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02. Juni 2025

Seit 01.06.2025: Mutterschutz nach Fehlgeburt

Seit 01.06.2025: Mutterschutz nach Fehlgeburt

Bereits im März haben wir ausführlich über die wichtigen Neuerungen im Mutterschutz berichtet, die Sie hier noch einmal nachlesen können. Mittlerweile ist die mediale Berichterstattung wieder abgeklungen; Grund für uns, einen kleinen Reminder zu senden.
 
Seit gestern sind die Neuerungen nämlich nun (endlich) in Kraft, und wir möchten besonders auf den neu eingeführten Mutterschutz nach einer Fehlgeburt noch einmal aufmerksam machen:
 
Bei einer Fehlgeburt darf der Arbeitgeber eine Frau für folgende Zeiträume nicht beschäftigen:

  • Bei einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche 2 Wochen,
  • bei einer Fehlgeburt ab der 17. Schwangerschaftswoche 6 Wochen,
  • bei einer Fehlgeburt ab der 20. Schwangerschaftswoche 8 Wochen.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Frau sich ausdrücklich zur Arbeitsleistung bereit erklärt – wobei sie diese Erklärung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann. Diese Form des „freiwilligen Mutterschutzes auf Widerruf“ ist bereits aus dem vorgeburtlichen Mutterschutz bekannt. 
 
Für die Dauer des Beschäftigungsverbot hat die (gesetzlich krankenversicherte) Frau Anspruch auf Mutterschaftsgeld und Zuschuss zum Mutterschaftsgeld  – wie beim bislang bekannten vor- und nachgeburtlichen Beschäftigungsverbot. Damit entstehen für sie keine finanziellen Nachteile. Auch der Arbeitgeber hat keinen Nachteil, denn er bekommt die von ihm abzurechnenden Zahlungen über das U2-Umlageverfahren erstattet.

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30. Mai 2025

BAG zur Betriebsrats-Briefwahl – Briefwahl für alle durch die Hintertür?

BAG zur Betriebsrats-Briefwahl – Briefwahl für alle durch die Hintertür?

Sie erinnern sich bestimmt an die Diskussionen um die Betriebsratswahl per Briefwahl im Jahr 2022: 
Viele Wahlvorstände wollten während der Corona-Pandemie „flächendeckend“ Briefwahlen durchführen und haben deshalb auch ohne konkrete Anforderung durch die Beschäftigten Briefwahlunterlagen versendet.
 
Das Betriebsverfassungsgesetz bzw. die zugehörige Wahlordnung sehen die Briefwahl aber ausdrücklich nur in Ausnahmefällen vor:
 
So ist die „Briefwahl für alle“ nur in Betriebsteilen und Kleinstbetrieben, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, möglich (§ 24 Abs. 3 der Wahlordnung). 
 
Im Übrigen ist die schriftliche Stimmabgabe nur zulässig, wenn (einzelne) Beschäftigte zur Zeit der Wahl voraussichtlich nicht im Betrieb sein werden und deshalb an der persönlichen Stimmabgabe verhindert sind (§ 24 Abs. 1 und 2 der Wahlordnung). 

Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen zwei Anwendungsfällen:

  • Wenn sich die Abwesenheit bereits aus der „Eigenart des Beschäftigungsverhältnisses“ ergibt (so z.B. bei Beschäftigten im Außendienst), hat der Wahlvorstand die Briefwahlunterlagen von Amts wegen zu übergeben oder zu übersenden (§ 24 Abs. 2 der Wahlordnung). 
  • Bei Beschäftigten, bei denen sich die voraussichtliche Abwesenheit nicht bereits aus der Eigenart des Beschäftigungsverhältnisses ergibt, ist ein konkretes Verlangen des Wahlberechtigten erforderlich (§ 24 Abs. 1 der Wahlordnung).

Mit dem letzten Fall hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinemam Dienstag (27.05.2025) im Volltext veröffentlichen Beschluss vom 22. Januar 2025 (Az.: 7 ABR 1/24) befasst.
Konkret ging es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen Wahlberechtigte einen Anspruch auf Aushändigung oder Übersendung der Briefwahlunterlagen haben oder – anders gesagt – ob und wie weitgehend der Wahlvorstand die Verhinderung des Wahlberechtigten prüfen kann, darf oder sogar muss.
 
