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08. April 2024

Die neuen Waffen der Arbeitgeber gegen zweifelhafte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen

Die neuen Waffen der Arbeitgeber gegen zweifelhafte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen

Zweifelhafte Arbeitsunfähigkeiten kosten Geld und belasten das Miteinander.
Arbeitgebern ist es daher schon sehr lange ein Dorn im Auge, dass die Rechtsprechung der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit einen hohen Beweiswert zuspricht; denn an der ein oder anderen AU gab es schon seit jeher Zweifel.

Herzlichen Dank daher an Claudia Tödtmann, mit der ich über dieses wichtige Thema sprechen durfte und die das Thema in ihrem Artikel für die WIWO vom 05.04.2024 aufgegriffen hat.

Gerne möchten wir das Thema noch einmal rein rechtlich beleuchten, und zwar in verschiedenen Facetten.

Bisher waren Arbeitgeber, die an der ein oder anderen AU zweifelten, ziemlich machtlos.

Dies hat sich in letzter Zeit geändert. Die Rechtsprechung und allen voran das BAG, unser höchstes deutsches Arbeitsgericht, haben den Arbeitgebern in verschiedenen Fallkonstellationen Möglichkeiten eröffnet, die Beschäftigten in die (Auskunfts-)Pflicht zu nehmen.

Den gleich dargestellten Fallkonstellationen ist eines gemein: Beschäftigte mit einer ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit sind in diesen Fällen verpflichtet, konkret Angaben zu ihren Erkrankungen zu machen.

Soweit Beschäftigte sich hierbei auf das Zeugnis der behandelnden Ärzte berufen, genügt das laut Bundesarbeitsgericht nur, wenn sie die Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbinden.

1. Die Erschütterung des Beweiswerts der AU

Wie schon gesagt: Ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeiten haben einen hohen Beweiswert, deshalb ist es Sache der Arbeitgeber, diesen Beweiswert zu erschüttern.
Subjektive Einschätzungen reichen hierfür nicht. Vielmehr bedarf es objektiver Umstände, die an dem Beweiswert der AU zweifeln lassen.
Die Darlegung solcher Umstände ist Arbeitgebern in der Vergangenheit sehr schwer gefallen.

Das hat sich seit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 08.09.2021 (Az.: 5 AZR 149/21) geändert:

Im konkreten Fall hatte eine Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber eine ärztliche AU vorgelegt, die vom Tag ihrer Eigenkündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist dauerte.

Durch diese zeitliche Koinzidenz war der Beweiswert laut Bundesarbeitsgericht erschüttert.

Die in diesem Zusammenhang vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätze für inländische AU lauten:

04. April 2024

Neu und wichtig: Keine Stichtagsregelung bei Sonderzahlungen mit Leistungsbezug, auch nicht per Betriebsvereinbarung

Neu und wichtig: Keine Stichtagsregelung bei Sonderzahlungen mit Leistungsbezug, auch nicht per Betriebsvereinbarung

Sonderzahlungen haben in wirtschaftlich unsicheren Zeiten für viele Unternehmen eine große Bedeutung. Deshalb haben wir immer wieder über die aktuelle Rechtsprechung berichtet; unsere bisherigen Beiträge zu dem Thema haben wir am Ende noch einmal für Sie verlinkt.
 
In seinem gerade veröffentlichten Urteil vom 15.11.2023 (Az.: 10 AZR 288/22) hat das Bundesarbeitsgericht nun eine weitere wichtige Entscheidung zu dem Thema gefällt.
 
Im Kern geht es in dem Urteil um folgende Fragen:

  • Können Sonderzahlungen, die auch einen Leistungsbezug haben, per Betriebsvereinbarung mit einer Stichtagsklausel belegt werden?
  • Wann haben Sonderzahlungen einen Leistungsbezug?

Bevor wir Ihnen sagen, wie das Bundesarbeitsgericht diese Fragen beantwortet hat, möchten wir zunächst noch einmal das Mantra aus unseren letzten Berichterstattungen wiederholen:

Stichtagsklauseln (also Klauseln, die besagen, dass die Sonderzahlung nur geleistet wird, wenn das Arbeitsverhältnis am Stichtag xy noch besteht) sind nur zulässig, wenn die Sonderzahlung (gar) keinen Leistungsbezug hat.
Hat die Sonderzahlung hingegen zumindest auch einen Leistungsbezug (sogenannte Sonderzahlungen mit Mischcharakter) ist eine Stichtagsregelung unzulässig.
 
