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Der Streit um Freistellungsklauseln in Arbeitsverträgen – wie sollen Arbeitgeber damit umgehen?

In vielen Arbeitsverträgen findet sich eine Regelung, die da sinngemäß lautet:
 
Die Arbeitgeberin ist berechtigt, den Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberkündigung unter Fortzahlung der Arbeitsvergütung von der Arbeitsleistung freizustellen.
 
Seit Jahren wird darüber gestritten, ob eine solche Klausel wirksam ist.
Die einen sagen ja, die anderen sagen nein. Die Nein-Sager begründen das damit, dass es sich mit dem Beschäftigungsanspruch von Arbeitnehmern nicht verträgt, sie, so lange das Arbeitsverhältnis besteht, grundlos freizustellen.
 
„Nein“ zu einer solchen Freistellungsklausel hat auch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen in seinem gerade veröffentlichten Urteil vom 22.05.2025 (Az.: 5 SLa 249/25) gesagt. Da die Frage umstritten und noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, hat es die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG)zugelassen. Das Revisionsverfahren ist auch schon beim BAG anhängig, und zwar unter dem Aktenzeichen 5 AZR 108/25.
 
Nun werden sich viele fragen, warum das BAG nicht schon längst über eine solche, zuhauf vorkommende Klausel, von der ständig Gebrauch gemacht wird, entschieden hat.
 
Aufgrund unserer Erfahrungen können wir hierauf nur eine Antwort geben: Der Meinungsstreit ist nicht praxisrelevant. Und zwar deshalb nicht, weil die meisten Beschäftigten sich nach einer Kündigung sogar über ihre Freistellung freuen.
 
Wenn Arbeitgeber schon vor dem zu erwartenden BAG-Urteil in vorauseilendem Gehorsam hergingen und die Klausel um berechtigte Freistellungsgründe ergänzen, wäre das unter Umständen kontraproduktiv. Denn wenn der Arbeitgeber keinen der in der Klause genannten Freistellungsgrund hat, der Beschäftigte aber trotzdem freigestellt werden soll, könnte dem Beschäftigten das im Abfindungspoker nutzen.
 
Praktische Bedeutung hat das Thema Freistellung daher in erster Linie bei Beschäftigten mit Dienstwagen, die auch privat genutzt werden können.
In vielen Dienstwagenverträgen findet sich nämlich ebenfalls eine Regelung, wonach die Nutzung des Fahrzeugs u. a. bei einer Freistellung widerrufen werden kann.
Hier ist der Schmerz von Beschäftigten, die freigestellt werden, ungleich größer, wollen sie das Fahrzeug doch auch gerne während der Freistellung behalten.
 
Trotzdem würden wir eine solche „grundlose“ Freistellungsklausel beim Widerruf der Dienstwagennutzung nicht im vorauseilenden Gehorsam ändern.
 
Unser Praxistipp lautet vielmehr:
Überlegen Sie sich, ob Sie das Fahrzeug wirklich brauchen oder ob Sie auf den Widerruf der Nutzungsmöglichkeit verzichten, um den damit einhergehenden Streit über die Nutzungsentschädigung zu vermeiden.
 
Apropos Nutzungsentschädigung: In unserem Beitrag vom 13.08.2024 geht es um die Höhe der Nutzungsentschädigung bei Benzinern (Nutzungsentschädigung nach der 1-%-Regel), Elektro-Fahrzeugen (unseres Erachtens spricht viel dafür, dass die Nutzungsentschädigung auch dann nach der 1-%-Regel berechnet wird) und in Fällen, in denen Beschäftigte auch ein privates Kfz haben.

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