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30. Juni 2025

Mindestlohnerhöhung: Minijob bleibt Minijob

Mindestlohnerhöhung: Minijob bleibt Minijob

Während über den Beschluss der Mindestlohnkommission zur schrittweisen Erhöhung des Mindestlohns diskutiert wird, möchten wir in aller Kürze auf einen wichtigen Punkt aufmerksam machen:
 
Wie auch bei vergangenen Erhöhungen gibt es Stimmen, die vor einer „Überschreitung der Minijob-Grenze“ und „Anpassungsbedarf bei Minijobs“ warnen. Das ist in vielen Fällen Humbug. Arbeitsverhältnisse, die bislang auf Mindestlohnbasis als Minijobs eingestuft waren, bleiben es auch nach der Erhöhung des Mindestlohns. Denn die sogenannte Geringfügigkeitsgrenze ist gesetzlich geregelt und an den gesetzlichen Mindestlohn gekoppelt. Das steht in § 8 Abs. 1(a) SGB IV, und dort heißt es:
 
„Die Geringfügigkeitsgrenze im Sinne des Sozialgesetzbuchs bezeichnet das monatliche Arbeitsentgelt, das bei einer Arbeitszeit von zehn Wochenstunden zum Mindestlohn nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung erzielt wird. Sie wird berechnet, indem der Mindestlohn mit 130 vervielfacht, durch drei geteilt und auf volle Euro aufgerundet wird. Die Geringfügigkeitsgrenze wird jeweils vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Bundesanzeiger bekannt gegeben.“
 
Also kein Grund zur Sorge, wenn Sie Ihren Minijobbern bislang Mindestlohn (und nicht mehr) gezahlt haben: Sie müssen nichts weiter unternehmen. Sie müssen nur zu den Stichtagen das Gehalt erhöhen. Das müssen Sie natürlich auch, wenn Sie Minijobber beschäftigen, die aktuell zwar oberhalb des Mindestlohns von EUR 12,82 verdienen, aber weniger als EUR 13,90 (Stichtag: 01.01.2026) bzw. EUR 14,60 (Stichtag: 01.01.2027).
 
Und wenn Ihre Minijobber schon jetzt oberhalb des Mindestlohns verdienen, können Sie mit Inkrafttreten der Mindestlohnerhöhungen und damit auch der Geringfügigkeitsgrenze über eine (einvernehmliche) Erhöhung der Arbeitszeit – oder eine Gehaltserhöhung nachdenken. Wenn Sie beispielsweise Minijobber mit einem Stundenlohn von EUR 15,00 beschäftigen, dürfen sie bei der aktuellen Geringfügigkeitsgrenze von EUR 556 regelmäßig (556:15=) 37 Stunden im Monat arbeiten. Steigt die Geringfügigkeitsgrenze zum 01.01.2027 auf EUR 633, wären es (633:15=) 42,2 Stunden im Monat …

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26. Juni 2025

Hände weg vom automatischen Pausenabzug

Hände weg vom automatischen Pausenabzug

Am 13.09.2022 (Az.: 1 ABR 22/21) entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass Arbeitgeber gemäß § 3 Absatz 2 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (!) verpflichtet sind, die von ihren Beschäftigten täglich geleistete Arbeitszeit aufzuzeichnen (siehe auch unseren Beitrag vom 05.12.2022).
Seither haben viele Unternehmen ein elektronisches Zeiterfassungssystem eingeführt.
Bei einigen dieser Systeme werden die gesetzlichen Pausenzeiten automatisch abgezogen („automatischer Pausenabzug“).

Allerdings schadet der automatische Pausenabzug mehr als er nutzt.
Das hat nun auch das BAG in seinem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 12.02.2025 (Az.: 5 AZR 51/24) bestätigt.

In dem Fall ging es um eine Ärztin, die von ihrem Arbeitgeber (einem Klinikum) die Bezahlung von Überstunden verlangte, weil sie viele Pausen durchgearbeitet hatte.

In der elektronischen Zeiterfassung konnte man das nicht erkennen. Das elektronische Zeiterfassungssystem des Klinikums sah – gestützt durch eine Betriebsvereinbarung – nämlich (alternativ zur gestempelten Pause) einen automatischen Pausenabzug vor.

Aufgrund des automatischen Pausenabzugs wusste das beklagte Klinikum nicht, wann tatsächlich Pausen in Anspruch genommen wurden und wann nicht.

