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24. April 2025

Die Suche nach einem „Digital Native“ ist eine unzulässige Altersdiskriminierung

Die Suche nach einem „Digital Native“ ist eine unzulässige Altersdiskriminierung

Das gerade veröffentlichte Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 07.11.2024 (Az.: 17 Sa 2/24) ist ein weiterer Beleg dafür, dass Unternehmen bei der zielgruppenorientierten Formulierung von Stellenanzeigen mit einem Bein im AGG (= Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) stehen.

Im konkreten Fall wurde dem Unternehmen die Suche nach einem „Digital Native“ zum Verhängnis.

Das Unternehmen suchte eine:n „Manager Corporate Communications (m/w/d) Unternehmensstrategie“ und beschrieb die Stelle u. a. folgendermaßen:

„Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Datengetriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause“.
 
„Du bist ein absoluter Teambuddy…“
 
„Miss Dich mit interessanten und herausfordernden Aufgaben in einem dynamischen Team mit attraktiver Vergütung und Chancen zur beruflichen Entwicklung“.


Hierauf bewarb sich ein 1972 geborener Diplom-Wirtschaftsjurist (was auch sonst), wurde abgelehnt und machte dann eine Entschädigung nach § 15 Absatz 2 AGG geltend, die ihm allerdings nicht in der beantragten Höhe (= EUR 37.500,00) sondern „nur“ in Höhe von EUR 7.500 (= 1,5 Gehälter der ausgeschriebenen Position) zugesprochen wurde.

Ein Strick wurde dem beklagten Unternehmen vor allem aus dem „Digital Native“ gedreht.

Durch eine akribische Begriffsanalyse haben die Richter nämlich festgestellt, dass zu den Digital Natives jedenfalls keine Menschen der Jahrgänge vor 1980 gehören. Hier die interessante Begründung der baden-württembergischen Landesarbeitsrichter:

23. April 2025

Die Arbeitszeit beginnt nicht schon mit Betreten des Betriebsgeländes!

Die Arbeitszeit beginnt nicht schon mit Betreten des Betriebsgeländes!

Sie kennen den Grundsatz: Der Weg von zuhause zur Arbeitsstelle ist keine Arbeitszeit.

Aber was ist, wenn Beschäftigte das Betriebsgelände betreten haben? Tickt ab dann die Uhr? Oder tickt sie erst, wenn die Beschäftigten ihren eigentlichen Arbeitsplatz erreicht haben?

Klar ist, dass es sich bis zum Erreichen des individuellen Arbeitsplatzes noch nicht um Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes handelt. Oft unklar ist aber, ob die Wegezeiten innerhalb des Betriebsgeländes vergütet werden müssen.
Denn auch wenn es sich nicht um Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes handelt, kann es trotzdem vergütungspflichtige Arbeitszeit sein.

Und die Grundsätze zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit wurden in den letzten Jahren erheblich vom Bundesarbeitsgericht (BAG) ausgeweitet.
Vergütungspflichtig sind nach geltender Rechtsprechung des BAG alle Tätigkeiten, die den Interessen des Arbeitgebers dienen.

Aus diesem Grund wird oft und gerade auch mit Betriebsräten darüber diskutiert, ob Zeiten, die Beschäftigte innerhalb des Betriebsgeländes aufbringen müssen, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen, vergütungspflichtige Arbeitszeit sind.

In seinem gerade veröffentlichten Urteil vom 31.01.2025 (Az.: 19 SLa 564/24) hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen entschieden:
Die vergütungspflichtige Arbeitszeit beginnt – wenn nichts anderes geregelt ist – grundsätzlich erst, wenn die Beschäftigten ihren konkreten Arbeitsplatz erreicht haben.

Wörtlich heißt es in dem Urteil:

17. April 2025

Die Konzernleihe - Neues vom BAG

Die Konzernleihe - Neues vom BAG

Viele Konzernunternehmen nutzen sie, die Konzernleihe.
Das ist so, weil das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – mit Ausnahme einiger weniger Bestimmungen – nicht für die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen im Sinne von § 18 des Aktiengesetzes gilt.

Dieses sogenannte Konzernprivileg ist allerdings nur anwendbar,

wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird.

Die seit einiger Zeit diskutierte Preisfrage ist die, was das und in dem gerade zitierten Gesetzestext bedeutet.
Bedeutet es ein und oder ist das und nur eine Aufzählung und damit ein oder?

