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Warum es sich in Zeiten von Pandemien lohnt, auf die Gestaltung von Arbeitsverträgen zu achten und warum das Kurzarbeitergeld nicht die Lösung aller Probleme ist

Das Thema „Corona“ ist in aller Munde, auch aus arbeitsrechtlicher Sicht.

Dieses und viele weitere Themen (mit und ohne Corona-Zusammenhang) werden wir daher in unserem Workshop am 27.03.2020 ausführlich besprechen.

Zwei Punkte möchten wir bereits in unserem heutigen Newsletter hervorheben:

Die Folgen (einvernehmlicher oder einseitiger) Freistellung von Arbeitnehmern unabhängig von einer behördlichen Anordnung und die Frage, warum die Vertragsgestaltung auch im Zusammenhang mit Pandemien Bedeutung hat.

1. Freistellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und warum Kurzarbeit nicht immer die Lösung ist

Sicherlich haben Sie eine solche Situation in den letzten Tagen selbst erlebt:
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sprechen Sie an und wollen zu Hause arbeiten oder gleich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt werden, obwohl es dazu keinen zwingenden Grund (wie beispielsweise eine behördliche Anordnung) gibt.
Umgekehrt kommt es auch immer wieder vor, dass Arbeitgeber Arbeitnehmer vorsorglich nach Hause schicken, weil diese Krankheitssymptome zeigen, ohne aber nachweislich Kontakt zu einer infizierten Person gehabt zu haben.

Menschlich ist sicherlich vieles vertretbar; aber wie ist es rechtlich und wie können Sie die finanziellen Folgen eines daraus resultierenden Arbeitsausfalls kompensieren?

Zunächst einmal müssen Sie sich bewusst machen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer grundsätzlich verpflichtet sind, ihrer Tätigkeit, wie vertraglich vereinbart, nachzukommen. Solange diese Mitarbeiter also nicht selbst arbeitsunfähig erkrankt sind und dies durch Vorlage eines ärztlichen Attests nachweisen, dürfen Sie verlangen, dass Ihre Belegschaft in voller Mann- und Fraustärke im Unternehmen erscheint. Sie sind aber gleichzeitig verpflichtet, das Gehalt in voller Höhe zu zahlen. Letzteres gilt auch, wenn die Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten oder von Ihnen einseitig freigestellt werden, ohne arbeitsunfähig zu sein und auch dann, wenn die Mitarbeiter (aufgrund der ungewohnten Tätigkeit im HomeOffice oder aus anderen Gründen) nicht die Performance zeigen, die Sie sonst von ihnen gewohnt sind.

Da hilft auch das vielfach in den Medien angepriesene Kurzarbeitergeld nicht.
Das Kurzarbeitergeld ist keine staatliche Unterstützung für Unternehmen, deren Mitarbeiter unkonzentriert arbeiten.
Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist vielmehr, dass die üblichen Arbeitszeiten vorübergehend wesentlich verringert sind, beispielsweise, wenn aufgrund des Corona-Virus Lieferungen ausbleiben und dadurch die Arbeitszeit verringert werden muss oder staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorrübergehend geschlossen wird.
Die Lockerung der gesetzlichen Vorgaben, die vielfach geradezu „beworben“ werden, dürfen also nicht als Freifahrtschein für die Gewährung von Kurzarbeitergeld im Zusammenhang mit dem Coronavirus missverstanden werden.

Sollten Ihr Unternehmen allerdings tatsächlich zu denen gehören, bei denen als Folge der Pandemie die Arbeitszeit reduziert werden muss, können Sie von den Lockerungen profitieren.
Melden Sie sich gerne bei uns und wir besprechen, welche Möglichkeiten sich bieten.

2. Warum es sich in Zeiten von Pandemien besonders lohnt, die Anwendung von § 616 BGB vertraglich auszuschließen

Nach § 616 BGB sind Sie verpflichtet, Ihren Mitarbeitern die Vergütung fortzuzahlen, wenn diese aus „persönlichen Gründen“ an der Ausübung der Tätigkeit gehindert sind.

Klassische Fälle von § 616 BGB sind die Erkrankung von Kindern und Familienereignisse wie die eigene Hochzeit.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs können Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz aber ebenfalls ein in der Person des Arbeitnehmers liegendes, unverschuldetes Leistungshindernis nach § 616 BGB darstellen und dementsprechend einen gesetzlichen Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung begründen. Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) sind z.B. die Quarantäne und das berufliche Tätigkeitsverbot gemäß §§ 30, 31 IfSG.

Wie viele von Ihnen wissen, ist die gesetzliche Regelung in § 616 BGB aber (im Gegensatz zu den Vorschriften des Entgeltfortzahlungs- oder des Bundesurlaubsgesetzes) nicht zwingend. Es besteht vielmehr die Möglichkeit, den Anspruch aus § 616 BGB vertraglich auszuschließen.

Das macht im Falle kranker Kinder Sinn (zumal gesetzlich versicherte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesen Fällen einen Anspruch auf Krankengeld nach § 45 SGB V haben), lohnt sich aber – wie man aktuell sehen kann – auch im Falle von Pandemien.

Natürlich stehen die betroffenen Mitarbeiter in diesen Fällen nicht mittellos da:
§ 56 des Infektionsschutzgesetzes gewährt den Arbeitnehmern gegenüber der Behörde einen Entschädigungsanspruch für den aufgrund der Quarantäne bzw. des Tätigkeitsverbots ausgefallenen Verdienst.
In den ersten sechs Woche bemisst sich der Entschädigungsanspruch nach der Höhe der Vergütung, vom Beginn der siebenten Woche an wird sie in Höhe des Krankengeldes gezahlt.

Im Vergleich zu den Kind-krank-Fällen gilt aber die Besonderheit, dass der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen hat. Sie fungieren also als Zahlstelle der Behörde.

Die ausgezahlten Beträge werden Ihnen dann auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet.

Wie gesagt gilt dieser Erstattungsanspruch aber nicht, wenn dem Arbeitnehmer keine Nachteile erwachsen, weil Sie als Arbeitgeber ohnehin verpflichtet sind, die Vergütung fortzuzahlen. In solchen Fällen würde der Entschädigungsanspruch aus dem Infektionsschutzgesetz nicht zum Tragen kommen.

Von dem gesetzlichen Erstattungsanspruch profitieren Sie also nur, wenn Sie Ihre Arbeitsverträge richtig gestalten und die § 616 BGB als Rechtsgrundlage für die Zahlungsverpflichtung ausschließen.

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