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13. Januar 2025

BAG urteilt zu den Folgen schlechter Verträge für Geschäftsgeheimnisse

BAG urteilt zu den Folgen schlechter Verträge für Geschäftsgeheimnisse

Heute geht es um die wichtige Frage: Welchen Einfluss haben Arbeitsverträge auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen?
 
Unsere Leitlinien (schon) vor 4 Jahren:
Im Dezember 2020, also vor rund vier Jahren, haben wir von der Entscheidung des Landesarbeitsgericht (LAG) Köln 02.12.2019 (Az.: 2 SaGa 20/19) berichtet, in der es um die Unzulässigkeit sogenannter „Catch-all-Verschwiegenheitsklauseln“ ging.

Als Catch-all-Klausel bezeichnet man die – noch immer weit verbreiteten – Klauseln, in denen Beschäftigte verpflichtet werden, über alle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie alle sonstigen im Rahmen der Tätigkeit zur Kenntnis gelangenden Angelegenheiten und Vorgänge Stillschweigen bewahren.
 
Das LAG Köln hatte in seiner damaligen Entscheidung zwar verkündet, dass eine solch pauschale Regelung unwirksam ist; es hat aber leider nicht erklärt, wie man (nachvertragliche) Verschwiegenheitsregelungen denn wirksam vereinbaren kann.
 
Wir hatten seinerzeit die folgenden Leitlinien aufgestellt (die wir jetzt nur anders sortiert haben):

  • § 2 des Geschäftsgeheimnisgesetzes (GeschGehG) setzt voraus, dass Arbeitgeber ihre Geschäftsgeheimnisse besonders schützen, sei es durch mechanische Vorrichtungen oder vertragliche Vereinbarungen.
  • Wenn Sie Geheimnisse per Arbeitsvertrag zum Geschäftsgeheimnis erheben möchten, sollten Sie die Informationen etc., deren Verschwiegenheit Ihnen wichtig ist, deshalb als Geschäftsgeheimnis vereinbaren und möglichst präzise im Arbeitsvertrag beschreiben.
  • Auch nachvertragliche Verschwiegenheitsregelungen dürfen sich auf Geschäftsgeheimnisse im Sinne des GeschGehG beziehen.
  • Wichtig ist außerdem, dass Sie die Informationen etc. pp., die der Arbeitnehmer auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht für sich oder andere nutzen können soll, immer daraufhin kontrollieren, ob und inwieweit Sie den Arbeitnehmer in seinem weiteren beruflichen Fortkommen beeinträchtigen:
    Kommt die Beeinträchtigung einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot gleich, wird Ihre Klausel scheitern, wenn Sie mit dem Arbeitnehmer kein kostenpflichtiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren.
    Ist die Berufsausübungsfreiheit des Arbeitnehmers zwar eingeschränkt, aber nicht so, dass Sie ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot brauchen, sollten Sie die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht zeitlich begrenzen. Das gilt zumindest in den Fällen, in denen Sie als Arbeitgeber kein überwiegendes Interesse an einem zeitlich unbegrenzten Geheimnisschutz haben.

Und jetzt das Bundesarbeitsgericht:
Vier Jahre sind seitdem vergangen.
Mit seiner am 08.01.2025 im Volltext veröffentlichen Entscheidung (Az.: 8 AZR 172/23) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) unsere Leitlinien nun bestätigt.

08. Januar 2025

Das kleine Einmaleins der einvernehmlichen Trennung von Beschäftigten

Das kleine Einmaleins der einvernehmlichen Trennung von Beschäftigten

Bei der Trennung von Beschäftigten gibt es „hüben wie drüben“ immer noch Irrtümer, mit denen wir gleich zu Beginn des neuen Jahres aufräumen möchten.

1. Irrtum Nummer 1: Sind Abfindungen ein Muss?
 
Nein, Abfindungen sind kein Muss.
Unser Kündigungsschutzrecht ist auf Weiterbeschäftigung, nicht aber auf Zahlung einer Abfindung angelegt.
Oder anders gesagt:

  • Verstößt eine Kündigung gegen das Kündigungsschutzgesetz oder ist sie aus anderen Gründen unwirksam, bleibt die/der Beschäftigte in Ihrem Betrieb!
  • Haben Sie mit der Kündigung dagegen alles richtig gemacht, endet das Arbeitsverhältnis zum Kündigungstermin, und zwar ohne Abfindungszahlung!

    Die Ausnahmen von diesem Grundsatz sind rar gesät:
    Das Gesetz und die hierzu ergangene Rechtsprechung sieht nur ganz ausnahmsweise vor, dass Arbeitgeber, die eine unwirksame Kündigung ausgesprochen haben, beantragen können, das Arbeitsverhältnis gerichtlich gegen Zahlung einer Abfindung auflösen zu lassen.
    Bestes Beispiel für diese Ausnahme ist die Kündigung von leitenden Angestellten im Sinne von § 14 Absatz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.
    Das allerdings hört sich besser an als es ist. Zwar gibt es im innerbetrieblichen Sprachgebrauch viele „leitende Angestellte“.
    Die Wenigsten davon sind aber auch leitende Angestellte im Sinne von § 14 Absatz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.
    Leitende/r Angestellte/r nach § 14 Absatz 2 des Kündigungsschutzgesetzes ist nämlich nur die-/derjenige, der Arbeitnehmer:innen selbständig einstellen oder entlassen darf. Und das ist bei vielen Führungskräften nicht der Fall.

