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26. Oktober 2021

Neues vom BAG zur Zurückweisung einer Kündigung

Neues vom BAG zur Zurückweisung einer Kündigung

Eine sonst eher unscheinbare, im Arbeitsrecht aber äußerst praxisrelevante Vorschrift ist § 174 Satz 1 BGB, der da lautet:

„Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist.“

Übersetzt ins Kündigungsrecht heißt das: Eine Kündigung ist unwirksam, wenn die unterzeichnende Person keine Original-Vollmachtsurkunde vorlegt und die:der betroffene Beschäftigte die Kündigung deswegen unverzüglich (nach der Rechtsprechung bedeutet "unverzüglich" grundsätzlich binnen Wochenfrist) zurückweist.

Hiervon gibt es folgende Ausnahmen:

  • Organschaftliche Vertreter einer GmbH oder einer Aktiengesellschaft:
    Die GmbH-Geschäftsführung und der Vorstand einer Aktiengesellschaft können kündigen, ohne dass dem Kündigungsschreiben eine Originalvollmacht beiliegt.

    Wenn bei einer GmbH mehrere Personen die Geschäftsführung inne haben und diese keine Einzelvertretungsbefugnis haben, müssen die Voraussetzungen der Gesamtvertretung eingehalten werden.
21. Oktober 2021

Impfschäden als Arbeitsunfall?

Impfschäden als Arbeitsunfall?

Wann sind Impfschäden ein Arbeitsunfall? Mit dieser Frage hat sich das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 06.09.2021 (L 2 U 159/20) beschäftigt. In dem entschiedenen Fall ging es um eine Grippeschutzimpfung. Die entschiedenen Grundsätze sind aber auch auf eine Corona-Schutzimpfung übertragbar.

Im konkreten Fall hatte ein Arbeitnehmer das freiwillige Angebot seines Arbeitgebers zur Grippeschutzimpfung wahrgenommen und sich impfen lassen. Einige Jahre später traten bei ihm gesundheitliche Probleme auf, die er auf die Impfung zurückführte. Für diese Impfschäden verlangte er nun Entschädigungsleistungen von der Berufsgenossenschaft. Begründung des Arbeitnehmers: Die Impfschäden seien ein Arbeitsunfall.

Das Landessozialgericht war anderer Meinung und stellte fest: Bei Impfschäden besteht nur dann ein Unfallsversicherungsschutz, wenn

  • die Teilnahme an der Impfung eine Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis ist oder
  • die/der Beschäftigte vom Arbeitgeber per Direktionsrecht zur Impfung angewiesen wurde oder
  • die Teilnahme an der Impfung auch den Interessen des Arbeitgebers dient.

All das war im konkreten Fall nicht gegeben.

Da eine Impfung aufgrund des "Freiwilligkeitsprinzips" in den meisten Fällen weder eine arbeitsvertragliche Haupt- oder Nebenpflicht ist noch per Direktionsrecht angewiesen werden kann, ist vor allem die letzte Fallgruppe interessant.

19. Oktober 2021

Kritik des BAG an Bundesregierung – Mindestlohn auch bei Bereitschaftsdienst

Kritik des BAG an Bundesregierung – Mindestlohn auch bei Bereitschaftsdienst

Heute soll es noch einmal um das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 24.06.2021 (Az.: 5 AZR 505/20) gehen, dessen Pressemitteilung bereits durch alle Medien ging. In diesem Urteil entschied das BAG, dass ausländische Betreuungskräfte, die in deutschen Privathaushalten arbeiten, einen Anspruch auf den (deutschen) Mindestlohn haben - und das nicht nur in Zeiten der Vollarbeit, sondern bspw. auch für Bereitschaftsdienst.

Vor wenigen Tagen wurde das Urteil im Volltext veröffentlicht. Und die kompletten Entscheidungsgründe zeigen, dass die vom BAG getroffenen Aussagen nicht nur für den Einsatz ausländischer Pflegekräfte in Privathaushalten, sondern für alle Unternehmen relevant sind.

Wann muss der Mindestlohn gezahlt werden?
Laut BAG muss der Mindestlohn nicht nur für Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) gezahlt werden.
Vielmehr wird der Mindestlohn für die vergütungspflichtige Arbeitszeit geschuldet.
Das bedeutet, dass der Mindestlohn bspw. auch für die Arbeitsbereitschaft, den Bereitschaftsdienst und Dienstreisezeiten gezahlt werden muss!