Die Frage ist sehr praxisrelevant. Denn viele Beschäftigte werden erst im Laufe ihres Arbeitsverhältnisses an andere Konzernunternehmen verliehen. Sie werden also nicht zum Zwecke der Überlassung an ein anderes Unternehmen eingestellt.

Wenn das und ein echtes und wäre, weil sowohl die Einstellung als auch die Beschäftigung zum Zwecke der Überlassung erfolgen müssten, wären diese Fälle vom Konzernprivileg erfasst.

In seinem vor wenigen Tagen im Volltext veröffentlichten Urteil vom 12.11.2024 (Az.: 9 AZR 13/24) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun aber entschieden, dass das und ein oder ist.

Das heißt, dass Konzernunternehmen sich nicht auf das Konzernprivileg berufen können, wenn Beschäftigte zwar nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt, aber zum Zwecke der Überlassung beschäftigt werden.

Aber was heißt das konkret?

Hierzu hat das BAG folgende Leitplanken aufgestellt:

14. April 2025

Aktuelles zum Thema Schriftform, Textform, Freistellung und Dienstwagen

Aktuelles zum Thema Schriftform, Textform, Freistellung und Dienstwagen

Heute geht es um ein Thema, das alle betrifft:

Aktuelle Entwicklungen in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung und deren Auswirkungen auf die Gestaltung von Arbeitsverträgen.

1. Textform oder Schriftformklauseln?
Viele Arbeitsvertragsmuster sehen für Änderungen und Ergänzungen „echte“ Schriftform („wet-ink“) vor.

Da nach dem am 01.01. dieses Jahres in Kraft getretenen Bürokratieentlastungsgesetz die Nachweise über die Arbeitsbedingungen auch in Textform erbracht werden können, stellt sich die Frage, ob die klassischen Schriftformklauseln noch sinnvoll sind, oder ob man für Änderungen/Ergänzungen des Arbeitsvertrags auf die Textform wechseln sollte.

Die Änderung von der Schrift- in die Textform hat Vorteile:

✅ Keine Zweifel an der Zulässigkeit:
Tatsächlich gibt es mittlerweile Stimmen in der Literatur, die Zweifel an der Wirksamkeit von Schriftformklauseln haben. Im schlimmsten Fall würde das bedeuten, dass keine Formvorgaben gelten; damit wäre auch ungewollten, stillschweigenden Vertragsänderungen Tür und Tor geöffnet. Textformklauseln sind in jedem Fall zulässig.
✅ Einfachere Kommunikation:
Textform erlaubt E-Mails, SMS usw. – keine Unterschrift oder Papier nötig.
✅ Schnelligkeit und Effizienz:
Entscheidungen oder Vertragsänderungen können sofort und ortsunabhängig getroffen werden.
✅ Kosteneinsparung:
Kein Drucken, Versenden oder Einscannen von Dokumenten nötig.
✅ Rechtssicherheit bleibt bestehen:
Textform ist rechtlich bindend, solange gesetzlich keine Schriftform vorgeschrieben ist.

Die Änderung von der Schrift- in die Textform hat aber auch Nachteile:

10. April 2025

Der Koalitionsvertrag und die Arbeitswelt

Der Koalitionsvertrag und die Arbeitswelt

Der gestern verkündete Koalitionsvertrag hat ja schon die Runde gemacht.
Für diejenigen, die noch keine Zeit hatten, die 146 Seiten zu lesen, haben wir uns die Mühe gemacht, nur die für die Arbeitswelt relevanten Aussagen zu zitieren und den jeweiligen Aussagen eigene Überschriften / Kommentare voranzustellen.
Wie Sie sehen werden, steckt „viel SPD“ in den beabsichtigten Regelungen; Vieles ist auch noch ziemlich wolkig.

Das Arbeitsrecht ist freilich nur ein Teilbereich und zudem einer, der bei den Wählern nicht ganz oben auf der „Hitliste“ stand.
Deswegen haben wir den gesamten Koalitionsvertrag hier für Sie verlinkt.

Los geht’s:

Weiterer Abbau der Schriftform
Den Abbau von Schriftformerfordernissen, insbesondere im Arbeitsrecht (zum Beispiel bei Befristungen), werden wir umsetzen.

