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Corona-Update vom 05.05.2021

Nach einer kurzen „Corona-Verschnaufpause“ berichten wir heute zum einen davon, welche Ausnahmen die Politik für Geimpfte und Genesene plant und stellen Ihnen zum anderen drei interessante arbeitsgerichtliche Urteile vor, die sich ebenfalls rund um die Pandemie drehen.

Ausnahmen für Geimpfte? – Verordnungsentwurf vorgelegt

Mit dem zunehmenden Tempo bei den Impfungen gegen das Corona-Virus wird auch die Forderung nach Lockerungen bzw. Ausnahmeregelungen von den Schutzmaßnahmen für geimpfte Personen lauter. Nun hat das Bundesjustizministerium einen Entwurf für die „Verordnung zur Regelung von Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19“ vorgelegt. Das Dokument finden Sie hier. Die wichtigsten Punkte haben wir wie gewohnt für Sie zusammengefasst:

  • Zunächst sieht die Verordnung die Gleichstellung von geimpften und genesenen Personen mit solchen, die einen negativen (Schnell-)test vorweisen können, vor. Mit anderen Worten: Alles, was nach den Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes (bei entsprechender Inzidenzlage) nur mit Vorlage eines negativen Testergebnisses möglich ist (z.B. Friseurbesuch, Terminshopping), dürfen nun auch Geimpfte und Genesene tun.

    Wer als "geimpft" und "genesen" gilt und wie dies nachzuweisen ist, ist zu Beginn der Verordnung geregelt.

  • Außerdem gelten weitergehende Ausnahmen für Geimpfte und Genesene. Hintergrund ist, dass das (trotz Impfung oder überstandener Infektion nicht gänzlich auszuschließende) Risiko, dass sich diese Personen infizieren und andere anstecken können, (deutlich) geringer ist, als bei negativ getesteten Personen. Daher soll für geimpfte und genesene Personen laut des Verordnungsentwurfs künftig gelten:
    • Treffen von Geimpften und Genesenen „unter sich“ ohne Kontaktbeschränkung werden erlaubt.
    • Sie werden außerdem bei Treffen mit nicht geimpften oder genesenen Personen bei der Bestimmung der zulässigen maximalen Personenanzahl nicht mitgezählt.
    • Weitere Beschränkungen (z.B. Ausgangssperre) gelten für sie nicht.
    • Geimpfte oder genesene Kontaktpersonen von Infizierten oder Reiserückkehrern müssen sich grundsätzlich nicht in Quarantäne begeben. Ausnahme: Bei Kontakt zu einer Person, die mit einer gefährlichen in Deutschland noch nicht verbreiteten Mutation infiziert ist oder bei einer Reise in ein Mutationsgebiet (z.B. Brasilien, Südafrika).

Die genannten Ausnahmen gelten nicht nur für Schutzmaßnahmen, die auf Bundesebene – sprich im Infektionsschutzgesetz – geregelt sind. Sie gelten auch für etwaige landesrechtliche Vorschriften. Denn wie Sie wissen, gelten neben dem Infektionsschutzgesetz immer noch die einzelnen Corona-Schutzverordnungen der Länder weiter.

An die Arbeitgeber: Die Testpflicht der Unternehmen bzgl. der nicht im Home-Office arbeitenden Beschäftigten bleibt wohl bestehen.

Die Verordnung soll zeitnah vom Bundestag beschlossen werden; eine Zustimmung des Bundesrats ist ebenfalls erforderlich. Wir bleiben für Sie am Ball.

Fristlose Kündigung wegen Missachtung der Corona-Schutzmaßnahmen?
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat sich in seinem aktuellen Urteil vom 27.04.2021 (Az.: 3 Sa 646/20) mit der Frage beschäftigt, ob eine (vorsätzliche) Missachtung der Corona-Schutzmaßnahmen im Betrieb eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Der bisher nur veröffentlichten Pressemitteilung ist zu entnehmen, dass die Antwort: „Ja“ lautet.

Der dem Urteil zugrundeliegende Fall war allerdings nicht „ganz ohne“: Dem betroffenen Arbeitnehmer wurde vorgeworfen, er habe einen Kollegen bewusst und aus nächster Nähe angehustet und dabei sinngemäß gesagt, er hoffe, dass der Kollege Corona bekomme.

Das Gericht stellte fest, dass ein solches Verhalten geeignet sei, eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung zu rechtfertigen. Im Endeffekt wurde der Kündigungsschutzklage des Klägers dennoch stattgegeben, da der Arbeitgeber das beschriebene Verhalten nicht beweisen konnte.

Die „Moral der Geschichte“ dürfte aber sein: Arbeitnehmer*innen, die sich bewusst über betriebliche Schutzmaßnahmen hinwegsetzen und dabei unmittelbar Kolleg:innen gefährden, darf fristlos gekündigt werden – wobei es aber natürlich wie immer auf die Umstände des Einzelfalls ankommt.
 
Kündigung wegen (vermeintlicher) Quarantäne?