14. Oktober 2021

Brandaktuell: Lockdown ist doch kein Betriebsrisiko des Arbeitgebers

Brandaktuell: Lockdown ist doch kein Betriebsrisiko des Arbeitgebers

In den letzten Monaten hatten sich die Arbeitsgerichte häufiger mit der Frage zu beschäftigten, ob eine behördlich angeordnete Betriebsschließung im Rahmen des Lockdowns zum Betriebsrisiko des Arbeitgebers zählt. Und wie Sie aus einigen unserer Newsletter wissen, wurde dies bisher in der Rechtsprechung bejaht. Die Folge: Arbeitgeber mussten Beschäftigten, die wegen der behördlichen Betriebsschließung nicht arbeiten konnten, trotzdem Lohn fortzahlen. Haben sie das nicht getan, gerieten sie in Annahmeverzug. Anspruchsberechtigt waren vor allem Minijobber, die keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben.

Nun hatte das Bundesarbeitsgericht in seinem gestern gefällten Urteil (Az.: 5 AZR 211/21) die Gelegenheit, diese Frage höchstrichterlich zu klären. Das Ergebnis: Das BAG erteilte den bisherigen arbeitsgerichtlichen Entscheidungen eine Absage und urteilte: Der Arbeitgeber trägt nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn durch behördliche Anordnung Betriebe geschlossen werden, um die sozialen Kontakte zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge einer SARS-CoV-2-Infektion auf ein Minimum zu begrenzen.

Soweit es sich der Pressemitteilung entnehmen lässt, führte das Gericht zur Begründung aus, dass sich in einem solchen Fall nicht das in einem bestimmten Betrieb angelegte Betriebsrisiko realisiere. Vielmehr sei die Erbringung der Arbeitsleistung in Folge eines hoheitlichen Eingriffs unmöglich geworden. Die Verantwortlichkeit liege also beim Staat, sodass es dessen Aufgabe sei, die finanziellen Nachteile der betroffenen Beschäftigten auszugleichen. Das sei teilweise auch durch den erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld geschehen. Die Tatsache, dass Minijobber hiervon nicht erfasst werden, deute lediglich auf eine Lücke im sozialen System hin. Eine Zahlungspflicht des Arbeitsgebers könne sich daraus aber nicht ergeben.

12. Oktober 2021

Lohnsteuerklasse und Bezugszeitraum für den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld

Lohnsteuerklasse und Bezugszeitraum für den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld

Die Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld wirft bei vielen Arbeitgebern Fragen auf. Zwei dieser Fragen hat das Bundesarbeitsgericht in seinem aktuellen Urteil vom 19.05.2021 (Az.: 5 AZR 378/20) geklärt. Sie lauten:
Welche Lohnsteuerklasse und welcher Bezugszeitraum ist bei der Berechnung eigentlich anzuwenden?
 
Sehr häufig – und so auch im hier entschiedenen Fall –  kommt es im Zusammenhang mit Familienzuwachs bei den Anspruchsberechtigten zum Lohnsteuerklassenwechsel. Wie damit umzugehen ist, hat das Bundesarbeitsgericht nun klargestellt.
 
Der Fall ging so:
 
Die Klägerin bekam 2014 ihr erstes Kind; sie war damals in Lohnsteuerklasse III. Im Anschluss nahm sie Elternzeit und wechselte in Lohnsteuerklasse V. Sie bekam zwei weitere Kinder, ohne zwischenzeitlich ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen. Sie beendete vor den Geburten des zweiten und dritten Kindes jeweils vorzeitig die Elternzeit und nahm die Mutterschaftsfristen – und damit Mutterschaftsgeld und den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld in Anspruch.
 
Falls Sie sich nun wundern: Diese Vorgehensweise ist im Gesetz ausdrücklich so vorgesehen (§ 16 Abs. 3 S. 3 BEEG). Sie wird von den Betroffenen, die diesen „Trick“ kennen, natürlich gerne in Anspruch genommen, weil sie so für die Dauer von mindestens 14 Wochen wieder Geld vom Arbeitgeber und der Krankenkasse erhalten. Der Arbeitgeber wiederum bekommt den von ihm zu leistenden Zuschuss über das Umlageverfahren U2 erstattet.