15. Juli 2021
EuGH: Kopftuchverbot am Arbeitsplatz kann zulässig sein
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich schon häufiger mit dem Thema „Kopftuchverbot am Arbeitsplatz“ bzw. der Abwägung zwischen Religionsfreiheit und dem Bedürfnis des Arbeitgebers nach religiöser Neutralität beschäftigt.
So auch in dem heute verkündeten Urteil (Az.: C-804/18 und C-341/19), um das es gleich gehen soll.
Bevor wir uns damit beschäftigen, zunächst ein kleiner Rückblick:
Im Jahr 2017 hat der EuGH in einem viel besprochenen Urteil entschieden: Das Interesse des Arbeitgebers an einem religiös „neutralen“ Erscheinungsbild einer Mitarbeiterin am Empfang mit direktem Kundenkontakt kann berechtigt sein.
Mit anderen Worten: Die unternehmerische Freiheit des Arbeitgebers kann die Religionsfreiheit überwiegen und ein Kopftuchverbot deshalb zulässig sein.
Die deutsche Rechtsprechung ist aufgrund der hierzulande hochgehaltenen Religionsfreiheit zurückhaltender und setzt die Hürden für Arbeitgeber höher an.
So entschied das Bundesarbeitsgericht erst vor kurzem (Urteil vom 27.08.2020, Az.: 8 AZR 62/19), dass ein pauschales Kopftuchverbot auch unter Berufung auf ein Neutralitätsgesetz (in diesem Fall des Landes Berlin) nicht gerechtfertigt sein kann. Es müssten vielmehr Anhaltspunkte für „konkrete Störungen“ durch das Tragen eines Kopftuchs dargelegt werden.
Auch in der heutigen Entscheidung des EuGH beschäftigte sich dieser mit Neutralitätsvorgaben gleich zweier Unternehmen, gegen die sich zwei Arbeitnehmerinnen, eine Kita-Erzieherin und eine Kassiererin und Kundenberaterin in der Drogerie, unter Berufung auf ihre Religionsfreiheit wandten. Die angerufenen deutschen Gerichte – das Hamburger Arbeitsgericht und das Bundesarbeitsgericht – stellten dem EuGH daraufhin die Frage, ob betriebliche Neutralitätsvorgaben eines privaten Unternehmens, die das Tragen jeglicher sichtbarer Zeichen religiöser, politischer und sonstiger weltanschaulicher Überzeugungen verbieten, mit dem EU-Recht vereinbar sind.