Und genau das ist ein Problem für Arbeitgeber, die einen automatischen Pausenabzug praktizieren. Wir zitieren das BAG:

„Konkreten Vortrag zu den Arbeiten, die sie der Klägerin zugewiesen hat und an welchen Tagen, zu welchen Zeiten die Klägerin tatsächlich nicht gearbeitet haben soll, weil sie Pausen in Anspruch genommen habe, hat die Beklagte nicht gehalten. Ein Bestreiten mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) genügt nicht, denn hierbei handelt es sich um Tatsachen, die Gegenstand der eigenen Wahrnehmung der Beklagten waren. Sie weiß als Arbeitgeberin, welche Aufgaben sie der Klägerin in Ausübung ihres Weisungsrechts (§ 106 GewO) zu welchen Zeiten innerhalb ihres Aufgabenbereichs zugewiesen hat. Der automatische Abzug von Pausenzeiten ersetzt nicht den Tatsachenvortrag zur Gewährung und Inanspruchnahme der Pausen. Damit gilt der Sachvortrag der Klägerin, sie habe auch während der Festpausenzeit gearbeitet, nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.

Die Ärztin ging sogar noch einen Schritt weiter und argumentierte, dass das Klinikum ihre Überstunden durch den automatischen Pausenabzug gebilligt habe. Dem hat das BAG allerdings widersprochen.
Wieder möchten wir das BAG wörtlich zitieren:

23. Juni 2025

Probezeitkündigung – vorschnelle Zusage einer Weiterbeschäftigung rächt sich

Probezeitkündigung – vorschnelle Zusage einer Weiterbeschäftigung rächt sich

Die Probezeit hat nichts mit dem Kündigungsschutzgesetz zu tun – hierüber haben wir oft und zuletzt in unserem Beitrag vom 18.02.2025 anlässlich eines unserer aktuellen Fälle berichtet.

Gerne fassen wir das, was sich hinter diesem „Mantra“ verbirgt, noch einmal kurz für Sie zusammen:

Die Vereinbarung einer Probezeit führt nur zu den sich aus § 622 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ergebenden kürzeren Kündigungsfristen.
Die Vereinbarung oder Nicht-Vereinbarung einer Probezeit hat dagegen nichts mit der kündigungsschutzrechtlichen Wartezeit nach § 1 Absatz 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) zu tun.

Wenn also in einem Arbeitsvertrag keine Probezeit vereinbart wird, gibt es trotzdem erst nach 6 Monaten (und nicht ab dem 1. Tag) Kündigungsschutz.
Wenn Arbeitgeber nur eine Probezeit von 3 Monaten vereinbaren (das Maximum für die Probezeit sind 6 Monate) gibt es Kündigungsschutz ebenfalls erst nach 6 Monaten und nicht schon ab dem 4. Monat.

Und wenn gefuchste Beschäftigte darum bitten, im Arbeitsvertrag ausdrücklich aufzunehmen, dass auf eine Probezeit verzichtet wird, hilft ihnen das beim Kündigungsschutz grundsätzlich genauso wenig weiter; den gibt es trotzdem erst, wenn das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden hat (es sei denn, aus den Vorgesprächen ergibt sich, dass mit Probezeit die kündigungsschutzrechtliche Wartezeit gemeint war).

Allerdings sollten Personalverantwortliche sich davor hüten, Beschäftigten kurz vor Ablauf einer 6-monatigen Probezeit vorschnell zuzusagen, dass sie über die Probezeit hinaus weiter beschäftigt werden.

Wenn dann kurz vor Ablauf der 6 Monate nämlich doch noch gekündigt wird, verstößt die Kündigung gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).
So hat es das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf in seinem gerade veröffentlichten Urteil vom 14.01.2025 (Az.: 3 SLa 317/24) entschieden.

Was war passiert?

18. Juni 2025

Schwerbehinderte Menschen im Bewerbungsprozess (Teil 4): Unwissenheit schützt vor Strafe nicht – wir bessern Ihr Wissen auf

Schwerbehinderte Menschen im Bewerbungsprozess (Teil 4):
Unwissenheit schützt vor Strafe nicht – wir bessern Ihr Wissen auf

In unserem Beitrag vom 13.06.2025 ging es um das gerade veröffentlichte Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG), das entschieden hatte:

Arbeitgeber sind verpflichtet, die Agentur für Arbeit aktiv damit zu beauftragen, ihnen schwerbehinderte oder gleichgestellte Bewerber:innen zu vermitteln. Die bloße Veröffentlichung einer Stellenanzeige in z. B. der Jobbörse der Arbeitsagentur genügt nicht. Tun Arbeitgeber das nicht, haben sie ein Indiz für eine unzulässige Diskriminierung gesetzt (BAG, Az.: 8 AZR 123/24).

Zwar ist es dem Arbeitgeber im entschiedenen Fall gelungen, das Indiz zu entkräften, weil das Bewerbungsverfahren zum Zeitpunkt der Bewerbung nachweislich abgeschlossen war.
Das zu erreichen, war für den Arbeitgeber aber ein sehr mühsamer Prozess und das hätte auch leicht ins Auge gehen können.