Wichtig ist auch: Auch Sonderzahlungen, die eigentlich keinen Leistungsbezug haben, können durch die vom Arbeitgeber formulierten Auszahlungsbedingungen zu Sonderzahlungen mit Leistungsbezug werden; davon geht die Rechtsprechung insbesondere dann aus, wenn es Auszahlungsbedingungen gibt, die da u. a. lauten, dass die Sonderzahlung für Zeiträume gekürzt wird, in denen Beschäftigte ohne Anspruch auf Vergütung keine Arbeitsleistung erbringen.

27. März 2024

Gleichbehandlung bei verhaltensbedingter Kündigung? Kannst Du mir kündigen, wenn Du anderen nicht kündigst?

Gleichbehandlung bei verhaltensbedingter Kündigung? Kannst Du mir kündigen, wenn Du anderen nicht kündigst?

Arbeitgeber werden nach Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung häufig mit dem Vorwurf konfrontiert:

„Wenn Sie mir kündigen, müssen Sie auch anderen kündigen.“

Oder noch schlimmer:

„Da Sie anderen nicht gekündigt haben, ist meine Kündigung allein deshalb unwirksam!“
 
Beschäftigte, die so auf die Kündigung reagieren, werfen dem Arbeitgeber die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes wegen der unterschiedlichen Behandlung von Fehlverhalten vor.

Aber wie tragfähig ist das Argument wirklich?

Als Faustformel kann man sich merken: Eine Gleichbehandlung im Unrecht gibt es grundsätzlich nicht.
Ausnahmen sind aber wie bei jedem Grundsatz möglich.

Und wann eine solche Ausnahme im Bereich von verhaltensbedingten Kündigungen in Betracht kommt, hat das Arbeitsgericht Köln in seinem gerade veröffentlichten Urteil vom 11.10.2023 (Az.: 9 Ca 5402/22) unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgendermaßen definiert:

Ein eigener Unwirksamkeitsgrund ist die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Bereich von verhaltensbedingten Kündigungen nicht (Grundsatz). Die Gleichbehandlung kann aber im Rahmen der bei Kündigungen durchzuführenden Interessenabwägung eine Rolle spielen.

25. März 2024

Nächstes Update zum Nachweisgesetz – was heißt Textform?

Nächstes Update zum Nachweisgesetz – was heißt Textform?

Ende der letzten Woche ging es „viral“ – die Ampel-Koalition hat sich im Rahmen des Bürokratieentlastungsgesetzes nicht nur von der klassischen Schriftform, sondern nun auch von der elektronischen Form (= qualifizierte elektronischen Signatur) verabschiedet.
 
Lediglich bei Beschäftigten, die in einem Wirtschaftsbereich oder Wirtschaftszweig nach § 2a Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes tätig sind, soll es weiterhin bei der klassischen Schriftform bleiben.
 
Wenn daraufhin getitelt wurde, dass fortan in den meisten Branchen die bloße Textform genüge, ist das allerdings nur halbrichtig.
Die Aussage suggeriert nämlich, dass es genüge, die Voraussetzung der bisherigen Textform des § 126b BGB (= Bürgerliches Gesetzbuch) zu erfüllen.
In § 126b BGB heißt es:
 
„Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das
 
1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und
 
2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.“

 
§ 126b BGB setzt also eine Erklärung voraus, die drei Voraussetzungen erfüllt:

  • sie muss lesbar sein,
  • sie muss die Person, die die Erklärung abgibt, nennen und
  • auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. 

Was ein dauerhafter Datenträger ist, ergibt sich aus Satz 2 der gerade zitierten Vorschrift.

Dauerhafte Datenträger im Sinne von § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuches sind E-Mails, SMS und Messenger-Nachrichten (allerdings nur, wenn diese sich nicht automatisch selbst löschen und nach der Übermittlung auch nicht vom Erklärenden gelöscht werden können – wie es neuerdings bei WhatsApp-Nachrichten der Fall ist; denn dann liegt kein dauerhafter Datenträger vor.)

21. März 2024

Neu und wichtig: Wie lang darf eine Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen sein?

Neu und wichtig: Wie lang darf eine Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen sein?

Zusammen mit den viel besprochenen Änderungen im Nachweisgesetz trat am 01.08.2022 auch eine weniger beachtete Änderung im Teilzeit- und Befristungsgesetz in Kraft.

Es geht um den neuen § 15 Absatz 3 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, wo es heißt:

„Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.“

Aber was heißt das konkret?

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat in seinem gerade veröffentlichten Urteil vom 18.10.2023 (Az.: 3 Sa 81/23) hierauf folgende Antworten gegeben:

Maßgeblich ist in erster Linie die zeitliche Relation, also die Länge der Befristung im Verhältnis zur Länge der Probezeit.
Und weiter:
Es ist davon auszugehen, dass eine Probezeit, die die Hälfte der Befristungsdauer umfasst, angemessen ist.

Das heißt konkret: