem Arbeitnehmer, der ohne Entlohnung fastenbedingt nach Hause geschickt wird, ist es unbenommen, sich eine Arbeitsunfähigkeit ärztlich attestieren zu lassen. Dann folgt die Pflicht zur Gehaltsfortzahlung nämlich nicht mehr aus § 616 BGB, sondern aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Aufgrund der grundgesetzlich verbürgten Religionsfreiheit wird man wohl nicht davon ausgehen können, dass das Fasten ein schuldhaftes Handeln gegen sich selbst ist, das den Entgeltfortzahlungsanspruch ausschließt.
Daher unser Tipp:
Am besten vereinbaren Sie mit Mitarbeitern, die das Ramadan-Fasten machen möchten, schon vorher andere Lösungen (z. B. Inanspruchnahme von Urlaub, Ausgleich von Überstunden in Freizeit, Ausübung von anderen Tätigkeiten oder eventuell Teilzeitarbeit).
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