Deshalb hatten wir uns in unserem Bericht auf die wesentliche Botschaft beschränkt und raten HR:

Lassen Sie es besser gar nicht dazu kommen, dass eine unzulässige Diskriminierung von schwerbehinderten / gleichgestellten Beschäftigen vermutet wird. Denn haben Sie erstmal ein Indiz für eine solche Diskriminierung gesetzt, ist es verdammt schwer (und gelingt sehr oft nicht), die Vermutung zur Überzeugung der Gerichte zu widerlegen. Außerdem ist der prozessuale „Widerlegungs-Aufwand“ erheblich.

Bitte bedenken Sie dabei auch, dass das oft gebrauchte Argument, dass der Bewerber schon die formalen Qualifikationskriterien nicht erfüllt, häufig nicht zieht. Nach der BAG-Rechtsprechung greift das Argument nämlich nur dann, wenn formale Qualifikationen und Anforderungen unverzichtbare Voraussetzungen für die Ausübung der Tätigkeit sind. Die Hürden sind also hoch.

Durch die Kommentare, die uns nach unserem Beitrag vom 13.06.2025 erreicht haben, haben wir gesehen, dass es noch viel Unwissenheit und Unsicherheit im Zusammenhang mit den besonderen Verfahrensvorschriften für Schwerbehinderte/Gleichgestellte gibt.

Diese Unwissenheit schützt vor Strafe jedoch nicht.
Denn das BAG sagt:

13. Juni 2025

Schwerbehinderte Menschen im Bewerbungsprozess (Teil 3):  BAG bestätigt – Die bloße Veröffentlichung einer Stellenanzeige reicht nicht aus

Schwerbehinderte Menschen im Bewerbungsprozess (Teil 3): 
BAG bestätigt – Die bloße Veröffentlichung einer Stellenanzeige reicht nicht aus

in unserem Newsletter vom 29.08.2024 ging es um eine Entscheidung des LAG Düsseldorf. Das LAG Düsseldorf hatte entschieden, dass Arbeitgeber nach § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX verpflichtet sind, die Agentur für Arbeit frühzeitig über zu besetzende Arbeitsplätze zu informieren und mit der Vermittlung schwerbehinderter oder gleichgestellter Beschäftigter zu beauftragen. Die bloße Veröffentlichung einer Stellenanzeige – etwa in der Jobbörse der Arbeitsagentur – genügt dafür nicht
 
Diese Rechtsauffassung hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Mitte der Woche im Volltext veröffentlichten Entscheidung (Az.: 8 AZR 123/24) nun bestätigt.
 
Was war passiert?
Der schwerbehinderte Kläger hatte sich im Sommer 2021 auf eine bei der Bundesagentur für Arbeit veröffentlichte Stelle beworben. Seine Bewerbung enthielt bereits einen Hinweis auf die Schwerbehinderung. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit seiner Bewerbung fand aber nicht statt: Die Beklagte hatte bereits vor Eingang seiner Bewerbung eine Auswahlentscheidung getroffen. Zwar war die Stelle noch online, die Entscheidung war jedoch intern längst gefallen. Ein Vermittlungsauftrag an die Agentur für Arbeit war nicht erteilt worden.
 
Die Entscheidung des BAG
Das BAG folgte der Argumentation des Klägers: Wer lediglich eine Stellenanzeige online stellt, erfüllt nicht die gesetzliche Pflicht zur frühzeitigen Unterrichtung (§ 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Vielmehr muss aktiv ein Vermittlungsauftrag an die Agentur für Arbeit erteilt werden. Fehlt dieser, liegt ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vor.
Die Folge: Nach § 22 AGG wird die Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung vermutet. Der Arbeitgeber hätte nun beweisen müssen, dass allein objektive, leistungsbezogene Kriterien zur Ablehnung geführt haben – was ihm nicht gelang.
 
Warum ist das wichtig?
Das Urteil bestätigt: Arbeitgeber können ihre Pflichten im Bewerbungsverfahren schwerbehinderter/gleichgestellter Menschen nicht bloß „technisch“ durch eine Veröffentlichung in der Jobbörse erfüllen. Entscheidend ist eine aktive Einbindung der Agentur für Arbeit. Fehlt diese, drohen Entschädigungsansprüche nach dem AGG – unabhängig davon, ob der Bewerber fachlich überhaupt geeignet war.
 
Unsere Empfehlung:

➡️ Überprüfen Sie Ihre Stellenbesetzungsverfahren: Wird die Agentur für Arbeit tatsächlich aktiv eingeschaltet oder nur „passiv“ informiert?

➡️ Erteilen Sie einen echten Vermittlungsauftrag – idealerweise dokumentiert.

➡️ Berücksichtigen Sie schwerbehinderte Bewerber sorgfältig – insbesondere vor einer endgültigen Auswahlentscheidung.