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Was tun mit dem Resturlaub bei fristlosen Kündigungen?

In den meisten Fällen, in denen Arbeitnehmern fristlos gekündigt wird, haben die Arbeitnehmer noch Resturlaub.
Da fristlose Kündigungen meistens rechtlich riskant sind, stehen Arbeitgeber vor folgendem Dilemma:

Wenn die Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für den Resturlaub eine finanzielle Urlaubsabgeltung zahlen und das Arbeitsgericht später entscheidet, dass die fristlose Kündigung unwirksam war, laufen die Arbeitgeber Gefahr, dass sie dem Arbeitnehmer den zu Unrecht abgegoltenen Urlaub nochmal "in natura" in dem dann ja noch bestehenden Arbeitsverhältnis gewähren müssen.

Einen Ausweg aus diesem Dilemma hat nun das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in seinem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 04.09.2019 (Az.: 4 Sa 15/19) aufgezeigt.

Ausgangspunkt der Entscheidung war eine fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung.

In dem Kündigungsschreiben hatte der beklagte Arbeitgeber hinsichtlich der noch offenen Urlaubsansprüche geschrieben:

„Für den Fall der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung gelte ich Ihnen bis zum Kündigungszeitpunkt nicht genommenen Urlaub ab.

Für den Fall der nicht anzunehmenden Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung habe ich Ihnen hilfsweise ordentlich gekündigt. In diesem Fall gilt Folgendes: Sie werden Ihren sämtlichen noch nicht genommenen Urlaub direkt im Anschluss an den Zeitpunkt des Zugangs dieser Kündigung in der Zeit vom 19.09.2017 bis 11.10.2017 nehmen. Die gezahlte Abgeltung ist dann als Zahlung des Urlaubsentgelts für den betreffenden Zeitraum zu verstehen. In jedem Fall sage ich Ihnen für die Zeit Ihres Urlaubs die Urlaubsvergütung vorbehaltlos zu.“


In dem dann folgenden Kündigungsschutzverfahren schlossen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Vergleich, in dem sie sich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum ordentlichen Kündigungstermin und im Übrigen auf die ordnungsgemäße Abrechnung des Arbeitsverhältnisses verständigten.

Auf Basis dieses Vergleichs gab es dann einen erneuten Rechtsstreit, da der Arbeitnehmer sich auf den Standpunkt stellte, dass der Arbeitgeber die bereits geleistete Urlaubsabgeltung nicht nachträglich als Urlaubsentgelt hätte behandeln dürfen.
Das Gericht gab allerdings dem Arbeitgeber recht.

Nach Meinung der Richter ist es sehr wohl zulässig, eine mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Urlaubsabgeltung für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung als Urlaubsvergütung für einen bestimmten Urlaubszeitraum zu deklarieren.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg ist aber auch noch aus einem weiteren Grund interessant:

In der Entscheidung ging es nämlich auch um die ebenso berechtigte Frage, ob ein Arbeitnehmer  den für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigung festgelegten Urlaub überhaupt in Anspruch nehmen kann, wenn ihm doch gleichzeitig diverse Verpflichtungen gegenüber der Arbeitsagentur obliegen.

Nach Meinung der Baden-Württembergischen Landesarbeitsrichter stehen die Verpflichtungen gegenüber der Arbeitsagentur der wirksamen Urlaubserteilung aus folgenden Gründen nicht entgegen:

  • Wenn dem Arbeitnehmer eine Urlaubsabgeltung gezahlt wurde, ruht sein Anspruch auf Arbeitslosengeld ohnehin für den Zeitraum der Urlaubsabgeltung. Der Arbeitnehmer muss sich daher noch nicht sofort arbeitslos melden.
     
  • Die nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches III bestehende Pflicht, sich innerhalb von 3 Tagen arbeitssuchend zu melden (auch wenn man zunächst keine Leistungen in Anspruch nehmen möchte), stehen der wirksamen Urlaubserteilung ebenfalls nicht im Wege. Denn diese Folge tritt auch ein, wenn der Arbeitnehmer eine ordentliche Kündigung erhält und der Urlaub innerhalb der ordentlichen Kündigungsfrist genommen werden muss.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der von ihm entschiedenen Fragen hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
 
Selbst wenn das letzte Wort noch nicht gesprochen wurde, sollten Arbeitgeber sich jetzt schon an dieser Entscheidung orientieren, da es derzeit keine andere oder bessere Alternative gibt.
 
Wenn Sie mehr zum neuen Urlaubsrecht wissen möchten, laden wir Sie herzlich zu unserem Workshop "Update Daily Business, Teil 2" am 27.03.2020 in Köln ein.

Alle weiteren Workshops finden Sie hier.
 
 
Bettina Steinberg          Dr. Mona Geringhoff          Lydia Voß

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