Mehr Rechtssicherheit für Selbständige
Wir werden durch eine wirksame Reform des Statusfeststellungsverfahrens die Rechtssicherheit für Selbstständige und ihre Auftraggeber schaffen.

Maßnahmen, um mehr Frauen in den Job zu bekommen
Die Sicherung der Fachkräftebasis ist ein entscheidender Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes. Deshalb ziehen wir alle Register, damit Fachkräftesicherung in den nächsten Jahren gelingt. In Zusammenarbeit mit den Ländern wollen wir die Fachkräftestrategie des Bundes weiterentwickeln. Die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen ist ein entscheidender Faktor zur Fachkräftesicherung. Wir wollen Familien helfen, den alltäglichen Spagat zwischen Kindererziehung, Arbeit, Haushalt, Pflege und auch Erholung besser bewältigen zu können. Deshalb prüfen wir ein jährliches Familienbudget für Alltagshelfer für Familien mit kleinen Kindern und/oder pflegebedürftigen Angehörigen mit kleinen und mittleren Einkommen, das wir digital zugänglich machen. Damit wollen wir sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei haushaltsnahen Dienstleistungen fördern. Das hilft auch im Kampf gegen Schwarzarbeit. Zur Attraktivitätssteigerung der Berufsbilder in diesem Bereich wollen wir eine Anerkennungsoffensive starten und Quereinstiege ermöglichen.

Maßnahmen zur Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland
Ergänzend braucht Deutschland qualifizierte Einwanderung. Die Demografie, gerade in den neuen Bundesländern, stellt den Arbeitsmarkt vor besonders große Herausforderungen. Gemeinsam mit den Ländern, Kommunen und den Sozialpartnern werden wir sachgerechte Instrumente zur Unterstützung schaffen. Es gilt, bürokratische Hürden einzureißen, etwa durch eine konsequente Digitalisierung sowie die Zentralisierung der Prozesse und eine beschleunigte Anerkennung der Berufsqualifikationen. Dafür schaffen wir, unter Mitwirkung der Bundesagentur für Arbeit, eine digitale Agentur für Fachkräfteeinwanderung – „Work-and-stay-Agentur“ – mit einer zentralen IT-Plattform als einheitliche Ansprechpartnerin für ausländische Fachkräfte. Die Agentur bündelt und beschleunigt unter anderem alle Prozesse der Erwerbsmigration und der Anerkennung von Berufs- und Studienabschlüssen und verzahnt diese mit den Strukturen in den Ländern. Wir erleichtern die Prozesse durch eine bessere Arbeitgeberbeteiligung. Wir setzen uns für einheitliche Anerkennungsverfahren innerhalb von acht Wochen ein. Eine ad-hoc-Arbeitsgruppe von Bund und Ländern wird zeitnah Maßnahmen zur Beschleunigung der Anerkennungsverfahren und Prozesse entwickeln und vorschlagen, wie die Zentralstelle für Ausländisches Bildungswesen (ZAB) in Struktur und Organisation angepasst und gegebenenfalls unterstützt wird. Wir werden die Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung für Personen mit ausländischen Berufsqualifikationen bei der Bundesagentur für Arbeit verstetigen. Wir wollen, dass Absolventinnen und Absolventen aus Drittstaaten, die in Deutschland eine Ausbildung oder ein Studium abgeschlossen haben, bei uns bleiben und hier arbeiten.

Erleichterung von Entsendungen durch Digitalisierung des A1-Verfahrens / elektronischer Europäischer Sozialversicherungsausweis
Das Beratungsangebot „Faire Mobilität“ wird gestärkt und finanziell angemessen ausgestattet. Auch auf EU-Ebene unterstützen wir den Aufbau eines EU-weiten Beratungsnetzwerks. Wir unterstützen einen elektronischen Europäischen Sozialversicherungsausweis mit digitaler EU-Identität (EUDI-Wallet). Die Entsendemeldung in der EU wollen wir durch die Reform der eDeclaration technisch erleichtern und streben eine Bündelung mit dem sogenannten A1-Verfahren an. Künftig sollen alle den Schwerbehinderten- und Rentenausweis sowie die A1-Bescheinigung digital und sicher mit sich führen können. Eine europäische Arbeitslosenversicherung lehnen wir ab.