Das BAG entschied, dass der Wahlvorstand verpflichtet ist, einem Wahlberechtigten auf dessen Verlangen Briefwahlunterlagen auszuhändigen oder zu übersenden, wenn dieser zum Zeitpunkt der Wahl voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein wird. 
 
Wichtig ist: Ein solches Verlangen muss nicht begründet werden. 
 
Erst wenn konkrete Zweifel an der Verhinderung bestehen, darf der Wahlvorstand das Anliegen hinterfragen.
 
Der Wahlvorstand ist aber weder berechtigt, ein solches Verlangen inhaltlich zu prüfen, noch verpflichtet, einen Beschluss über die Aushändigung oder Übersendung zu fassen.
 
Wörtlich sagt das BAG:
 
„Der Wahlvorstand kann bei einem von dem Wahlberechtigten geäußerten Verlangen nach der Aushändigung oder Übersendung von Briefwahlunterlagen iSv. § 24 Abs. 1 Satz 1 WO grundsätzlich davon ausgehen, dass der Wahlberechtigte im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert ist. Das keinen besonderen Formanforderungen unterliegende Verlangen bedarf prinzipiell weder einer näheren Begründung noch einer – und sei es kursorischen – Plausibilitäts-Überprüfung durch den Wahlvorstand. Dieses Verständnis von § 24 Abs. 1 Satz 1 WO folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift sowie aus verordnungssystematischen Erwägungen. Teleologische Gesichtspunkte stehen ihm nicht entgegen; allerdings gebieten sie eine Prüfpflicht des Wahlvorstands, wenn sich anhand objektiver Anhaltspunkte Zweifel daran aufdrängen, dass der die Briefwahlunterlagen verlangende Wahlberechtigte die Voraussetzung des § 24 Abs. 1 Satz 1 WO erfüllt.“
 
Mit dieser Entscheidung stärkt das BAG einerseits die Rechte der Beschäftigten und schafft mehr Rechtssicherheit für Wahlvorstände. 
Gleichzeitig wird die Schwelle für die Briefwahlteilnahme bewusst niedrig gehalten. 
Ein einfaches, formfreies Verlangen der Beschäftigten ohne konkrete Begründung oder nähere Informationen zur Abwesenheit reicht grundsätzlich aus. 
 
Wir sind sehr gespannt, welche Auswirkungen diese Entscheidung auf die Anzahl der Briefwähler im Jahr 2026 haben wird…

23. Mai 2025

BAG neu: Matrix-Führungskräfte wählen den Betriebsrat in allen Betrieben, denen sie angehören!

BAG neu: Matrix-Führungskräfte wählen den Betriebsrat in allen Betrieben, denen sie angehören!

Matrix-Strukturen sind in Unternehmen en vogue. Dementsprechend gibt es auch immer mehr Matrix-Führungskräfte.
 
Was sind Matrix-Führungskräfte?
Das sind Führungskräfte, die innerhalb eines Unternehmens für mehrere Betriebe oder innerhalb eines Konzerns für mehrere Unternehmen zuständig sind.
 
Was ist das Ziel von Matrix-Strukturen?
Matrix-Strukturen sollen die Arbeitsorganisation effizienter und flexibler machen.
 
Was viele Unternehmen nicht bedenken:
Matrix-Strukturen werfen zahlreiche arbeits- und betriebsverfassungsrechtliche Fragen auf, von denen längst noch nicht alle geklärt sind.
 
Eine davon hat gestern das Bundesarbeitsgericht (BAG vom 22.05.2025, Az: 7 ABR 28/24) entschieden. 
 
In dem Fall ging es – vereinfacht gesprochen – um ein Unternehmen mit mehreren Betrieben und Betriebsräten. In dem Unternehmen gibt es Matrix-Führungskräfte, die für mehrere Betriebe zuständig sind.
 
Das BAG musste nun im Rahmen einer von dem Unternehmen angefochtenen Betriebsratswahl entscheiden, ob die Matrix-Führungskräfte, die keine leitenden Angestellten sind, den Betriebsrat auch in dem Betrieb mitwählen durften, dem sie nicht zugeordnet sind.
 
