Freizeitausgleich sticht Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall!
Freizeitausgleich sticht Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall!
Ausgangspunkt für unseren heutigen Beitrag ist eine Situation, die in vielen Unternehmen vorkommt:
Das Unternehmen ordnet Freizeitausgleich für Überstunden an. Und nach der Anordnung wird die/der Beschäftigte arbeitsunfähig.
Die Preisfrage lautet: Schuldet der Arbeitgeber Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall (mit der Folge, dass es bei der Anzahl von Überstunden bleibt, die zum Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit bestanden) oder werden die Arbeitszeitguthaben trotz der Erkrankung weiter verbraucht?
Die richtige Antwort ist: Der Arbeitgeber schuldet keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Vielmehr werden Arbeitszeitguthaben trotz der Arbeitsunfähigkeit weiter verbraucht.
Aber Achtung: Das gilt nur, wenn der Freizeitausgleich angeordnet wurde, bevor die Arbeitsunfähigkeit eintrat.
Diese, nicht neue Erkenntnis hat das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern in seinem erst kürzlich im Volltext veröffentlichten Urteil vom 20.02.2024 (Az.: 2 Sa 92/23) noch einmal festgestellt.
Wörtlich heißt es in dem Urteil:
„[…] Ein Überstundenausgleich durch bezahlte Arbeitsbefreiung ist grundsätzlich auch während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit möglich. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer – wie vorliegend – die Zeiten der Arbeitsbefreiung schon vor dessen Erkrankung bekannt gegeben hat.
[…]
Diesem Ergebnis stehen auch die Bestimmungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (Entgeltfortzahlungsgesetz) nicht entgegen. Die gesetzlichen Regelungen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sichern nur den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers vor einem ansonsten eintretenden Anspruchsverlust nach § 326 Abs. 1 BGB infolge seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, nicht jedoch die Nutzung seiner Freizeit. […]“
Oder um es allgemein zu sagen: Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall schulden Arbeitgeber nur, wenn die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung ist. Für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gilt also der Grundsatz der sogenannten Monokausalität.
Das Gleiche gilt auch in Fällen, in denen der Abbau von Arbeitszeitguthaben im Zusammenhang mit Freistellungen anlässlich von Kündigungen erfolgt. So war es im Übrigen auch in dem vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern entschiedenen Fall.
Anders ist es beim Urlaub. Denn hier gibt es die Sonderregelung des § 9 Bundesurlaubsgesetz. Die besagt bekanntlich, dass der krankheitsbedingt ausgefallene Urlaub nachzugewähren ist.
Deshalb sind Arbeitgeber gut beraten, wenn Sie im Falle einer Freistellung zunächst den Abbau von Arbeitszeitguthaben und erst danach den Abbau von Urlaub anordnen.
Welche Überstunden ausgleichspflichtig sind, steht freilich auf einem anderen Blatt. Hierzu verweisen wir gerne auf unsere beiden letzten Berichte vom 07.02.2025 und vom 06.02.2025.
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