In dem vom Arbeitsgericht Köln am 15.04.2021 entschiedenen Fall (Az.: 8 Ca 7334/20), ging es ebenfalls um eine Kündigung. Grund für die Kündigung war, dass sich der betroffene Arbeitnehmer aufgrund einer telefonischen Quarantäneanordnung des Gesundheitsamts von der Arbeit abmeldete, dann aber nicht innerhalb einiger Tage eine schriftliche Bestätigung vorlegte. Die schriftliche Bestätigung hatte der Arbeitgeber aufgrund von Zweifeln am Wahrheitsgehalt der Aussage des Mitarbeiters gefordert und ihn zudem angewiesen, entgegen der Quarantäneanordnung im Betrieb zu erscheinen. Tatsächlich bestand aber die entsprechende Anordnung durch das zuständige Gesundheitsamt. Die Kölner Richter:innen urteilten daher, dass die ausgesprochene Kündigung sittenwidrig und damit unwirksam sei. Da es sich bei dem Arbeitgeber um einen Kleinbetrieb handelt, der nicht unter das Kündigungsschutzgesetz fällt, konnte die Kündigung nur über die "Sittenwidrigkeit" gekippt werden. 

Arbeitgeber sind also gut beraten, bei Fehlzeiten wegen einer Quarantäneanordnung nicht vorschnelle Schlüsse zu ziehen. Die telefonische Anordnung der Quarantäne von Kontaktpersonen ist gang und gäbe, damit die betroffenen Personen so schnell wie möglich informiert werden. Es folgt zwar eine schriftliche Bestätigung; diese kann aber – nicht zuletzt wegen des hohen Arbeitsaufkommens bei den Gesundheitsämtern – mehrere Tage auf sich warten lassen und kommt manchmal sogar erst dann an, wenn die Quarantäne bereits vorbei ist.
 
Betriebsschließung = Betriebsrisiko des Arbeitgebers?

In unserem Corona-Update vom 12.04.2021 hatten wir Ihnen bereits ein Urteil des LAG Düsseldorf vorgestellt (Urteil vom 30.03.2021 – Az.: 8 Sa 674/20), in dem das Gericht entschied, dass behördlich angeordnete Betriebsschließungen zum Betriebsrisiko des Arbeitgebers im Sinne von § 615 S. 3 Bürgerliches Gesetzbuch zählen. Derselben Ansicht ist das Arbeitsgericht Mannheim in seinem gerade veröffentlichten Urteil vom 25.03.2021 (Az.: 8 Ca 409/20). Relevant ist diese Frage vor allem für Lohnansprüche wegen Annahmeverzugs für die Zeit, in der der Betrieb geschlossen war. Betroffen hiervon sind z. B. Betriebe mit Mitarbeiter:innen im Minijob-Bereich, die keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben.

Das Arbeitsgericht Mannheim begründet seine Entscheidung zunächst damit, dass die Schließungsanordnung einer gerade von diesem Betrieb ausgehenden Gefährdung vorbeuge - bei dem Betrieb handelte es sich nämlich um einen Tanzclub, für den ein besonderes Infektionsrisiko besteht.

Außerdem ist das Arbeitsgericht der Meinung, dass die Corona-Pandemie auch kein völlig unvorhersehbares Ereignis sei und das Betriebsrisiko durch finanzielle Rücklagen oder eine Betriebsschließungsversicherung – jedenfalls in der Theorie – hätte einkalkuliert werden können.

Interessant sind auch die folgenden klaren Worte des Gerichts: „Unbeschadet dessen, erfolgte die Schließung des Betriebes der Beklagten nicht aufgrund der Pandemie (im Gegenteil: weite Teil der Wirtschaft und gerade der Gastronomie sind der Auffassung, eine Schließung sei bei Einhaltung eines Hygienekonzepts nicht notwendig), sondern der Anordnungen der Exekutive. Die Betriebsstörung tritt durch einen politischen Ermessensakt ein, der im Kern den Zweck hat, die Infizierung der Bevölkerung zu verlangsamen, um sie besser behandelbar zu machen (Verhinderung des Zusammenbruchs der Gesundheitsversorgung). Nicht die Epidemie macht damit die Fortsetzung des Betriebs unmöglich, sondern die politische Entscheidung, Unternehmungen zu untersagen, deren wirtschaftliche Betätigung entweder auf viele Kunden zielt oder die so kundennah arbeiten, dass Infektionsgefahr besteht. Es handelt sich also um eine wertende, gesundheitspolitische, behördliche Entscheidung mit erheblichem Ermessensspielraum, die Epidemie nicht einfach „auszusitzen“ und zahlreiche Todesfälle in Kauf zu nehmen, sondern Betriebe mit einer bestimmten Struktur einzuschränken oder stillzulegen (ErfK/Preis a.a.O.; Preis/Mazurek/Schmid a.a.O.).“

Ob das Bundesarbeitsgericht – sobald es die Gelegenheit dazu bekommt – diese Grundsatzfrage genauso beantworten wird, bleibt abzuwarten.
 
Wie immer halten wir Sie natürlich über alle wichtigen Neuerungen auf dem Laufenden!

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