Im Ergebnis ging es beim BAG also um die Frage, ob Matrix-Führungskräfte die Betriebsräte in allen Betrieben mitwählen dürfen, für die sie zuständig sind.
 
Bis dato war die Frage umstritten.
 
Die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, hatte das aktive Wahlrecht der Matrix-Führungskräfte für den Betrieb, dem sie nicht zugeordnet waren, verneint (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.05.2024, Az: 3 TaBV 1/24).
 
Demgegenüber wurde die gleiche Frage vom Landesarbeitsgericht Hessen bejaht (LAG Hessen, Beschluss vom 22.01.2024, Az: 1 TaBV 98/23).
 
Das BAG hat den Streit nun zugunsten der Wahlberechtigung in mehreren Betrieben entschieden. 
 
Da die Vorinstanz den Matrix-Führungskräften schon per se die Wahlberechtigung für mehrere Betriebe abgesprochen hatte, war sie nicht der Frage nachgegangen, ob sie auch in dem anderen Betrieb eingegliedert waren, wie es das aktive Wahlrecht erfordert.
 
U.a. deshalb hat das BAG die Sache an das LAG Baden-Württemberg zurückverwiesen.
 
Auch wenn die Entscheidung des BAG noch nicht im Volltext, sondern bislang nur als Pressemitteilung vorliegt: Es ist davon auszugehen, dass das BAG beim aktiven Wahlrecht die gleichen abgeschwächten Maßstäbe für eine Eingliederung in einen Betrieb anlegt, wie es das BAG schon bei § 99 des Betriebsverfassungsgesetzes bezogen auf die Frage getan hat, wann mehrere Betriebsräte im Zuge der Einstellung von Matrix-Führungskräften zu beteiligen sind.
 
Nicht erforderlich ist nach der Rechtsprechung des BAG zu § 99 des Betriebsverfassungsgesetzes nämlich u.a., dass der Matrix-Manager seine Tätigkeit im fremden Betrieb vor Ort erbringt. Nicht erforderlich ist außerdem, dass er Beschäftigte im fremden Betrieb abmahnen oder kündigen kann.
 
Noch nicht geklärt sind folgende Fragen:

  • Können Matrix-Führungskräfte auch ein passives Wahlrecht haben, also gewählt werden?
    Viele halten dies für zulässig.

  • Was gilt für konzernweite Matrix-Strukturen, also Führungskräfte, die für mehrere Konzernunternehmen zuständig sind?

  • Und was ist mit internationalen Matrix-Konzern-Strukturen?

 Auch in Bezug auf das Kündigungsschutzrecht werfen Matrix-Strukturen Fragen auf.
 
Matrix-Strukturen haben es in arbeitsrechtlicher Hinsicht also in sich. 
Grund genug für die Unternehmen, sich auch über die arbeitsrechtlichen Konsequenzen Gedanken zu machen, bevor Matrix-Strukturen implementiert werden. 

 

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22. Mai 2025

Hinweisgeberschutz und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats – ein erstes Urteil

Hinweisgeberschutz und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats  – ein erstes Urteil

Beim noch jungen Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) sind noch einige (Rechts-)Fragen ungeklärt.
Das betrifft u. a. die Frage nach den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats.
 
Nun gibt es hierzu eine erste Entscheidung des Arbeitsgerichts Zwickau vom 19.03.2025 (Az.: 9 BV 12/24), die gerade veröffentlicht worden ist.
 
Das Arbeitsgericht Zwickau setzt sich mit den unterschiedlichen Auffassungen auseinander und kommt zu folgenden Ergebnissen:

  • Bei der Ausgestaltung, also der Besetzung der Meldestelle, hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht.
    Die Organisationsfreiheit des Arbeitgebers umfasst laut Gericht auch dessen Entscheidung, die interne Meldestelle an Externe outzusourcen.