    Trennungen gegen Zahlung von Abfindungen sind also grundsätzlich Verhandlungssache.

2. Warum gibt es trotzdem so viele Abfindungsvergleiche?
 
Arbeitgeber schließen Abfindungsvergleiche, wenn sie

  • keinen oder nur einen wackeligen Kündigungsgrund haben oder
  • schnell Rechtssicherheit haben möchten und die voraussichtliche Abfindung in keinem gesunden Verhältnis zu den zu erwartenden Prozesskosten steht.

Beschäftigte stehen Abfindungsvergleichen vor allem dann positiv gegenüber, wenn sie

  • nicht für einen Arbeitgeber arbeiten möchten, der sie nicht möchte oder
  • sich ohnehin mit Wechselgedanken tragen.

3. Höhe der Abfindung?

Wenn Abfindungsvergleiche grundsätzlich Verhandlungssache sind, gilt das natürlich auch für die Höhe der Abfindung.

20. Dezember 2024

Macht hoch die Tür, die Tor macht weit – Neues zu Equal Pay zur Weihnachtszeit – der Deutsche Bank-Fall

Macht hoch die Tür, die Tor macht weit – Neues zu Equal Pay zur Weihnachtszeit – der Deutsche Bank-Fall

Viel wurde (auch von uns) über Equal Pay, geschlechterbezogene Entgeltdiskriminierung, Auskunfts- und Zahlungsansprüche berichtet.

Dabei entstand bei vielen der Eindruck, dass Arbeitgeber Gehälter künftig nicht mehr frei verhandeln können, weil das Verhandlungsgeschick der Bewerber laut Bundesarbeitsgericht kein zulässiges Differenzierungskriterium sein soll. Wir sehen das nicht so schwarz – zumal die Aussage so apodiktisch auch nicht richtig ist.

So erklärt das LAG Hessen Arbeitgebern in seiner gerade veröffentlichten Entscheidung vom 30.04.2024 (Az.: 4 Sa 1424/21), welche Türen für individuelle Gehaltsunterschiede Arbeitgebern aktuell und auch weiterhin offenstehen.

Beklagte in dem Verfahren war die Deutsche Bank, Klägerin eine Führungskraft mit einem jährlichen Einkommen von insgesamt etwa EUR 220.000,00. Sie verlangte Auskunft und Zahlung von Entgelt, weil sie sich gegenüber männlichen Kollegen schlechter behandelt fühlte. Nach Daimler nun also ein weiterer Großkonzern, der sich Diskriminierungsvorwürfen ausgesetzt sah.

Die Klägerin bekam allerdings weder das Eine (Auskunft), noch das Andere (Zahlung). Das Gericht begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Tätigkeit der Klägerin und die ihrer Kollegen nicht gleich und auch nicht gleichwertig sind. Und genau an dieser Stelle spielt die Musik – und es zeigt sich, dass es Arbeitgebern weiterhin möglich sein wird (natürlich unabhängig vom Geschlecht) im Rahmen der Vergütung zu differenzieren.

Die Klägerin in dem Deutsche Bank-Fall stütze sich mit ihrer Forderung vor allem auf ihre Position/Verantwortungsstufe und die damit einhergehende Funktionsbezeichnung. Das liegt auf der Hand – in Unternehmen jeder Größenordnung werden Beschäftigte sich mit denjenigen vergleichen (wollen), die auf der gleichen Hierarchiestufe angesiedelt sind wie sie selbst und/oder den gleichen Titel tragen.

Allerdings hat das LAG Hessen nun sehr klar gesagt: Allein damit ist wenig darüber gesagt, ob Tätigkeiten tatsächlich gleich oder gleichwertig sind und deshalb gleich vergütet werden müssen.

19. Dezember 2024

NEU in 2025: Kurzarbeitergeld / Beitragsbemessungsgrenzen / Mindestlohn / eAU

NEU in 2025: Kurzarbeitergeld / Beitragsbemessungsgrenzen / Mindestlohn / eAU

Wie immer zum Jahreswechsel möchten wir Sie über wichtige Neuerungen informieren. Neben den neuen – ACHTUNG: erstmals bundesweit einheitlichen! – Beitragsbemessungs- und Pflichtversicherungsgrenzen und dem neuen Mindestlohn gibt es eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes und Erweiterungen bei der eAU.
 
KUG: Bezugsdauer verlängert

Gestern hat das noch bestehende Bundeskabinett per Rechtsverordnung beschlossen, die Bezugsdauer für Kurzarbeitergeld auf bis zu 24 Monate (statt bislang 12 Monate) zu verlängern und damit zu verdoppeln. Diese Maßnahme ist bis zum 31.12.2025 befristet (Verlängerungen nicht ausgeschlossen). Von dieser Regelung profitieren (aufgrund der Befristung) zunächst die Arbeitgeber, die bereits in 2024 in die Kurzarbeit gehen mussten. Passend zu dieser Nachricht hatten wir gestern zu unserem Online-Workshop „Kurzarbeit oder betriebsbedingte Kündigung – was geht wann?“ am 21.01.2025 eingeladen.
 
Rentenversicherung
 
Beitragsbemessungsgrenze (allgemeine Rentenversicherung)
EUR 8.050,00 monatlich bzw. EUR 96.600,00 jährlich
 
Beitragsbemessungsgrenze (knappschaftliche Rentenversicherung)
EUR 9.900,00 monatlich bzw. EUR 118.800,00 jährlich
 
Arbeitslosenversicherung
 
Beitragsbemessungsgrenze (allgemeine Rentenversicherung)
EUR 8.050,00 monatlich bzw. EUR 96.600,00 jährlich
 
Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung
 
Versicherungspflichtgrenze
EUR 6.150,00 monatlich bzw. EUR 73.800,00 jährlich
 
Beitragsbemessungsgrenze
EUR 5.512,50 monatlich bzw. EUR 66.150,00 jährlich
 
Mindestlohn/Minijobs
 
Der Mindestlohn wird ab dem 01.01.2025 auf EUR 12,82 brutto/Zeitstunde angehoben.
Wie Sie bereits aus unserem Beitrag vom 29.10.2024 wissen, können Arbeitgeber den höheren Mindestlohn aber nicht dadurch bezahlen, dass sie ohne Zustimmung der Beschäftigten jährliche Sonderzahlungen von nun an einfach monatlich zahlen.
 
Die Verdienstgrenze für Minijobber steigt dementsprechend auf EUR 556,00 im Monat.
 
Neues zur eAU
 
Das Verfahren zum Abruf der eAU wird ab 2025 erweitert. Für die betriebliche Praxis sind insbesondere die weiteren „Rückmeldegründe“ interessant. So wird u.a. über Aufenthalte in stationären Rehabilitations- und Vorsorgemaßnahmen, teilstationäre Krankenhausaufenthalte und – wenn der Krankenkasse ein entsprechender Nachweis vorliegt – privatärztliche oder ausländischen AU-Zeiten informiert. Außerdem wird bei stationären Krankenhausaufenthalten das Enddatum proaktiv und nicht mehr nur auf erneuten Abruf von der Krankenkasse übermittelt.

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13. Dezember 2024

BAG stärkt die Rechte von Teilzeitbeschäftigten und erklärt weitverbreitete Regelungen in Tarifverträgen für unwirksam!

BAG stärkt die Rechte von Teilzeitbeschäftigten und erklärt weitverbreitete Regelungen in Tarifverträgen für unwirksam!

Viele von Ihnen werden es schon vernommen haben:
Das Bundesarbeitsgericht hat die Rechte von Teilzeitbeschäftigten gestärkt und weitverbreitete Regelungen zu Überstundenzuschlägen (Urteile vom 05.12.2024, Az.: 8 AZR 370/20 und 8 AZR 372/20) sowie zu Altersfreizeiten (Urteil vom 09.07.2024, Az.: 9 AZR 296/20) für unwirksam erklärt.

Die Urteile kamen allerdings aufgrund der vorangegangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs mit Ansage. In dem Fall, in dem es um Überstundenzuschläge ging, hatte das Bundesarbeitsgericht den Europäischen Gerichtshof (EuGH) sogar vorher um seine Meinung gebeten. Und die Entscheidungen des EuGH vom 29.07.2024 (Az.: C-184/22 sowie C-185/22) fielen so aus, dass das BAG gar nicht anders entscheiden konnte, als es das jetzt getan hat.

Bevor wir die Urteile für Sie einordnen, möchten wir kurz zusammenfassen, um welche Fragen es in den Urteilen des BAG ging:

Der Fall mit den Überstundenzuschlägen:
Hier ging es um Pflegekräfte und einen Tarifvertrag, der Überstundenzuschläge nur für Arbeitsstunden vorsieht, die über die Arbeitszeit einer Vollzeitkraft hinaus geleistet werden.
Während eine Vollzeitkraft ab der ersten Überstunde einen Überstundenzuschlag bekam, gingen Teilzeitkräfte, die mit ihren Überstunden nicht mal die Arbeitszeit einer Vollzeitkraft erreichten, bis zum BAG-Urteil ohne Überstundenzuschläge nach Hause.

Fall der Altersfreizeit:
Dieser Fall handelte von einer tarifvertraglichen Regelung, wonach (nur) Vollzeitbeschäftigte ab dem 58. Lebensjahr eine Altersfreizeit von 2 Stunden pro Woche bekamen.

In beiden Fällen entschied das Bundesarbeitsgericht, dass die tarifvertraglichen Regelungen unwirksam sind!

Da solche Regelungen, zumindest was Überstundenzuschläge anbelangt, nicht selten vorkommen, ist die Rechtsprechung sehr praxisrelevant.

Deshalb möchten wir gerne für alle – und nicht nur die tarifgebundenen Arbeitgeber – erläutern, was die Urteile bedeuten.