    Wörtlich heißt es in dem Urteil:

    „Die Entscheidung des Beteiligten zu 2 über das „Outsourcing“ der internen Meldestelle nach § 14 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 HinSchG unterliegt daher nicht der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (vgl. Bruns, NZA 2024, 805 [805]). Auch die Entscheidung des Beteiligten zu 2 über die konkrete Stelle, die als Dritter im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 HinSchG als interne Meldestelle agieren soll, unterliegt nicht der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.“
  • Demgegenüber hat der Betriebsrat bei den Verfahrensanweisungen zur Nutzung der Meldestelle ein Mitbestimmungsrecht. Die anderslautende Auffassung, die ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats erst dann sieht, wenn es eine Pflicht der Beschäftigten zur Meldung gibt, lehnt das Arbeitsgericht Zwickau ab.

    Wörtlich sagen die Zwickauer Arbeitsrichter:

    „Hierbei kommt es nach Auffassung der Kammer nicht darauf an, ob eine Pflicht der Arbeitnehmer zur Meldung besteht. Maßgeblich ist allein, dass das Verhalten der Arbeitnehmer gesteuert werden soll. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG setzt nicht voraus, dass es sich um verbindliche, verhaltensbegründende Regeln handelt (BAG Beschluss vom 21.7.2009 – 1 ABR 42/08, BeckRS 2009, 69481; Bruns, NZA 2024, 805 (806); Bayreuther, NZA 2023, 666 (667)). Eine Steuerung wird nicht nur durch obligatorische Vorgaben erreicht (vgl. hierzu auch Sagan/Schmidt, NZA-RR 2022, 281 (289) zur Mitbestimmung bei der Verfahrensordnung zum Lieferkettengesetz, wonach eine tatsächliche Regelungswirkung genügen kann).“

  • Die letzte wichtige Aussage des Urteils betrifft die Frage, welcher Betriebsrat zuständig ist: Bei einer konzernübergreifenden Meldestelle ist das laut Arbeitsgericht Zwickau der Konzernbetriebsrat. 

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19. Mai 2025

Urlaub bei Trennung: Die wichtigsten Don‘ts

Urlaub bei Trennung: Die wichtigsten Don‘ts

Im Zuge der Trennung von Beschäftigten werden in Bezug auf noch bestehende Urlaubsansprüche immer wieder Fehler gemacht.
Hier unsere wichtigsten Don’ts:

1. Eine bloß widerrufliche Freistellung unter Verrechnung von Urlaub geht nicht

Während einer bloß widerruflichen Freistellung kann kein Urlaub erteilt werden, zumal Beschäftigte ja jederzeit mit der Arbeitsaufnahme rechnen müssen.
Wenn Urlaubsansprüche während einer Freistellung verbraucht werden sollen, ist das Mittel der Wahl also die unwiderrufliche Freistellung.

Und was ist, wenn die Adjektive „widerruflich“ / „unwiderruflich“ fehlen und nur unter Anrechnung noch bestehender Urlaubsansprüche freigestellt wird?
Nach dem kürzlich veröffentlichten Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz vom 21.08.2024 (Az.: 7 Sa 193/23) ginge auch das, weil aus der Erteilung von Urlaub die Unwiderruflichkeit folge.

Trotzdem: Gehen Sie auf Nummer sicher und stellen Sie unwiderruflich frei, wenn die Freistellung (auch) dem Verbrauch restlicher Urlaubsansprüche dienen soll.

Der Abbau von Freizeitguthaben aufgrund von Überstunden, Plusstunden u. ä. kann dagegen auch mit einer nur widerruflichen Freistellung erklärt werden.

2. Überlassen Sie es nicht den Beschäftigten, wann sie den Urlaub während der unwiderruflichen Freistellung nehmen

Vielfach heißt es in Kündigungen, Aufhebungsverträge oder Abwicklungsvereinbarungen,

dass die/der Beschäftigte unter Anrechnung der bis zur Beendigung noch bestehenden Urlaubsansprüche unwiderruflich freigestellt wird.

Das Problem ist: Mit einer solchen Formulierung wird es den Beschäftigten überlassen, wann sie den Urlaub in der Freistellungsphase in Anspruch nehmen. Und dann kann es passieren, dass Beschäftigte sich zum Ende des Arbeitsverhältnisses krankmelden und eine Urlaubsabgeltung mit der Begründung verlangen, dass sie den Urlaub ausgerechnet in dem Krankheitszeitraum nehmen wollten.

Damit Ihnen das nicht passiert, hier unser Tipp: